Begünstigungstransfer bei der Erbschaftsteuer

Der Transfer der Steuerbegünstigung für Betriebsvermögen, für vermieteten Wohnraum und für das selbstgenutzte Familienheim unter Miterben setzt voraus, dass die Übertragung der Vermögenswerte im Rahmen der Teilung des Nachlasses erfolgt. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn die Teilung des Nachlasses mehr als sechs Monate nach dem Erbfall erfolgt (entgegen H E 13a.11 der Hinweise zu den Erbschaftsteuer-Richtlinien 2019). Beruht der Entschluss, den Nachlass zu teilen und dabei begünstigtes (Betriebs-)Vermögen gegen nicht begünstigtes Vermögen zu übertragen, auf einer neuen Willensbildung der Erbengemeinschaft, die den Nachlass zunächst willentlich ungeteilt belassen hat, ist die Übertragung nicht begünstigt. Dies hat der BFH in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Der Kläger und sein Bruder sind zu je 1/2 Erben ihrer im Jahr 2015 verstorbenen Eltern. Zum Nachlass gehörten u.a. eine Kommanditbeteiligung des Vaters und mehrere Grundstücke. Das beklagte Finanzamt setzte gegenüber dem Kläger die Erbschaftsteuer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Dabei wurden ihm für den Erwerb des Betriebsvermögens und für einzelne Grundstücke Vergünstigungen gemäß §§ 13a-13c ErbStG gewährt. Weiterhin kam für eine nach dem Erbfall vom Kläger bewohnte Wohnung die Steuerbefreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG zur Anwendung. 

Zum Zwecke der Erbauseinandersetzung trafen die Brüder im Jahr 2018 eine Vereinbarung. Der Bruder übertrug dem Kläger den hälftigen Eigentumsanteil an der vom Kläger bewohnten Wohnung sowie den anteiligen Kommanditanteil. Die Grundstücke wurden zwischen den Brüdern aufgeteilt. Anschließend beantragte der Kläger beim Finanzamt eine Änderung seiner Erbschaftsteuerfestsetzung. Nach der Vermögensaufteilung seien ihm die erbschaftsteuerlichen Begünstigungen für das Betriebsvermögen und das Familienheim statt bisher zu 50 % in vollem Umfang zu gewähren. 

Das Finanzamt lehnte eine Bescheidänderung ab. Eine Erbauseinandersetzung könne steuerlich nur berücksichtigt werden, wenn sie zeitnah - also innerhalb von sechs Monaten - nach dem Erbfall erfolge. Im Streitfall seien zwischen dem Erbfall und der Erbauseinandersetzung jedoch drei Jahre vergangen. 

Die Klage vor dem Finanzgericht Düsseldorf hatte Erfolg.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat sich der Entscheidung der Vorinstanz angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Das Finanzgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass dem Kläger die Steuerbegünstigung für das Betriebsvermögen (§§ 13a, 13b ErbStG a.F.), für Wohnraum (§ 13c ErbStG a.F.) und für das eigengenutzte Familienheim (§ 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG) aufgrund des sogenannten Begünstigungstransfers in dem beantragten Umfang zu gewähren ist.

Die Voraussetzungen für die Übertragung der Steuerbegünstigung des Betriebsvermögens im Wege der Erbauseinandersetzung (§ 13a Abs. 1 und 2 ErbStG a.F.) sind erfüllt.

Der sogenannte Begünstigungstransfer setzt nach § 13b Abs. 3 ErbStG a.F. voraus, dass die Übertragung des Betriebsvermögens auf den Miterben "im Rahmen der Teilung des Nachlasses" erfolgt. Die Begünstigung wirkt nur insoweit, als im Gegenzug nicht begünstigtes Vermögen hingegeben wird.

