Update: Vorläufiger Rechtsschutz in Sachen Verlustabzugsbeschränkung weiter auf dem Prüfstand
Das Finanzgericht Düsseldorf hat durch die Ablehnung eines Antrags auf Aussetzung der Vollziehung hinsichtlich eines Bescheides aufmerksam gemacht, in dem das Finanzamt § 8c Abs. 1 Satz 2 Körperschaftsteuergesetz zum vollständigen Verlustfortfall aufgrund schädlichen Anteilseignerwechsels von mehr als 50 Prozent angewendet hatte. Interessanterweise steht dies im Widerspruch zu einer früheren Entscheidung des Finanzgerichts Hamburg in einem gleichgelagerten Fall.
Das Finanzgericht Hamburg hatte dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung stattgegeben, da nach summarischer Prüfung eher zu erwarten sei, dass § 8c (Abs. 1) Satz 2 KStG nicht nur für die Zukunft, sondern auch rückwirkend für nichtig erklärt wird (Beschluss vom 11. April 2018, 2 V 20/18).
Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts Hamburg sehen die Düsseldorfer Finanzrichter das Vollzugsinteresse des Staates höher zu gewichten als das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin, so dass § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) weiter anzuwenden sei. Ernstliche Bedenken (Zweifel) an der Rechtmäßigkeit konnte das Gericht insofern nicht erkennen.
Abwägung Aussetzungsinteresse vs. öffentliches Interesse
Der Steuerpflichtige müsse ein besonderes berechtigtes Interesse an der Aussetzung der Vollziehung darlegen, wonach das öffentliche Interesse an der Fortgeltung jedes formell verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetzes bis zu einer Entscheidung des BVerfG gegen das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung abzuwägen ist. Dies war auch der wesentliche Kern der Urteilsfindung.
Ein Vorrang des Aussetzungsinteresses vor den öffentlichen Interessen bestehe nur in bestimmten Fällen. Nämlich u. a. erstens dann, wenn das BVerfG eine ähnliche Vorschrift für nichtig erklärt hatte oder - zweitens - wenn dem Steuerpflichtigen durch den sofortigen Vollzug irreparable Nachteile drohen.
Erstens: Das BVerfG habe die Vorschrift des § 8c Satz 1 KStG (beziehungsweise jetzt: § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG) aber nicht für nichtig erklärt, sondern dem Gesetzgeber aufgegeben, den Verfassungsverstoß bis zum 31. Dezember 2018 rückwirkend mit Geltung ab dem 1. Januar 2008 zu beseitigen; nur im Falle, dass der Gesetzgeber dieser Verpflichtung nicht nachkommen sollte, tritt die Nichtigkeit des Gesetzes ein.
Zweitens: Dass der Antragstellerin im Falle des sofortigen Vollzugs irreparable - und über die Steuerzahlung hinaus gehende – Nachteile drohen, habe diese selbst nicht behauptet. Demgegenüber bestehe wegen der finanziellen Auswirkungen (von Mehreinnahmen in erheblicher Milliardenhöhe) ein hoch zu bewertendes öffentliches Interesse am Vollzug von diesbezüglichen Steuerbescheiden. Auch wenn, so die Finanzrichter abschließend, der erwartete Betrag der Mehreinnahmen nicht allein mit der Anwendung von § 8 c Abs. 2 Satz 2 KStG generiert werden könne, handelt es sich unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sich die finanziellen Auswirkungen bis zum Vorliegen einer Entscheidung des BVerfG über etliche Jahre aufsummieren könnten, um Steuereinnahmen „beachtlichen Ausmaßes“.
Update (5. September 2019)
Der Beschluss 12 V 1531/18 des Finanzgerichts Düsseldorf ist rechtskräftig. Die Beschwerde wurde durch BFH-Beschluss I B 67/18 vom 4. Februar 2019 als unbegründet zurückgewiesen. Genau wie das Finanzgericht thematisiert der BFH die umstrittene Frage, ob ein unterjähriger Beteiligungserwerb zu einem Wegfall laufender gewerbesteuerlicher Verluste führt, nicht. Zum Verlustuntergang in dem betroffenen Fall führt der BFH lediglich aus: "Zwischen den Beteiligten ist nicht im Streit, dass das FG in seinem Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2010 vom 24. Mai 2017 § 10a Satz 10 GewStG i.V.m. § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG dem eindeutigen Wortlaut nach zutreffend angewendet hat. Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids können sich alleine aus dem Umstand ergeben, dass § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verstoßen könnte."
Fundstelle
Finanzgericht Düsseldorf, Beschluss vom 15. Oktober 2018 - 12 V 1531/18 A (G, F); die Beschwerde wurde zugelassen, aber durch BFH-Beschluss I B 67/18 vom 4. Februar 2019 als unbegründet zurückgewiesen.