Update: Gewinnabführung bei Beteiligung an Organgesellschaft als atypisch stiller Gesellschafter
Nach Auffassung des Finanzgerichts Mecklenburg-Vorpommern kann eine Kapitalgesellschaft, an der eine stille Beteiligung besteht und die daher vertraglich verpflichtet ist, einen Teil ihres Gewinns an den stillen Gesellschafter abzuführen, nicht ihren ganzen Gewinn an einen Organträger abführen und daher nicht Organgesellschaft im Rahmen einer körperschaftsteuerlichen Organschaft sein.
Bislang keine abschließende Stellungnahme zur Rechtsfrage durch den BFH
Zu der Frage, ob auch dann von der Abführung des gesamten Gewinns i.S. von § 14 Körperschaftsteuergesetz (KStG) auszugehen ist, wenn außerhalb der Organschaft stehende Personen am Gewinn der Organgesellschaft als atypisch stille Gesellschafter beteiligt sind, hat der Bundesfinanzhof (BFH), nach Aussage in seinem Beschluss vom 11.08.2011 (I B 179/10), bislang nicht abschließend Stellung genommen.
Keine Abführung des „ganzen Gewinns“ bei Beteiligung eines atypisch Stillen
Das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern hat nun entschieden, dass die Voraussetzung der Abführung des "ganzen Gewinns" i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG nicht erfüllt ist, wenn an der Organgesellschaft ein außerhalb der Organschaft stehender atypisch stiller Gesellschafter beteiligt ist. Die Organgesellschaft sei vielmehr schon aufgrund des Vertrages über die atypisch stille Gesellschaft verpflichtet gewesen, einen Teil ihres Gewinns an den stillen Gesellschafter abzuführen.
Diese Gewinnabführung an den stillen Gesellschafter stellt handelsrechtlich zwar einen Aufwand dar. Für die steuerrechtliche Beurteilung ist jedoch die Konzeption der atypisch stillen Gesellschaft entscheidungserheblich. So ist die atypisch stille Gesellschaft ertragsteuerlich als Mitunternehmerschaft zu qualifizieren, jedoch mit der Besonderheit, dass nur die GmbH als Inhaber des Handelsgewerbes originär gewerblich tätig wird. Der daraus auf Ebene des Tätigen entstehende Gewinn wird dann auf den Stillen und den Tätigen verteilt, sodass die GmbH nicht mehr ihren ganzen Gewinn unter dem EAV abführen kann.
Die Revision beim BFH wurde zugelassen und bereits eingelegt.
Update (22. Dezember 2022)
Das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern hat auch in einem weiteren Urteil vom 5. Juli 2022 (1 K 395/14) entschieden, dass eine GmbH, an der eine atypisch stille Beteiligung besteht, nicht Organgesellschaft sein kann, weil sie nicht ihren ganzen Gewinn an den Organträger abführen kann und anderenfalls ihr Gewinn nach Belieben zwischen ihr, dem Organträger und dem stillen Gesellschafter aufgeteilt werden könnte, und zwar je nach der - frei im Rahmen der Angemessenheit - zu vereinbarenden Höhe der Beteiligung des Stillen. - Die Entscheidung betrifft denselben Sachverhalt, wie im Verfahren 1 K 396/14 (Revisionsverfahren beim BFH: I R 33/18). Klägerin ist im vorliegenden Verfahren jedoch die Organgesellschaft. Das beim BFH anhängige Revisionsverfahren gegen die Entscheidung des FG Mecklenburg-Vorpommern trägt das Aktenzeichen I R 33/22 .
Der BFH hat sich mittlerweile in dem zuvor genannten Revisionsverfahren I R 33/18 mit NV-Urteil vom 15. Juli 2020 zu der vom Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern bejahten Rechtsfrage, ob die atypisch stille Beteiligung des (vermeintlichen) Organträgers am Handelsgewerbe der (vermeintlichen) Organgesellschaft und die damit verbundene anteilige Gewinnzurechnung an den Mitunternehmer dazu führt, dass i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG keine Abführung des "ganzen Gewinns" mehr erfolgen kann, nicht geäußert. Denn er hat der Klage bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen stattgegeben.
Fundstelle
Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 5. September 2018 (1 K 396/14); die Revision ist beim BFH anhängig (I R 33/18). Update: Siehe hierzu das Revisionsurteil des BFH (NV I R 33/18) vom 15.7.2020.