Rückwirkende Änderung des § 7 Satz 3 GewStG ab dem Erhebungszeitraum 2009 verfassungsgemäß

In einem aktuellen Urteil hat der Bundesfinanzhof u.a. entschieden, dass die in § 36 Abs. 3 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) i.d.F. des sogenannten Jahressteuergesetzes 2019 (Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 12.12.2019 - WElektroMobFördG) angeordnete rückwirkende Geltung des § 7 Satz 3 GewStG ab dem Erhebungszeitraum 2009 nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot verstößt (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz).

Hintergrund

Im Zuge der Gesetzesänderung wurde § 7 Satz 3 GewStG rückwirkend ab Erhebungszeiträume 2009 um Gewinne aus dem Unterschiedsbetrag gem. § 5a Abs. 4 und 4a EStG erweitert. Danach gelten der nach § 5a Einkommensteuergesetz (EstG) ermittelte Gewinn einschließlich der Hinzurechnungen nach § 5a Absatz 4 und 4a EStG und das nach § 8 Absatz 1 Satz 3 des Körperschaftsteuergesetzes ermittelte Einkommen als Gewerbeertrag.

Die damalige Änderung richtete sich gegen die Rechtsprechung des BFH v. 25.10.2018, IV R 35/16, mit der der BFH nach Ansicht des Bundesrates unter ausdrücklicher Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden hatte, dass der Gewinn aus der Hinzurechnung des Unterschiedsbetrags gem. § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 bis 3 EStG nicht nach § 7 Satz 3 GewStG, sondern nach § 7 Satz 1 GewStG der Gewerbesteuer unterliegt. Damit konnte ein solcher Gewinn insbondere nach § 9 Nr. 3 Satz 2 GewStG gekürzt werden (wonach „bei Unternehmen, die ausschließlich den Betrieb von eigenen oder gecharterten Handelsschiffen im internationalen Verkehr zum Gegenstand haben, 80 Prozent des Gewerbeertrags als auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfallend gelten “). Die erfolgte Änderung in § 7 Satz 3 GewStG hatte somit die bisherige Verwaltungsauffassung gesetzlich festgeschrieben.

Im Streitfall wurde das Handelsschiff in 2015 verkauft. Das Finanzamt rechnete daraufhin dem Gewinn den Unterschiedsbetrag nach § 5a Absatz 4 EstG hinzu, wobei es den Gewerbeertrag nicht nach § 9 Nr. 3 Satz 2 GewStG um 80 % des Unterschiedsbetrags kürzte. Das Finanzgericht hatte die Klage abgewiesen.

Entscheidung des BFH

Der BFH folgte der Vorinstanz und wies die Revision des Klägers als unbegründet zurück. Die im Rahmen der Messbetragsfestsetzung 2015 versagte Kürzung des Gewerbeertrags um 80 % des hinzugerechneten Unterschiedsbetrags verstößt weder gegen einfaches Gesetzesrecht noch gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot.

Die rückwirkende Anwendung des § 7 Satz 3 GewStG n.F. stelle zwar für das Streitjahr sowohl in formaler als auch in materiell-rechtlicher Hinsicht eine echte Rückwirkung bzw. Rückbewirkung von Rechtsfolgen dar (hierzu ausführlich ab Rz. 30 im Urteil). Diese sei aber verfassungsrechtlich ausnahmsweise gerechtfertigt (hierzu ab Rz. 37). Ein schutzwürdiges Vertrauen in eine bestimmte Rechtslage aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung könne allenfalls bei gefestigter, langjähriger Rechtsprechung entstehen. Insofern konnten der Kläger beziehungsweise die KG im Streitjahr nicht darauf vertrauen, dass der dem Gewinn nach § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG hinzuzurechnende Unterschiedsbetrag nach § 9 Nr. 3 Satz 2 GewStG zu kürzen ist. Denn der Gesetzgeber hat - wie schon im Gesetzgebungsverfahren ausgeführt - mit § 36 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 7 Satz 3 GewStG n.F. verfassungsrechtlich zulässig wieder eine belastende Rechtslage festgeschrieben, die vor den BFH-Urteilen vom 25.10.2018 - IV R 35/16, vom 25.10.2018 - IV R 40/16 und vom 25.10.2018 - IV R 41/16 und damit auch im Streitjahr der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der Meinung der Finanzverwaltung entsprochen hat.

Nach alledem, so der BFH abschließend, habe der Gesetzgeber durch die rückwirkende Änderung des § 7 Satz 3 GewStG verfassungsrechtlich zulässig nach einer höchstrichterlichen Rechtsprechungsänderung die alte, zuvor einheitlich beurteilte Rechtslage wieder hergestellt und nicht verfassungswidrig eine missliebige Rechtsprechung des BFH zu einer auslegungsbedürftigen Norm rückwirkend außer Kraft gesetzt.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 07. August 2024 (IV R 22/23) – veröffentlicht am 10. Oktober 2024.

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