Kein Ausgleich von Gewinnen des Rückwirkungszeitraums mit Verlustrücktrag bei Verschmelzung mit steuerlicher Rückwirkung

Nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs steht § 2 Abs. 4 Satz 3 des Umwandlungssteuergesetzes auch dem Ausgleich von positiven Einkünften, die der übertragende Rechtsträger im Rückwirkungszeitraum erzielt hat, mit einem Verlustrücktrag des übernehmenden Rechtsträgers aus dem Folgejahr entgegen.

Hintergrund

Auf die klagende GmbH, die per 31. Dezember 2012 über einen Verlustvortrag von rd. 1,5 Mio. € verfügte, war mit Verschmelzungsvertrag vom 28. August 2013 rückwirkend auf den 1.1.2013 die O-GmbH verschmolzen worden. Per 31. Dezember 2013 hatte die Klägerin ein zu versteuerndes Einkommen von rd. 600.000 € erwirtschaftet und einen Verlustvortrag ebenfalls von rd. 600.000 €. Im Folgejahr 2014 ergab sich ein Verlust von knapp 3 Mio. €.

Den von der Klägerin beantragten Verlustrücktrag in Höhe von rd. 600.000 € auf 2013 lehnte das Finanzamt unter Hinweis auf § 2 Abs. 4 Satz 3 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) ab.

Das Finanzgericht hatte der Klage stattgegeben (hierzu: Blogbeitrag vom 15. Februar 2022).

Entscheidung des BFH

Die Revision des Finanzamts ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.

Nach der Rechtsauffassung des BFH erfasst § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 2006 (i.d.F. des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 26.6.2013) in der Tatbestandsvariante der „nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte“ des übernehmenden Rechtsträgers auch den Verlustrücktrag aus einem Veranlagungszeitraum (VZ) nach dem VZ, in den die Verschmelzung fällt. Dies ergebe sich aus der sprachlichen Parallele zu der Vorschrift des § 10d Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG), die den Verlustrücktrag als „negative Einkünfte, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden“, definiere.

Diese weite Auslegung des § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 2006 entspreche dem Sinn und Zweck der Norm, so der BFH. Das Ziel des Gesetzgebers liege darin, Gestaltungen zu unterbinden, die zum Ziel hätten, die Besteuerung von Gewinnen bei Gesellschaften mit hohen stillen Reserven durch die Verrechnung mit steuerlichen Verlusten einer anderen Gesellschaft im Rückwirkungszeitraum zu vermeiden. Dieses Ziel schließe nicht nur die durch den übernehmenden Rechtsträger im VZ der Verschmelzung erwirtschafteten Verluste ein, sondern auch in einem späteren VZ entstandene Verluste, die in den VZ der Verschmelzung zurückgetragen würden. Der BFH habe in seinem Urteil I R 48/20 bereits zutreffend entschieden, dass § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 2006 nicht teleologisch zu reduzieren und der Anwendungsbereich auf Missbrauchsfälle zu begrenzen sei. Ebenso bzgl. dessen Annahme, dass die Vorschrift im Einklang mit Art. 3 Abs. 1 GG stehe, da sie für die Verlustnutzung den ertragsteuerrechtlichen Grundsatz wiederherstelle, dass Rechtsfolgen nicht bereits an eine bloße - gegebenenfalls rückwirkende - schuldrechtliche Vereinbarung zu knüpfen seien, sondern erst an ihren dinglichen Vollzug.

Die Sache wurde allerdings an die Vorinstanz zurückverwiesen, da diese nicht geprüft hat, ob die Voraussetzungen des § 2 Abs. 4 Satz 6 UmwStG 2006 n.F. vorliegen. Dann könnte, falls der übertragende und der übernehmende Rechtsträger (= die Klägerin) vor Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags verbundene Unternehmen im Sinne des § 271 Abs. 2 HGB gewesen sind, § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 2006 ausgeschlossen werden.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 13. März 2024 (X R 32/21) – veröffentlicht am 19. Dezember 2024.

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