Hinzurechnung von Zinsen auf Depotverbindlichkeiten im Retrozessionsgeschäft (§ 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG)
In einem aktuellen Urteil hat der Bundesfinanzhof u. a. entschieden, dass Zinsen auf Depotverbindlichkeiten im Retrozessionsgeschäft eines Rückversicherungsunternehmens nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung unterliegen. Eine allgemeine, dem sogenannten Bankenprivileg vergleichbare Ausnahme der Hinzurechnung gibt es für Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen nicht.
Hintergrund
Die Klägerin war im Streitjahr als Rückversicherer tätig. Die von ihr übernommenen Risiken gab sie zum Teil in Retrozession. Dazu schloss die Klägerin Rückversicherungsverträge ab und zahlte den Retrozessionaren Zinsen auf Depotverbindlichkeiten. Das Finanzamt erfasste die Zinsen als Entgelte für Schulden und rechnete sie gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. a Gewerbesteuergesetz (GewStG) dem Gewinn der Klägerin in Höhe von einem Viertel hinzu. Die Klage der Klägerin wurde abgewiesen, ihre Revision hatte keinen Erfolg.
Entscheidung des BFH
Der BFH entschied, dass keiner der von der Klägerin vorgetragenen Umstände einer teilweisen Hinzurechnung der von ihr gezahlten Zinsen auf Depotverbindlichkeiten entgegenstehe. Insbesondere könne sich die Klägerin schon mangels eines von ihr gebildeten Sondervermögens nicht auf eine für bestimmte Erstversicherungsunternehmen in Betracht zu ziehende Ausnahme zur gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Zinsen berufen.
Eine allgemeine, dem sogenannten Bankenprivileg (§ 35c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e GewStG i.V.m. § 19 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung) vergleichbare Ausnahme von § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG gebe es für Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen nicht.
Entgegen der Auffassung der Klägerin gebe es auch keinen allgemeinen (ungeschriebenen) Rechtsgrundsatz, dass bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags steuerliche Doppelbelastungen zu vermeiden seien. Es habe sich auch nicht um durchlaufende Kredite gehandelt, weil die Klägerin die Depotverbindlichkeiten nicht im fremden Interesse zu einem außerhalb ihres Betriebs liegenden Zweck aufgenommen hat. Durch den Abschluss von Retrozessionsverträgen habe sie in erster Linie ihre eigenen Risiken verringert und geglättet sowie ihr Eigenkapital gestärkt.
Außerdem weist der BFH darauf hin, dass ein Rückversicherungsunternehmen die teilweise Hinzurechnung der von ihm gezahlten Zinsen auf Depotverbindlichkeiten gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 GewStG auch nicht durch Saldierung mit erhaltenen Zinsen auf Depotforderungen vermeiden kann.
Des Weiteren, so der BFH, liege ein mit dem Cash-Pooling vergleichbarer Fall nicht vor. Die Rechtsprechung zur Bewertungseinheit oder zu Swaps sei ebenfalls nicht einschlägig, denn die Rückversicherungsverträge und die Retrozessionsverträge waren hinsichtlich der vertragschließenden Personen nicht kongruent. Zudem begründe ein bloßer Kausal- oder Veranlassungszusammenhang nicht zwingend auch eine wirtschaftliche Einheit.
Fundstelle
BFH, Urteil vom 21. Mai 2025 (III R 32/22), veröffentlicht am 28. August 2025. – Hierzu: BFH-Pressemitteilung Nr. 54/25.