Keine Drittanfechtung der Kapitalertragsteuer-Anmeldungen durch Gläubiger
Die Anmeldung der Kapitalertragsteuer durch ein Geldinstitut kann nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs von dem Gläubiger der Kapitalerträge nicht mehr im Wege einer Drittanfechtungsklage angefochten werden, wenn die Kapitalerträge aufgrund eines besonderen Antrags nach § 32d Abs. 4 Einkommensteuergesetz bereits in die Steuerfestsetzung mit einbezogen wurden und die abgeführte Kapitalertragsteuer auf die Steuerschuld angerechnet wurde.
Das Urteil des obersten Steuergerichts betrifft ausschließlich steuerliches Verfahrensrecht, ist jedoch gleichwohl pointiert und interessant. Betrifft es doch u. a. das Wechselspiel zwischen den unterschiedlichen Zuständigkeiten der Finanzämter bei der steuerlichen Erfassung ein und desselben Vorgangs. Auf Antrag des Gläubigers der Kapitalerträge und unter den Voraussetzungen des § 32d Einkommensteuergesetz (EStG) werden die der Abgeltungsteuer unterliegenden Kapitalerträge in die Veranlagung einbezogen. So war es im Streitfall, in dem das Geldinstitut aufgrund einer „Entflechtung (Spin-off)“ von Aktien einer amerikanischen Kapitalgesellschaft Kapitalertragsteuer (KapSt) einbehalten hatte. Der Kläger war der Auffassung, dass die Entflechtung der Wertpapiere nicht steuerpflichtig sei und erhob nach dem Erlass des Einkommensteuerbescheids, in den die Kapitalerträge aufgrund eines Antrags nach § 32d Abs. 4 EStG einbezogen worden waren, eine Drittanfechtungsklage gegen die Kapitalertragsteuer-Anmeldung des Geldinstituts. Im Einzelnen monierte der Kläger eine Reihe von Rechtsverletzungen: Zunächst wurden die unterschiedlichen Zuständigkeiten zwischen Wohnsitz-Finanzamt und dem für die Abführung der KapSt zuständigen Finanzamt ins Feld geführt. Ferner rügte der Kläger eine Verletzung des Gebots des effektiven Rechtsschutzes, eine verfassungswidrige Übermaßbesteuerung und einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit. Vor dem Finanzgericht war der Kläger jedoch ebenso erfolglos wie jetzt vor dem BFH.
Zwar war der Kläger als Gläubiger der Kapitalerträge grundsätzlich befugt, die Kapitalertragsteuer-Anmeldung des Geldinstituts anzufechten. Jedoch hatte sich diese durch den Erlass des Einkommensteuerbescheids erledigt, da dieser aufgrund des Antrags nach § 32d Abs. 4 EStG den Regelungsgehalt der Kapitalertragsteuer-Anmeldung aufgenommen habe. Die Klage war danach mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.
Grundsätzlich hält der BFH die Beschränkung der Drittanfechtungsklage gegen eine Kapitalertragsteuer-Anmeldung auch verfassungs- und europarechtlich für zulässig. Durch das gesetzlich aufeinander abgestimmte Verfahren zur Überprüfung des Kapitalertragsteuerabzugs werde der Rechtsschutz des Steuerpflichtigen nicht unangemessen eingeschränkt. Es werde durch die Möglichkeit der Antragstellung sichergestellt, dass nicht aufgrund einer zu engen Begrenzung der Rechtsschutzmöglichkeiten im Drittanfechtungsverfahren gegen die Kapitalertragsteuer-Anmeldung irreparable Folgen zum Nachteil des Steuerpflichtigen entstehen. Dadurch, so der BFH weiter, werden die Verfahrens- und Rechtsschutzposition des Klägers auch im Hinblick auf seine Anlagen in EU-Mitgliedstaaten und in Drittstaaten nicht über das hinzunehmende Maß hinaus beschränkt.
Nicht entschieden hat der BFH über die Frage, wie eine Drittanfechtungsklage ohne einen Antrag nach § 32d Abs. 4 EStG zu beurteilen wäre und ob aufgrund der ab dem Veranlagungszeitraum 2016 geltenden Bindung des Geldinstituts an die Verwaltungsauffassung nach § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG der Prüfungsumfang bei einer Drittanfechtungsklage weiter eingeschränkt wird.
Fundstelle
BFH-Urteil vom 20. November 2018 (VIII R 45/15), veröffentlicht am 10. April 2019