Rückwirkende Einbringung in Kapitalgesellschaft bei Nichtvorliegen eines Einlagegegenstands
Die formwechselnde Umwandlung einer OHG in eine GmbH mit steuerlicher Rückwirkung ist nach einem Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts ausgeschlossen, wenn die OHG im Zeitpunkt des Umwandlungsbeschlusses bereits keiner Tätigkeit mehr nachgeht.
Streitpunkt und Tenor der Entscheidung des Finanzgerichts: Es ist strittig und bisher höchstrichterlich nicht entschieden, ob der qualifizierte Einbringungsgegenstand auch schon am steuerlichen Übertragungsstichtag vorhanden gewesen sein muss. Die Finanzverwaltung verlangt dies in Rn. 20.14 des Umwandlungssteuer-Erlasses (BMF-Schreiben vom 11. November 2011). Das Niedersächsische Finanzgericht hat in einem aktuellen Urteil in diesem Sinne entschieden: Eine Einbringung im Wege des Formwechsels einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft kann nicht mit steuerlicher Rückwirkung nach § 20 Abs. 6 Satz 3 Umwandlungssteuergesetz durchgeführt werden, wenn der für eine Einbringung nach § 20 dieser Vorschrift erforderliche qualifizierte Einlagegegenstand (Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil) zwar am beabsichtigten steuerlichen Übertragungsstichtag in der Vergangenheit vorlag, aber nicht mehr im Zeitpunkt der zivilrechtlichen Übertragung.
Sachverhalt: An der GmbH & Co. KG (deren Geschäftsgegenstand der Erwerb, der Betrieb und die Veräußerung von Seeschiffen ist) waren die Kläger über eine OHG (vormals eine GbR) als Kommanditisten beteiligt. Mit Wirkung zum 2. Januar 2013 wurde deren Kommanditanteil an die Y-GmbH veräußert. Im Rahmen einer Gesellschafterversammlung trafen die Gesellschafter der OHG am 25. Januar 2013 den Beschluss, die OHG rückwirkend zum 18. Dezember 2012 in die neu gegründete A-GmbH umzuwandeln, deren alleiniger Geschäftsgegenstand fortan das Halten und Verwalten eigenen Vermögens, insbesondere die Beteiligung an der GmbH & Co. KG war. Die OHG teilte dem Finanzamt unter Beantragung der Änderung des inzwischen vorliegenden Feststellungsbescheides mit, dass die GbR am 17. Dezember 2012 als OHG in das Handelsregister eingetragen worden sei. In einem zweiten Schritt sei sie am 18. Dezember 2012 im Wege des Formwechsels in die A-GmbH umgewandelt worden. Das Finanzamt rechnete der GbR u. a. den für sie festgestellten anteiligen Unterschiedsbetrag dem Gewinn hinzu. Zur Begründung führte es aus, dass der auf die GbR entfallende Unterschiedsbetrag gemäß § 5a Abs. 4 S. 3 Nr. 3 Einkommensteuergesetz aufzulösen gewesen sei, weil die GbR als Gesellschafterin der OHG ausgeschieden sei. Im Laufe des folgenden Einspruchsverfahrens stellte die A-GmbH bei dem für Sie zuständigen Finanzamt einen Antrag auf Buchwertfortführung nach § 20 Abs. 2 Satz 3 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG).
Umwandlung der OHG in die A-GmbH zum 18. Dezember 2012 steuerlich nicht wirksam
Für die Kläger hatte die Klage insoweit Erfolg, als sie geltend machten, dass ihnen als ehemaligen Gesellschaftern der OHG für das Jahr 2012 zugerechnete Gewinnanteil an der GmbH & Co. KG ohne die Berücksichtigung einer anteiligen Auflösung des Unterschiedsbetrages nach § 5a Abs. 4 EStG festzustellen sei. Die Reduzierung des Feststellungsbetrages um den anteilig aufgelösten Unterschiedsbetrag folgt entgegen der Auffassung der Kläger jedoch nicht aufgrund des Umstandes, dass eine auf den 18. Dezember 2012 rückwirkende Umwandlung der OHG in eine GmbH unter Fortführung der Buchwerte stattgefunden habe, sodass eine Anwendung des § 5a Abs. 4 S. 3 Nr. 3 EStG ausgeschlossen sei. Vielmehr durfte eine Hinzurechnung des anteilig aufgelösten Unterschiedsbetrages nach Meinung des Gerichts für das Jahr 2012 deshalb nicht erfolgen, weil die OHG nicht in zulässiger Weise rückwirkend zum 18. Dezember 2012 in eine GmbH umgewandelt werden konnte. Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Beschlusses am 25. Januar 2013 lag kein Umwandlungsgegenstand mehr vor, der die Voraussetzungen einer Sacheinlage im Sinne des § 20 Abs. 1 UmwStG erfüllen konnte. Insbesondere hatte die OHG bei Abfassung des Umwandlungsbeschlusses am 25. Januar 2013 keinen Mitunternehmeranteil mehr inne, da sie den Anteil an der OHG bereits mit Wirkung zum 2. Januar übertragen hatte.
Richterliches Fazit: Da die rückwirkende Umwandlung der OHG in die A-GmbH zum 18. Dezember 2012 steuerlich nicht wirksam geworden ist, stellte sich im Streitjahr auch nicht die Frage nach einem Ausscheiden der OHG oder der Kläger als Beteiligte an der GmbH & Co. KG. Folglich war auch der anteilig auf die Kläger entfallende Unterschiedsbetrag gem. § 5a Abs. 4 S. 3 Nr. 3 EStG nicht bereits im Jahr 2012 aufzulösen und dem Gewinn hinzuzurechnen, so dass die Kläger insoweit mit ihrem Klageantrag erfolgreich waren. Mangels eines steuerlich wirksamen rückwirkenden Ausscheidens der OHG als Kommanditistin der GmbH & Co. KG zum 18. Dezember 2012 war ihr allerdings der volle Jahresbetrag des laufenden Gewinnanteils an der Tonnagesteuer zuzurechnen, so dass der auf die OHG entfallende Gewinnanteil zu erhöhen war.
Fundstelle
Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 29. Januar 2019 (8 K 163/17); die Revision ist unter dem Az. I R 13/19 beim BFH anhängig.