BMF: Anwendung des BFH-Urteils vom 5. Oktober 1977, BStBl II 1978 S. 50 für Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung; Änderung der Verwaltungsauffassung
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat in einem Schreiben vom 15. April 2025 zur Anwendung des BFH-Urteils vom 5. Oktober 1977, BStBl II 1978 S. 50 für Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung Stellung genommen. (Änderung der Verwaltungsauffassung)
Hintergrund
Mit hat der BFH entschieden, dass Schiffe auf hoher See als schwimmende Gebietsteile des Staates anzusehen sind, dessen Flagge sie führen.
Dazu führt das BMF aus:
Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder ist das Urteil des Bundesfinanzhofs über den entschiedenen Einzelfall hinaus insoweit nicht mehr anzuwenden, als dass für die Zwecke der Anwendung eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) Schiffe auf hoher See als schwimmende Gebietsteile des Staates anzusehen sind, dessen Flagge sie führen. Nach Auffassung der Finanzverwaltung stellen – in Übereinstimmung mit der geltenden völkerrechtlichen Sichtweise – Schiffe auf hoher See abkommensrechtlich kein Staats- oder Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats dar. Dies gilt nicht, wenn ein anzuwendendes DBA eine hiervon abweichende Bestimmung enthält, beispielsweise, wenn sich nach dem Wortlaut des anzuwendenden DBA der Geltungsbereich des DBA und des innerstaatlichen Steuerrechts entsprechen. Stellt ein DBA für die Definition des Vertragsstaats Bundesrepublik Deutschland in geographischer Hinsicht auf den „Geltungsbereich des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland“ ab, ist davon auszugehen, dass hiermit das Staatsgebiet gemeint ist.
Hiervon unberührt bestimmt sich in Übereinstimmung mit dem Seevölkerrecht die Staatsangehörigkeit eines Schiffes sowie das auf einem Schiff geltende Rechtsregime anhand von dessen Beflaggung.
Enthält ein DBA eine dem Artikel 15 Absatz 3 OECD- Musterabkommen 2014 (OECD-MA) entsprechende Bestimmung, können Einkünfte aus unselbständiger Arbeit des Bordpersonals von Seeschiffen, die im internationalen Verkehr betrieben werden, in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des die Schifffahrt betreibenden Unternehmens befindet. Enthält ein DBA eine dem Artikel 15 Absatz 3 OECDMA 2017 entsprechende Bestimmung, steht das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus unselbständiger Arbeit des Bordpersonals von Schiffen, die im internationalen Verkehr betrieben werden, ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat zu.
Enthält ein DBA keine dem Artikel 15 Absatz 3 OECD-MA 2014/2017 entsprechende oder vergleichbare Bestimmung, richtet sich die Aufteilung der Besteuerungsrechte an Einkünften aus unselbständiger Arbeit des Bordpersonals von Schiffen nach den allgemeinen Bestimmungen entsprechend Artikel 15 Absatz 1 und 2 OECD-MA (vgl. Textziffer 3 und 4 des BMF-Schreibens vom 12. Dezember 2023, BStBl I S. 2179). Eine Arbeitsausübung an Bord eines Schiffes auf hoher See ist – abgesehen von Fällen, in denen das anzuwendende DBA eine insoweit abweichende Bestimmung enthält – nicht mehr als Arbeitsausübung in dem (Vertrags-)Staat anzusehen, dessen Flagge das Schiff führt. Das Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaats wird insoweit nicht eingeschränkt. Bezüglich der Ermittlung des steuerpflichtigen bzw. steuerfreien Arbeitslohns wird auf Textziffer 5 des BMF-Schreibens vom 12. Dezember 2023, BStBl I S. 2179 verwiesen, wobei Arbeitstage, an denen die Tätigkeit auf einem Schiff auf hoher See ausgeübt wird, keine Arbeitstage im anderen Staat (Tätigkeitsstaat) darstellen. Gegebenenfalls kann in einem Sachverhalt, der mehr als ein DBA betrifft, das Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaats durch ein weiteres DBA beschränkt werden, welches eine dem Artikel 15 Absatz 3 OECD-MA 2014 entsprechende oder vergleichbare Bestimmung enthält, und danach demjenigen Vertragsstaat ein Besteuerungsrecht zustehen, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des die Schifffahrt betreibenden Unternehmens befindet bzw. in dem dieses Unternehmen ansässig ist.
Hinweis
Um gegebenenfalls im Einzelfall eintretende Härten abzumildern, ist die geänderte Verwaltungsauffassung erstmals für Veranlagungszeiträume sowie Lohnzahlungszeiträume anzuwenden, die mit Ablauf des 31. Dezember 2025 beginnen.
Fundstelle
BMF, Schreiben vom 15. April 2025, IV B 2 - S 1301/01408/007/001.