Finanzverwaltung zur Haftung für Umsatzsteuer beim Handel mit Waren im Internet

Die Finanzverwaltung hat ein Anwendungsschreiben zu den im Zuge des sogenannten „Jahressteuergesetzes 2018“ ab 2019 eingeführten Haftungsregelungen für Umsatzsteuer beim Handel mit Waren im Internet veröffentlicht.

Durch das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 11. Dezember 2018 (sogenanntes „Jahressteuergesetz 2018“) wurden § 22f - Besondere Pflichten für Betreiber eines elektronischen Marktplatzes - und § 25e - Haftung beim Handel auf einem elektronischen Marktplatz - in das Umsatzsteuergesetz (UStG) eingefügt. Die neuen Regelungen traten am 1. Januar 2019 in Kraft.

Danach sollen die Betreiber elektronischer Marktplätze zum einen künftig bestimmte Daten ihrer Nutzer, für deren Umsätze in Deutschland eine Steuerpflicht in Betracht kommt, aufzeichnen. Zum anderen sollen sie unter bestimmten Voraussetzungen für die entstandene und nicht abgeführte Umsatzsteuer aus den auf ihrem elektronischen Marktplatz ausgeführten Umsätzen in Haftung genommen werden können. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Betreiber Unternehmer, die im Inland steuerpflichtige Umsätze erzielen und hier steuerlich nicht registriert sind, auf ihrem Marktplatz Waren anbieten lassen.

Aufzeichnungspflichten ergeben sich - mit Ausnahme der Steuernummer und Umsatzsteuer-Identifikationsnummer - auch, wenn eine Registrierung nicht als Unternehmer im Sinne des UStG erfolgte. Allgemein gilt eine Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren (Tz. 3).

Die auf längstens drei Jahre befristete Bescheinigung des zuständigen Finanzamts kann bis zur Errichtung eines elektronischen Verfahrens auch in Papierform erteilt werden. Der betreffende Antrag ist durch bundeseinheitlichen Vordruck oder aber formlos zu stellen. Das Ministerium weist darauf hin, dass die Beurteilung der steuerlichen Zuverlässigkeit nicht Bestandteil dieser Bescheinigung ist. Auch Kleinunternehmer erhalten auf Antrag vom zuständigen Finanzamt eine Bescheinigung über ihre steuerliche Erfassung.

Unterlässt der Betreiber des elektronischen Marktplatzes bei begründeten Zweifeln an der Echtheit einer vorgelegten Bescheinigung die erforderliche Rückfrage beim in der Bescheinigung genannten Finanzamt, läuft er Gefahr, für die nicht entrichtete Umsatzsteuer des betreffenden Unternehmers für Lieferungen, die auf seinem Marktplatz rechtlich begründet wurden, in Haftung genommen zu werden (Tz. 9).

Im weiteren Verlauf des Schreibens konkretisiert das BMF diejenigen Fälle, in denen der liefernde Unternehmer im Inland keine steuerbaren Umsätze ausführt und insoweit keiner steuerlichen Erfassung bedarf (Tz. 6), beispielsweise bei Unternehmern, die Lieferungen nach der sog. "Versandhandelsregelung" des § 3c UStG ausführen, aber aufgrund der Lieferschwelle im Inland nicht steuerbar sind oder bei Unternehmern, die sogenannte Direktverkäufe tätigen, d. h. ausschließlich Lieferungen an Abnehmer im Inland ausführen, bei denen die Beförderung oder Versendung nach Abschluss des Kaufvertrages im Drittland beginnt.

Haftung (Tz. 11 ff): Zwar tritt eine Haftung bei Vorliegen einer gültigen Bescheinigung grundsätzlich nicht ein. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn davon auszugehen ist, dass der Betreiber eines elektronischen Marktplatzes davon Kenntnis hatte oder nach der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns hätte haben müssen, dass der liefernde Unternehmer seinen umsatzsteuerlichen Pflichten nicht oder nicht im vollen Umfang nachkommt. Das Kennenmüssen bezieht sich hierbei lediglich auf Sachverhalte, die dem Betreiber im Rahmen seines eigenen Unternehmens bekannt werden und auf eine umsatzsteuerliche Pflichtverletzung schlussfolgern lassen.

Haftungsausschluss: Der Betreiber eines elektronischen Marktplatzes haftet u. a. dann nicht für die Umsatzsteuer aus Lieferungen, die auf seinem Marktplatz rechtlich begründet wurden, wenn die Registrierung des Lieferers auf dem Marktplatz nicht als Unternehmer erfolgt ist (Tz. 18). Für die Abgrenzung, ob es sich um eine unternehmerische Tätigkeit handelt, ist grundsätzlich nur die Tätigkeit auf dem eigenen Marktplatz maßgebend. Das Erreichen einer bestimmten Umsatzhöhe reicht für die Beurteilung der Frage, ob eine Tätigkeit unternehmerisch ausgeführt wird, allein nicht aus.

Die Definition des elektronischen Marktplatzes ergibt sich aus § 25e Abs. 5 UStG. Nicht darunter fallen elektronische Marktplätze, die das vorgesehene Erfordernis, dass es einem Dritten, der nicht Betreiber des elektronischen Marktplatzes ist, ermöglicht wird, über diesen elektronischen Marktplatz Umsätze auszuführen, nicht erfüllen; sog. Vermittlungsmarktplatz, der die Funktion eines „Schwarzen Brettes“ übernimmt (Tz. 20).

Übergangsvorschriften: Die Aufzeichnungspflichten nach § 22f Abs. 1 bis 3 UStG gelten gemäß § 27 Abs. 25 UStG ab dem 1. Januar 2019. Aus Vereinfachungsgründen wird es nicht beanstandet, wenn der Betreiber eines elektronischen Markplatzes diese Pflichten für die in § 22f Abs. 1 Satz 4 UStG genannten Unternehmer (d. h. Unternehmer ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, Sitz oder Geschäftsleitung im Inland, einem anderen Mitgliedstaat der EU oder in einem EWR-Staat) erst zum 1. März 2019 und für die übrigen dort nicht genannten Unternehmer erst zum 1. Oktober 2019 erfüllt.

Das ausführliche BMF-Schreiben kann auf der Internetseite des BMF heruntergeladen werden.

Eine weitere Nichtbeanstandungsregelung hat das BMF inzwischen durch Schreiben vom 21. Februar 2019 hinsichtlich des Antrags auf Erteilung einer Bescheinigung für die in § 22f Abs. 1 Satz 4 UStG genannten Unternehmer veröffentlicht..

Fundstelle

BMF-Schreiben vom 28. Januar 2019 - III C 5 - S 7420/19/10002 :002 (2019/0069610)

Eine englische Zusammenfassung hierzu finden Sie hier.

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