Sächsisches Finanzgericht aus 2011: Verlustabzug bei Anteilseignerwechsel verfassungskonform

Nach Meinung des Sächsischen Finanzgerichts aus dem Jahr 2011 ist das Entfallen des Verlustabzugs einer Körperschaft bei einem Anteilseignerwechsel von mehr als 50 % verfassungskonform. Diese Entscheidung steht im Widerspruch zu der wesentliche Zeit später (in 2018) vertretenen Auffassung des Finanzgerichts Hamburg, das die gesetzlich vorgesehene Versagung der Verlustverrechnung im Fall eines Gesellschafterwechsels für verfassungswidrig hält und diesbezüglich das Bundesverfassungsgericht angerufen hatte.

Die Finanzrichter im vorliegenden Fall begründen dies u. a. mit Blick auf den weiten gesetzgeberischen Spielraum und dessen Befugnis zur Typisierung. Gehe man mit dem Gesetzgeber davon aus, dass die Übertragung von mehr als 50% der Anteile einer Körperschaft ihr eine neue wirtschaftliche Identität geben kann und es im Einzelfall schwierig ist, dies zu kontrollieren, so erscheint es noch als sachgerecht und nicht verfassungswidrig, wenn dieser Identitätswechsel dazu führt, dass die „neue” Gesellschaft - ähnlich wie im Fall der Verlustvorträge eines Erblassers - auf die neuen Gewinne nicht die alten Verluste verrechnen. Auch die Absicht des Gesetzgebers, den Handel mit Verlusten bei Mantelkaufverträgen zu erschweren, ist ein Gesichtspunkt, der sachgerecht ist. Zwar führe die vorgenommene Regelung dazu, dass davon auch Firmen wie die Klägerin betroffen sind, die kein leerer Mantel, sondern eine aktive Gesellschaft sind. Der Gesetzgeber dürfe aber im Rahmen der Steuergesetzgebung Sachverhalte typisieren und dabei die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen.

Auch ein Verstoß gegen Artikel 14 Grundgesetz (Schutz des Eigentumsrechts) liege nicht vor. Zwar könne der Anteil des einzelnen Gesellschafters, der nicht am Anteilserwerbbeteiligt ist, an Wert verlieren. Dieser Gesellschafter ist in den Augen der Richter aber nicht Adressat der Regelung des § 8c Abs. 1 KStG, d.h. die Vorschrift enthält keinen direkten Eingriff in seine vermögenswerten Positionen. Es handelt sich vielmehr um „einen Reflex eines gegen die Körperschaft gerichteten Eingriffs“.

Fundstelle

Sächsisches Finanzgericht, Urteil vom 16. März 2011 (2 K 1869/10); das Verfahren ist beim BFH unter dem Az. I R 3/19 anhängig und wurde seit Oktober 2011 (noch unter dem Az. I R 31/11) im Hinblick auf das vor dem BVerfG angestrengte Verfahren ruhend gestellt.

Zum Anfang