Destatis veröffentlicht Sterbetafel 2021/23 – Lebenserwartung in Deutschland steigt wieder

Bei der regelmäßig von Destatis als amtliche Statistik veröffentlichten Sterbetafel handelt es sich um eine Periodensterbetafel, d.h. eine Momentaufnahme der Verhältnisse der gesamten Bevölkerung für den Beobachtungszeitraum.

Das Statistische Bundesamt (Destatis) hat am 21. August die Sterbetafel 2021/23 veröffentlicht. Nachdem in jüngerer Vergangenheit die Entwicklung unter dem Eindruck der Corona-Pandemie stand und noch in der vorhergehenden Sterbetafel 2020/22 ein Rückgang der Lebenserwartung sowohl für Frauen als auch Männer beobachtet worden war, zeigt die aktuelle Sterbetafel eine Umkehr des Trends: für beide Geschlechter stieg die Lebenserwartung für Neugeborene um 0,4 Jahre. Neugeborene Mädchen können laut der neuen Sterbetafel 2021/2023 statistisch gesehen damit rechnen, 83,3 Jahre alt zu werden, während neugeborene Jungen mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 78,6 Jahren rechnen können. Das Niveau der Vor-Pandemiezeit wurde jedoch noch nicht ganz wieder erreicht: Nach der Sterbetafel 2017/2019 konnten 2019 geborene Frauen statistisch gesehen damit rechnen, 83,4 Jahre alt zu werden. Für neue geborene Männer betrug die Lebenserwartung bei der Erhebung vor vier Jahren 78,6 Jahre.

Aus den Zahlen von Destatis geht zudem ein deutlicher regionaler Unterschied hervor, Baden-Württemberg verzeichnet als Spitzenreiter für neugeborene Mädchen mit 83,93 Jahren eine um knapp über zwei Jahre höhere Lebenserwartung als das Saarland (81,92 Jahre), bei Jungen liegt ebenfalls Baden-Württemberg mit 79,64 Jahren mit etwas mehr als doppelt so hohem Abstand deutlich vor Schlusslicht Sachsen-Anhalt (75,49 Jahre). Insgesamt ist die Lebenserwartung in Ost- niedriger als in Westdeutschland, das Niveau gleicht sich jedoch an. Dabei leben Frauen in beiden Landesteilen nun wieder annähernd gleich lang, bei Männern beträgt die Differenz 1,4 Jahre zugunsten der Westdeutschen.

Bei der regelmäßig von Destatis als amtliche Statistik veröffentlichten Sterbetafel handelt es sich um eine Periodensterbetafel, d.h. eine Momentaufnahme der Verhältnisse der gesamten Bevölkerung für den Beobachtungszeitraum. Nach Angaben von Destatis basiert die Auswertung auf den Daten über die Gestorbenen und die Durchschnitts-Bevölkerung der letzten drei Jahre, um Schwankungen zu glätten. Hieraus können keine Annahmen hinsichtlich der Entwicklung der Sterblichkeitsannahmen für die Zukunft abgeleitet werden, insbesondere stellt die Periodensterbetafel keine Prognose dar. Die aktuell veröffentlichte Sterbetafel basiert noch auf den fortgeschriebenen Bevölkerungszahlen des Zensus 2011, Ergebnisse zur Lebenserwartung auf Basis des Zensus 2022 werden für das erste Halbjahr 2025 erwartet.

Zudem ist diese Erhebung nicht für die Tarifkalkulation und Reservierung von Versicherungsunternehmen maßgeblich. Lebensversicherer und Pensionseinrichtungen sind vom Gesetzgeber verpflichtet, ihre Versicherungstarife vorsichtig zu kalkulieren, da sie bei Renten- oder Lebensversicherungsverträgen langfristige Garantien aussprechen. Hierzu greifen sie auf eigene Statistiken bzw. die Ausscheideordnungen der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) zurück. Diese Tafeln berücksichtigen Daten zu Sterblichkeiten aus Auswertungen von Erst- und Rückversicherungsunternehmen sowie insbesondere Sicherheitszuschläge, so dass die Daten der DAV zur Sterblichkeit der Versicherten von den der Destatis-Auswertung zugrundeliegenden Zahlen der Gesamtbevölkerung abweichen. Vor dem Hintergrund des Langlebigkeitstrends hatte die DAV im Juni ihre jährliche Empfehlung zum Trendansatz in der Bewertungstafel DAV2004R-Bestand veröffentlicht.

Insgesamt zeigt sich, dass die Lebenserwartung von verschiedenen Einflussfaktoren – sozioökonomische und medizinische Aspekte, aber auch der potentielle Einfluss des Klimawandels – abhängen kann. Aktuare aus verschiedenen Bereichen innerhalb der Unternehmen werden daher hier verstärkt ein Augenmerk auf die zukünftige Entwicklung insbesondere für Produktentwicklung, Bewertung und Risikomanagement legen müssen. Hinsichtlich der versicherungstechnischen Rückstellungen unter Solvency II hatte EIOPA 2022 im Zuge der Veröffentlichung der überarbeiteten diesbezüglichen Leitlinien die Governance bei der Herleitung von Annahmen allgemein, aber spezifisch auch bezüglich der Modellierung von biometrischen Risikofaktoren gestärkt. Aber auch Verantwortliche Aktuar:innen müssen neben der Berücksichtigung der oben genannten DAV-Veröffentlichung hinsichtlich einer angemessenen Reservierung die Sterblichkeitsentwicklung des zugrundeliegenden Bestandes analysieren. Insgesamt gilt es daher im Sinne einer angemessenen Governance dem jeweiligen Betrachtungszweck entsprechend, Verfahren zur angemessenen Berücksichtigung langfristiger Trends und den damit einhergehenden Unsicherheiten anzuwenden.

Wenn Sie mehr über unsere Dienstleistungen zum Thema Langlebigkeit und Sterblichkeitsentwicklung sowie weiteren aktuariellen Themen erfahren möchten, wenden Sie sich an mich sowie unsere weiteren Expert:innen von Actuarial Risk Modelling Services.

Laufende Updates zum Thema erhalten Sie über das regulatorische Horizon Scanning in unserer Recherche-Applikation PwC Plus. Lesen Sie hier mehr über die Möglichkeiten und Angebote.

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