Kein pauschales Betriebsausgaben-Abzugsverbot bei Verschmelzungsgewinn und Organschaft

Wird eine Kapitalgesellschaft auf ihre Muttergesellschaft verschmolzen, die ihrerseits Organgesellschaft einer körperschaftsteuerlichen Organschaft mit einer Kapitalgesellschaft als Organträgerin ist, ist nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs auf den Verschmelzungsgewinn weder auf Ebene der Muttergesellschaft noch auf Ebene der Organträgerin das pauschale Betriebsausgaben-Abzugsverbot nach § 8b Abs. 3 Satz 1 Körperschaftsteuergesetz anzuwenden.

Mit dieser Entscheidung widersprechen die obersten Steuerrichter der Auffassung der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 11. November 2011 (dort: Rz 12.07). Der Streitfall betraf die Frage, ob das Finanzamt bei der Klägerin als finale Organträgerin an der Konzernspitze zu Recht im Ergebnis 5 % eines ihr zugerechneten Übernahmegewinns als nichtabziehbare Betriebsausgaben gem. § 8b Abs. 3 Körperschaftsteuergesetz (KStG) angesetzt hatte.

Übertragungsgewinn aus Aufwärtsverschmelzung im Organschaftsfall

Im Streitfall hielt eine AG als Obergesellschaft des Konzerns sämtliche Anteile an der B-GmbH, welche ihrerseits über 95% der Anteile an der C-GmbH hielt. Die C-GmbH war mit einer Beteiligungsquote von ebenfalls über 95% Gesellschafterin der D-GmbH. Es bestanden jeweils körperschaftsteuerliche Organschaften zwischen Klägerin und B-GmbH, zwischen B-GmbH und C-GmbH, sowie – mittelbar – zwischen B-GmbH und D-GmbH. Die Organgesellschaft der mittelbaren Organschaft (D-GmbH) wurde nicht veräußert, sondern auf die Zwischengesellschaft (C-GmbH) verschmolzen, d. h. es ging im Streitfall nicht um die Beurteilung eines Veräußerungsgewinns, sondern eines Übernahmegewinns i. S. des § 12 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG). Das Finanzamt hatte im Ergebnis den Übernahmegewinn ohne Berücksichtigung eines aktiven organschaftlichen Ausgleichspostens ermittelt und diesen unter Anwendung des § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG - wonach der § 8b KStG erst auf der Ebene des (letzten) Organträgers anzuwenden sei (sog. Bruttomethode) - im Ergebnis bei der Klägerin als finaler Organträgerin i. H. v. 5 % als steuerpflichtig angesehen.

Pauschales Betriebsausgaben-Abzugsverbot bei Verschmelzungen…

Die Regelungen in § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006 (zur Buchwertübernahme) und Satz 2 dieser Vorschrift (zur Anwendbarkeit des § 8b KStG) sollen für den hier vorliegenden Fall der Aufwärtsverschmelzung der Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft bewirken, dass das verschmelzungsbedingte Übertragungsergebnis auf der Ebene der übernehmenden Körperschaft wie der Gewinn aus der Veräußerung einer Beteiligung i.S. des § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG behandelt wird. Dies hätte zur Folge, dass der Übertragungsgewinn „außer Ansatz“ zu bleiben hätte und 5 % dieses Gewinns dem Ergebnis der C-GmbH als nichtabzugsfähige Betriebsausgabe hinzuzurechnen wären.

Für Beteiligungserträge der Organgesellschaft i.S. von § 8b Abs. 1 und 2 KStG (Ausschüttungen und Veräußerungsgewinne) hat die in § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG angeordnete Nichtanwendung des § 8b Abs. 1 bis 6 KStG zur Folge, dass diese Beteiligungserträge bei der Einkommensermittlung der Organgesellschaft berücksichtigt werden (sog. Bruttomethode) jedoch erst auf Ebene des Organträgers dem Regime des § 8b KStG oder dem Teileinkünfteverfahren unterliegen. Die bislang umstrittene Frage, inwiefern diese Bruttomethode auch hinsichtlich eines Übertragungsgewinns aus einer Aufwärtsverschmelzung auf eine Organgesellschaft zur Anwendung kommen kann, hat der BFH mit seinem Urteil beantwortet und macht dabei im Zuge seiner Rechtsfindung einen gesetzessytematischen Exkurs.

…im Falle der Organschaft nicht anwendbar

Der BFH spricht sich gegen die sog. Bruttomethode aus und vertritt die Auffassung, dass in der vorliegenden Konstellation auf den Übertragungsgewinn aus der Verschmelzung der D-GmbH die körperschaftsteuerliche Bestimmung zur Nichtabzugsfähigkeit pauschaler Betriebsausgaben weder auf Ebene der C-GmbH noch auf derjenigen der B-GmbH oder etwa der Klägerin zur Anwendung kommt. Die in § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG 2006 vorgesehene Anwendung des § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG auf das Einkommen der aufnehmenden Körperschaft werde dann, wenn es sich dabei um eine Organgesellschaft handelt, durch § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG vorbehaltlos suspendiert: Nach dieser Vorschrift ist § 8b Abs. 1 bis 6 KStG (mithin auch § 8b Abs. 3 KStG) bei Ermittlung des Einkommens nicht anzuwenden. Folge: Bei der Ermittlung des der Organträgerin B-GmbH zuzurechnenden Einkommens der C-GmbH ist der Übertragungsgewinn gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006 außer Ansatz zu lassen, sodass die Bestimmung des § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG, die die Anwendbarkeit des § 8b KStG in Bezug auf Beteiligungserträge der Organgesellschaft bei der Ermittlung des Einkommens des Organträgers davon abhängig macht, dass die betreffenden Erträge in dem diesem zuzurechnenden Einkommen der Organgesellschaft "enthalten" sind, den Übertragungsgewinn nicht erfasst.

Fundstelle

BFH-Urteil vom 26. September 2018 (I R 16/16), veröffentlicht am 27. März 2019

Eine englische Zusammenfassung dieses Urteils finden Sie hier.

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