Destatis veröffentlicht Sterbetafel 2022/24 – Lebenserwartung in Deutschland wieder auf Vor-Corona-Niveau

Bei der regelmäßig von Destatis als amtliche Statistik veröffentlichten Sterbetafel handelt es sich um eine Periodensterbetafel, d.h. eine Momentaufnahme der Verhältnisse der gesamten Bevölkerung für den Beobachtungszeitraum.

Das Statistische Bundesamt (Destatis) hat am 22. Juli die Sterbetafel 2022/24 veröffentlicht. Nachdem in jüngerer Vergangenheit die Entwicklung unter dem Eindruck der Corona-Pandemie stand und bereits in der vorhergehenden Sterbetafel 2021/23 bereits eine Trendumkehr beobachtet worden war, erreichen beide Geschlechter wieder das Vor-Corona-Niveau aus dem Jahr 2019. Dabei stieg die Lebenserwartung bei Geburt im Vergleich zum Vorjahr bei Frauen um gut 0,2 Jahre auf 83,5 Jahre und bei Männern um knapp 0,4 Jahre auf 78,9 Jahre an. War zwischen 2011 und 2019 für beide Geschlechter ein Zuwachs der Lebenserwartung von durchschnittlich etwa 0,1 Jahre pro Jahr beobachtbar, liegen die aktuellen Werte jedoch etwa ein halbes Jahr unter dem vorherigen Trend.

Analog ergeben sich auch für ältere Menschen Zuwächse bei der Lebenserwartung, wobei ebenfalls die vorherige Trendentwicklung nicht erreicht wird. Für 65-jährige Männer liegt die verbleibende Lebenserwartung bei 18,0 Jahren, für 65-jährige Frauen bei 21,2 Jahren. Für 30-jährige Männer ergeben sich unterdessen 49,2 weitere Lebensjahre, bei Frauen beträgt der Wert 53,7 Jahre.

Aus den Zahlen von Destatis geht zudem ein erkennbarer regionaler Unterschied hervor, Baden-Württemberg bleibt analog der Vorjahre Spitzenreiter und verzeichnet für neugeborene Mädchen mit 84,1 Jahren eine um knapp über zwei Jahre höhere Lebenserwartung als das derzeitige Schlusslicht Saarland (82,0 Jahre).Bei Jungen sind die regionalen Unterschiede noch stärker ausgeprägt: Hier liegt ebenfalls Baden-Württemberg mit 79,9 Jahren mit beinahe doppelt so hohem Abstand deutlich vor dem Schlusslicht Sachsen-Anhalt (75,9 Jahre). Insgesamt ist die Lebenserwartung in den neuen deutschen Bundesländern weiterhin niedriger als in den alten deutschen Bundesländern, das Niveau gleicht sich jedoch an.

Bei der regelmäßig von Destatis als amtliche Statistik veröffentlichten Sterbetafel handelt es sich um eine Periodensterbetafel, d.h. eine Momentaufnahme der Verhältnisse der gesamten Bevölkerung für den Beobachtungszeitraum. Nach Angaben von Destatis basiert die Auswertung auf den Daten über die Gestorbenen und die Durchschnitts-Bevölkerung der letzten drei Jahre, um Schwankungen zu glätten. Hieraus können keine Annahmen hinsichtlich der Entwicklung der Sterblichkeitsannahmen für die Zukunft abgeleitet werden, insbesondere stellt die Periodensterbetafel keine Prognose dar. Die aktuell veröffentlichten Sterbetafeln berücksichtigt erstmals die Ergebnisse des Zensus 2022, die vorherigen Tafeln basierten noch auf den fortgeschriebenen Bevölkerungszahlen des Zensus 2011.

Zudem ist diese Erhebung nicht für die Tarifkalkulation und Reservierung von Versicherungsunternehmen maßgeblich. Hierzu greifen gesetzlich zur vorsichtigen Kalkulation verpflichtete Lebensversicherer und Pensionseinrichtungen auf eigene Statistiken bzw. die Ausscheideordnungen der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) zurück. Diese Tafeln berücksichtigen Daten zu Sterblichkeiten aus Auswertungen von Erst- und Rückversicherungsunternehmen, so dass die Daten der DAV zur Sterblichkeit der Versicherten von den der Destatis-Auswertung zugrundeliegenden Zahlen der Gesamtbevölkerung abweichen. Zudem werden je nach Versicherungsart Sicherheitszu- oder -abschläge berücksichtigt. Um beispielsweise den Langlebigkeitstrend auch in der Reservierung zu berücksichtigen, verwenden Lebensversicherer und Pensionseinrichtungen für Rentenversicherungsverträge Sterbetafeln mit entsprechenden Sicherheitsmargen. Diese wurden in der Vergangenheit sukzessive ausgebaut, im Juni 2024 hatte die DAV ihre jährliche Empfehlung zum Trendansatz in der Bewertungstafel DAV2004R-Bestand veröffentlicht, so dass nach 20 Jahren die Interpolation abgeschlossen wurde.

Insgesamt zeigt sich, dass die Lebenserwartung von verschiedenen Einflussfaktoren – sozioökonomische und medizinische Aspekte, aber auch der potentielle Einfluss des Klimawandels – abhängen kann. Aktuar:innen aus verschiedenen Bereichen innerhalb der Unternehmen sollten daher hier verstärkt ein Augenmerk auf die zukünftige Entwicklung insbesondere für Produktentwicklung sowie die Bewertung für die Reservierung und das Risikomanagement legen und Trends analysieren. Hinsichtlich der versicherungstechnischen Rückstellungen unter Solvency II hatte EIOPA 2022 im Zuge der Veröffentlichung der überarbeiteten diesbezüglichen Leitlinien die Governance bei der Herleitung von Annahmen allgemein, aber spezifisch auch bezüglich der Modellierung von biometrischen Risikofaktoren gestärkt. Aber auch Verantwortliche Aktuar:innen müssen hinsichtlich einer angemessenen Reservierung die Sterblichkeitsentwicklung von (Teil-)Beständen analysieren und im Erläuterungsbericht Besonderheiten transparent machen. Insgesamt gilt es daher im Sinne einer angemessenen Governance dem jeweiligen Betrachtungszweck entsprechend, Verfahren zur angemessenen Berücksichtigung langfristiger Trends und den damit einhergehenden Unsicherheiten anzuwenden.

Wenn Sie mehr über unsere Dienstleistungen zum Thema Langlebigkeit und Sterblichkeitsentwicklung sowie weiteren aktuariellen Themen erfahren möchten, wenden Sie sich an mich sowie unsere weiteren Expert:innen von Actuarial Risk Modelling Services.

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