Organschaft und Entnahmebesteuerung bei hoheitlicher Tätigkeit des Organträgers

Die sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ergebende Steuerschuldnerschaft des Organträgers ist unionsrechtskonform (Anschluss an BFH, Urteil vom 18.01.2023, XI R 29/22 (XI R 16/18)). Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine Stiftung öffentlichen Rechts und Trägerin einer Universität, die auch einen Bereich Universitätsmedizin unterhielt. Die Klägerin erbrachte im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit mit mehreren Betrieben gewerblicher Art Dienstleistungen gegen Entgelt. Soweit die entgeltlichen Dienstleistungen auf den Krankenhausbetrieb entfielen, waren sie steuerfrei. Zugleich nahm die Klägerin als juristische Person des öffentlichen Rechts hoheitliche Aufgaben wahr.

Die Klägerin ging davon aus, dass sie nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) Organträgerin der U-GmbH sei. Die U-GmbH erbrachte für die Klägerin im Jahr 2005 (Streitjahr) verschiedene Dienstleistungen, unter anderem Reinigungsleistungen in den Räumen der Klägerin gegen Entgelt, wobei ein Teil der zu reinigenden Fläche auf den hoheitlichen Bereich der Klägerin entfiel.

Im Anschluss an eine Außenprüfung nahm das Finanzamt in einem geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr an, dass es sich bei den Betrieben der Klägerin um ein einheitliches Unternehmen handele, für das nur eine Umsatzsteuererklärung abzugeben und dementsprechend nur ein Umsatzsteuerbescheid zu erteilen sei. Das Finanzamt sah dabei wie von der Klägerin zuvor auch erklärt sämtliche von der U-GmbH erbrachten Leistungen als Umsätze an, die innerhalb der zwischen der Klägerin und der U-GmbH bestehenden Organschaft erbracht worden und damit nichtsteuerbar gewesen seien.

Soweit allerdings die Reinigungsleistungen für den Hoheitsbereich der Klägerin erfolgt seien, hätten sie einer unternehmensfremden Tätigkeit gedient und lösten daher eine unentgeltliche Wertabgabe bei der Klägerin aus. Demgemäß erhöhte das Finanzamt die festgesetzte Umsatzsteuer.

Die Klage vor dem Niedersächsischen Finanzgericht hatte Erfolg. Es liege eine Organschaft vor, die zur Zusammenfassung der Klägerin als Organträgerin und der U-GmbH als Organgesellschaft zu einem Unternehmen führe. Die Organschaft erstrecke sich auch auf den Hoheitsbereich der Klägerin.

Der BFH hat im Revisionsverfahren das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat der Revision stattgegeben und die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben.

Die sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ergebende Steuerschuldnerschaft des Organträgers ist unionsrechtskonform (Anschluss an Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18.01.2023, XI R 29/22 (XI R 16/18), siehe unseren Blogbeitrag).

Ist eine Organschaft zu bejahen, sind entgeltliche Leistungen, die eine Organgesellschaft an den Organträger erbringt, entsprechend der ständigen BFH-Rechtsprechung (so etwa Beschluss vom 26.01.2023, V R 20/22 (V R 40/19), BStBl II 2023, 530, Rz 22; siehe unseren Blogbeitrag) nichtsteuerbar.

Wie sich aus dem EuGH-Urteil Finanzamt T vom 01.12.2022, C-269/20 (siehe unseren Blogbeitrag), weiter ergibt, hat das Finanzgericht die Entnahmebesteuerung im Hinblick auf die Entgeltlichkeit der von der U-GmbH erbrachten Leistungen zutreffend verneint. Erbringt eine Organgesellschaft Leistungen gegen Entgelt an den Organträger, lässt die Nichtsteuerbarkeit das Entgelt nicht entfallen, so dass es mangels Unentgeltlichkeit nicht zu einer Entnahmebesteuerung gemäß § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG beim Organträger kommt. (insoweit Aufgabe des BFH-Urteils vom 20.08.2009, V R 30/06, BStBl II 2010, 863).

Fundstelle

BFH, Urteil vom 29. August 2024 (V R 14/24 (V R 20/22; V R 40/19)), veröffentlicht am 5. Dezember 2024.

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