Gehaltszahlungen während Freistellung bis zum Ende des Arbeitsvertrages nur im Ansässigkeitsstaat zu besteuern

Während des Zeitraums, in dem ein bis zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses sowohl im Ansässigkeitsstaat Bundesrepublik Deutschland als auch in der Schweizerischen Eidgenossenschaft tätiger Arbeitnehmer unwiderruflich von der Pflicht zur Arbeitsleistung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts freigestellt wird, steht das Besteuerungsrecht für die Einkünfte aus unselbständiger Arbeit nach Art. 15 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/2010 ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat zu.

Hintergrund

Der Kläger war bei einem Schweizer Arbeitgeber angestellt, der das Arbeitsverhältnis im Streitjahr unterjährig kündigte und den Kläger mit sofortiger Wirkung unwiderruflich von seiner Arbeitsverpflichtung freistellte. In der Folge kam es zwischen dem in Deutschland ansässigen Kläger und dem Finanzamt zum Streit über die Aufteilung der Besteuerungsrechte zwischen Deutschland und der Schweiz im Hinblick auf den im Streitjahr bezogenen Lohn. Vor allem war zwischen den Beteiligten streitig, welchem Staat das Besteuerungsrecht für den Lohn, der auf die Freistellungsphase entfiel, zustehen sollte. Das Finanzamt war der Auffassung, dass der während der Freistellungsphase zugeflossene Lohn nur dem deutschen Besteuerungsrecht unterliege. Das Finanzgericht hatte die Klage abgewiesen.

Entscheidung des BFH

Auch nach Auffassung des BFH steht während des Zeitraums, in dem ein bis zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses sowohl im Ansässigkeitsstaat Bundesrepublik Deutschland als auch in der Schweizerischen Eidgenossenschaft tätiger Arbeitnehmer unwiderruflich von der Pflicht zur Arbeitsleistung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts freigestellt wird, das Besteuerungsrecht für die Einkünfte aus unselbständiger Arbeit nach Art. 15 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/2010 ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat zu.

Während der Freistellungsphase hat der Kläger seine Arbeit nicht im Sinne des Art. 15 Abs. 1 DBA-Schweiz in der Schweiz ausgeübt. Die Freistellung beseitigt die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsvertrag und den Anspruch des Arbeitnehmers, Beschäftigung zu verlangen. Eine Vielzahl von Rechten und Pflichten bleibt jedoch bestehen, zum Beispiel das Recht des Arbeitnehmers auf Lohnfortzahlung und Sozialleistungen. Zahlungen, die bei Freistellung von der Arbeit geleistet werden, sind daher keine Abfindungen wegen der Auflösung eines Dienstverhältnisses, sondern Leistungen in Erfüllung eines modifizierten Dienstverhältnisses, so der BFH.

Eine Arbeitsausübung im Sinne des Art. 15 DBA-Schweiz liegt auch nicht aufgrund der Erfüllung einer anderen Verpflichtung gegenüber seinem Schweizer Arbeitgeber vor. Da der Kläger von der Arbeitspflicht unwiderruflich freigestellt war, musste er sich während der Freistellungsphase nicht in irgendeiner Weise für seinen Schweizer Arbeitgeber zur Verfügung halten.

Der Arbeitnehmer wird im Falle der Freistellung nicht für das "Nichtstun" an einem bestimmten Ort - dem Arbeitsplatz beziehungsweise dem Arbeitsort - bezahlt. Vielmehr kann der Arbeitnehmer seinen Pflichten aus dem in der Freistellungsphase noch bestehenden modifizierten Arbeitsverhältnis an jedem beliebigen Ort nachkommen. Insoweit besteht keine unmittelbare Beziehung zwischen der "Nichtbeschäftigung" des Klägers und der Schweiz als Arbeitsort.

Der Kläger kann sich zudem nicht mit Erfolg auf das BFH-Urteil vom 12.01.2011 - I R 49/10 berufen. Denn der Bezug der Vergütung während der Freistellungsphase der Altersteilzeit stellt sich als Entlohnung für die bereits geleistete Arbeit in der aktiven Phase dar. Die Vergütung ist damit bereits durch die vorangegangene aktive Tätigkeit verdient worden und kommt lediglich zeitversetzt zur Auszahlung. Im Streitfall hingegen erhielt der Kläger die laufenden Bezüge während der Freistellungsphase nicht, weil er sich diese Vergütungen bereits während der Phase der aktiven Tätigkeit verdient hatte. Vielmehr waren die Zahlungen Folge der verbliebenen Laufzeit des durch Kündigung und Freistellung modifizierten Dienstverhältnisses.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 1. August 2024, (VI R 23/22), veröffentlicht am 10. Oktober 2024.

Eine englische Zusammenfassung dieses Urteils finden Sie hier.

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