Eine Frist für die Teilung des Nachlasses oder weitere Voraussetzungen sieht die Vorschrift nicht vor. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung, nach der die Auseinandersetzungsvereinbarung innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall erfolgen muss (vgl. H E 13a.11 der Hinweise zu den Erbschaftsteuer-Richtlinien 2019 zur Nachfolgeregelung § 13a Abs. 5 Satz 3 ErbStG n.F. und BMF-Schreiben vom 14.03.2006, BStBl I 2006, 253, Rz 8), ist eine zeitliche Beschränkung für die Teilung des Nachlasses in § 13b Abs. 3 ErbStG a.F. nicht vorgesehen.

Ausreichend ist wie vom Finanzgericht zutreffend erkannt, dass ein innerer Zusammenhang zum Erbfall besteht. Beruht der Entschluss, den Nachlass zu teilen und dabei begünstigtes (Betriebs-)Vermögen gegen nicht begünstigtes Vermögen zu übertragen, auf einer neuen Willensbildung der Erbengemeinschaft, die den Nachlass zunächst willentlich ungeteilt belassen hat, erfolgt die Übertragung nicht im Rahmen der Teilung des Nachlasses und der Begünstigungstransfer ist ausgeschlossen.

Das Finanzgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise im vorliegenden Fall davon ausgegangen, dass die Übertragung des zunächst vom Bruder des Klägers im Wege der Erbfolge erlangten anteiligen KG-Anteils gemäß § 13b Abs. 3 ErbStG a.F. "im Rahmen der Teilung des Nachlasses" erfolgte und für den übernommenen Anteil die Begünstigung des Betriebsvermögens nach § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG a.F. zu gewähren ist.

Die Steuerbegünstigung für Wohnraum (§ 13c Abs. 1 ErbStG a.F.) ist ebenfalls im Wege der Erbauseinandersetzung übertragen worden. Das Finanzgericht ebenfalls in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass der Begünstigungstransfer nicht deshalb ausgeschlossen ist, weil die Erbauseinandersetzung hinsichtlich des Grundvermögens erst etwas mehr als zwei Jahre nach dem Tod des Erblassers erfolgte. Die Begünstigung des Klägers war daher auf die von ihm nach der Übertragung der Miteigentumsanteile im Alleineigentum stehenden Grundstücke zu beschränken und für diese Grundstücke in voller Höhe zu gewähren.

Schließlich ist auch die Steuerbegünstigung für das selbstgenutzte Familienheim (§ 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG) in dem beantragten Umfang zu gewähren.

Nutzt der erwerbende Dritte (Miterbe) die vormals vom Erblasser genutzte Wohnung innerhalb angemessener Zeit für eigene Wohnzwecke, ist der Begünstigungstransfer nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 4 ErbStG unabhängig davon zu gewähren, ob die Erbauseinandersetzung zeitnah zum Erbfall erfolgt. Eine zeitliche Nähe zum Erbfall ist für die Teilung des Nachlasses nicht vorgeschrieben.

Deshalb kann bei einer Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften eine Begünstigung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 4 ErbStG auch zu gewähren sein, wenn die Auseinandersetzungsvereinbarung nicht innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall geschlossen wird (BFH, Urteil vom 23.06.2015, II R 39/13, BStBl II 2016, 225, Rz 27). Ob die Übertragung im Rahmen der Teilung des Nachlasses erfolgt, ist auch im Rahmen dieser Vorschrift durch eine Gesamtwürdigung aller Tatsachen zu prüfen.

Das Finanzgericht hat einen Zusammenhang der Zuordnung mit der Teilung des Nachlasses damit begründet, dass der Kläger bereits vor der Auseinandersetzung das Familienheim selbst bewohnt hat und eine entsprechende Zuordnung unter den Erben von Anfang an beabsichtigt war. Diese Würdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Begünstigungstransfer ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Erbauseinandersetzung hinsichtlich des Familienheims erst etwas mehr als zwei Jahre nach dem Tod des Erblassers erfolgte.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 15. Mai 2024 (II R 12/21), veröffentlicht am 5. September 2024.

Eine englische Zusammenfassung dieses Urteils finden Sie hier.

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