Anforderungen an die sichere Übermittlung einfach signierter Dokumente aus dem beA

Ein elektronisches Dokument, das aus einem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) versandt wird und nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist, ist nur dann wirksam auf einem sicheren Übermittlungsweg bei Gericht eingereicht, wenn die das Dokument signierende (und damit verantwortende) Person mit dem tatsächlichen Versender übereinstimmt. Der Inhaber eines beA darf sein Recht, nicht qualifiziert elektronisch signierte Dokumente auf einem sicheren Übermittlungsweg zu versenden, nicht auf andere Personen übertragen. Dies hat der Bundesfinanzhof in einem aktuellen Urteil entschieden.

Hintergrund

Das Finanzgericht hatte die Klage der Klägerin wegen Umsatzsteuer 2016 und 2017 Urteil abgewiesen und die Revision zugelassen. Der Entscheidung war eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt, in der auch auf den insbesondere für Rechtsanwälte seit dem 01.01.2022 geltenden § 52d der Finanzgerichtsordnung (zur Nutzungspflicht elektronischer Dokumente für Rechtsanwälte, Behörden und vertretungsberechtigte Personen) hingewiesen wurde. Das Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 25.03.2022 zugestellt.

Hiergegen hat die Klägerin am 19.04.2022 Revision eingelegt und zugleich beantragt, die Frist zur Begründung der Revision um einen Monat zu verlängern. Mit Schreiben vom 21.04.2022 hat die Geschäftsstelle des Bundesfinanzhofs (BFH) mitgeteilt, dass die Frist zur Begründung von dem Vorsitzenden des Senats bis zum 27.06.2022 verlängert worden ist.

Die auf den 27.06.2022 datierende Revisionsbegründung ist beim BFH jedoch erst am 29.06.2022 eingegangen, zum einen per Telefax, zum anderen über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA). Mit weiterem, beim BFH am 01.07.2022 per Telefax und beA eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin beantragt, wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Revision Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Prozessbevollmächtigter hatte die Revisionsbegründung am Vormittag des 27.06.2022 ausgefertigt und unterschrieben. Anschließend habe er den Schriftsatz seiner Büroangestellten mit der Anweisung übergeben, ihn noch am gleichen Tag per beA und Telefax an den BFH zu übermitteln. Dies war jedoch aufgrund persönlicher Umstände der Büroangestellten nicht gelungen.

Entscheidung des BFH

Die Revision ist unzulässig und daher durch Beschluss zu verwerfen. Die Klägerin hat die Revision nicht fristgemäß begründet; dem Antrag auf Wiedereinsetzung ist nicht zu entsprechen.

Die Klägerin hat die Frist für die Begründung der Revision versäumt:

Innerhalb der - bis zum 27.06.2022 verlängerten - Frist zur Begründung der Revision ist beim BFH eine Revisionsbegründung nicht eingegangen. Sie wurde am 29.06.2022 und damit verspätet übermittelt, wobei der BFH offenlässt, ob überhaupt eine wirksame Einreichung erfolgt ist, was zweifelhaft erscheint.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist der Klägerin nicht zu gewähren:

In formeller Hinsicht setzt die Gewährung der Wiedereinsetzung voraus, dass innerhalb einer Frist von einem Monat (§ 56 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 Finanzgerichtsordnung) nach Wegfall des Hindernisses die versäumte Rechtshandlung nachgeholt und diejenigen Tatsachen vorgetragen und im Verfahren über den Antrag glaubhaft gemacht werden, aus denen sich die schuldlose Verhinderung ergeben soll.

Die Tatsachen, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen sollen, sind innerhalb dieser Frist vollständig, substantiiert und in sich schlüssig darzulegen. Die rechtserhebliche Ursache für das Versäumen der Frist habe der Prozessbevollmächtigte selbst gesetzt, nicht seine Mitarbeiterin. Ausgehend von seinem Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag hat der Bevollmächtigte - statt die von ihm einfach signierte Revisionsbegründung vor Fristablauf persönlich einzureichen - seine Zugangsdaten für das beA an seine Kanzleiangestellte weitergeben, um den Schriftsatz auf diese Weise vermeintlich form- und fristgerecht - an den BFH übersenden zu lassen. Dies ist unzulässig.

Da der Versand nur einfach signierter Dokumente nicht Kanzleimitarbeitern überlassen werden darf, führt ein gleichwohl vorgenommener Versand, wie er im Streitfall von der Angestellten am 27.06.2022 nach dem Inhalt der Weisung vorgenommen werden sollte, wegen Verstoßes gegen zwingende gesetzliche Formvorschriften zur Formunwirksamkeit elektronisch einzureichender Dokumente.

Fundstelle

BFH, Beschluss vom 05. November 2024 (XI R 10/22) – veröffentlicht am 19. Dezember 2024.

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