Update: Kein Rückfall des Besteuerungsrechts nach DBA bei nur partieller Steuerpflicht
Gewerbliche Zinseinkünfte in den USA aus bestimmten Wertpapieren sind auch dann von der deutschen Besteuerung ausgenommen, wenn nur ein Bruchteil der Zinseinkünfte nach US-amerikanischem Recht der dortigen Besteuerung unterlegen hat. Das Finanzgericht München folgt damit der höchstrichterlichen Rechtsprechung aus 2015 und 2016.
Hintergrund: Streitjahr war 1998 unter dem DBA-USA in der Fassung 1989 (DBA-USA 1989): Von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer sind diejenigen Einkünfte aus Quellen in den USA in Deutschland befreit, die in den USA besteuert werden können (Art. 23 Abs. 2 Satz 1a DBA-USA 1989). Dieser Artikel sieht jedoch auch eine Rückfallklausel für solche Einkünfte vor, die tatsächlich nicht in den USA besteuert werden. Darum ging es in einem Fall vor dem Finanzgericht München. Die in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Klägerin unterhielt in USA eine Betriebsstätte, die Zinseinkünfte aus bestimmten Wertpapieren erzielte. Diese Zinseinkünfte stellten gewerbliche Gewinne im Sinne des Art. 7 DBA-USA 1989 dar und konnten in den USA besteuert werden. Die Krux der Sache lag in der Besonderheit des damaligen US-Steuerrechts: Danach war eine Betriebsstätte nur mit den Einkünften steuerpflichtig, die tatsächlich mit dem Betrieb eines Gewerbes in den USA verbunden sind („effectively connected“). Die betreffenden Erträge aus Wertpapieren waren folglich nur zu einem Bruchteil als „effectively connected“ in den USA zu besteuern; die Anwendung dieser für Wertpapiere geltenden Regelung war obligatorisch und nicht an die Ausübung eines Wahlrechts gebunden. Während das Finanzamt die Steuerbefreiung des „non-effectively connected income“ versagte, gab das Finanzgericht der Klage statt.
Begründung: Die Klägerin ist in den USA „tatsächlich“ mit den Zinseinkünften besteuert worden, es erging auch ein Steuerbescheid der US-Finanzverwaltung. Die nur partielle Besteuerung der Zinseinkünfte in den USA stehe der DBA-Steuerbefreiung nicht entgegen, da der Besteuerungsrückfall nur ausgelöst wird, „wenn“ - nicht aber „soweit“ - die betreffenden Einkünfte in den USA nicht oder nur zu einem durch das Abkommen begrenzten Steuersatz besteuert werden können. Zu einem Besteuerungsrückfall komme es – so die Richter – mithin nur im Fall der gänzlichen Nichtbesteuerung von Einkünften. Das Gericht zieht eine Parallele zu zwei aktuelleren Urteilen des Bundesfinanzhofes (Urteil vom 20. Mai 2015 - I R 68/14, Urteil vom 21. Januar 2016 (I R 49/14) in Bezug auf § 50d Abs. 9 Einkommensteuergesetz (der den Ausschluss doppelter DBA-Befreiung zum Inhalt hat). Nach Dafürhalten der obersten Steuerrichter werde ein Besteuerungsrückfall nicht ausgelöst, wenn die betreffenden Einkünfte im Quellenstaat nur teilweise (und nicht insgesamt) steuerbefreit sind. Maßgebend dafür, um welche Einkunftsart -und damit auch um welche Einkünfte - es sich handelt, sei allein das Steuerrecht des jeweiligen Anwenderstaats (hier das deutsche Recht).
Update (5. Juli 2019)
Das Finanzamt hat die Revision (Az. I R 45/17) zurückgenommen und der BFH daraufhin das Verfahren durch Beschluss vom 17.6.2019 eingestellt. Das Urteil des Finanzgerichts München ist damit rechtskräftig.
Fundstelle
Finanzgericht München, Urteil vom 29. Mai 2017 (7 K 1156/15); rkr.