Rückgängigmachung von nicht angezeigten Erwerbsvorgängen führt nicht zur Aufhebung der Grunderwerbsteuerfestsetzung

Wird ein Erwerbsvorgang i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) zwar innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer rückgängig gemacht, war er aber nicht ordnungsgemäß angezeigt worden, schließt § 16 Abs. 5 GrEStG den Anspruch auf Nichtfestsetzung der Steuer oder Aufhebung der Steuerfestsetzung aus.

Ist nach § 17 Abs. 2, 3 GrEStG eine gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vorzunehmen, ist der Erwerbsvorgang gegenüber dem dafür zuständigen Finanzamt anzuzeigen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Der Kläger erwarb im Jahr 2011 71 % der Anteile an einer grundbesitzenden GmbH, an der er zum Zeitpunkt des Anteilserwerbs bereits mit 29 % beteiligt war. Der beurkundende Notar übersandte jeweils eine Abschrift des beurkundeten Vertrages an die Finanzämter A und B, in deren Bezirken die jeweiligen Grundstücke belegen waren (Lagefinanzämter, § 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO)).

Das Finanzamt C, in dessen Bezirk sich der Ort der Geschäftsleitung der GmbH befand, erfuhr von den Vorgängen durch ein Schreiben des Finanzamtes A. Nach einer Außenprüfung gelangte das Finanzamt C zu der Erkenntnis, dass durch den Erwerb der Anteile der Tatbestand nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfüllt und es für die Erstellung des Feststellungsbescheids nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG zuständig sei.

Im Jahr 2013 verlegte die GmbH ihren Sitz in den Zuständigkeitsbereich von Finanzamt B, wovon Finanzamt C nachweislich erfahren hatte. Nach der Sitzverlegung stellte das FA C die Besteuerungsgrundlagen für den Erwerb der Grundstücke aufgrund der Anteilsvereinigung gesondert fest.

Gegen den Bescheid erhob der Kläger Einspruch, mit der Begründung, dass 2012 ein Rückerwerb von 9 % der Anteile durch den früheren Anteilseigner erfolgt war. Das Finanzamt C wies den Einspruch als unbegründet zurück, da keine ordnungsgemäße Anzeige des Anteilserwerbs gegenüber dem Finanzamt C erfolgt war.

Die Klage vor dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg hatte Erfolg. Das Finanzgericht vertrat die Auffassung, dass eine Anzeige gegenüber den Lagefinanzämtern ausreichend für die Fristwahrung sei.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat der Revision des Finanzamtes stattgegeben und die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben.

Der Erwerb der Anteile der anderen Gesellschafter durch notariell beurkundeten Vertrag im Jahr 2011 erfüllt den Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG, da mindestens 95 % der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Klägers vereinigt werden.

Die Besteuerungsgrundlagen waren nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG gesondert festzustellen, weil die GmbH über Grundbesitz verfügt, der außerhalb des Zuständigkeitsbereiches ihres Sitzfinanzamts belegen ist.

Der nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG steuerbare Erwerbsvorgang wurde im Streitfall rückgängig gemacht. Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 27.11.2012 hat der frühere Gesellschafter seinen Anteil an der GmbH in Höhe von 9 % zurückerworben. Ab diesem Zeitpunkt war der Kläger nicht mehr mit mindestens 95 % an der grundbesitzenden GmbH beteiligt.

Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts steht der Rückgängigmachung nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG entgegen, dass der ursprüngliche Erwerbsvorgang nicht ordnungsgemäß angezeigt wurde (§ 16 Abs. 5 GrEStG).

Nach § 18 Abs. 5 GrEStG und § 19 Abs. 4 GrEStG sind die Anzeigen an das für die Besteuerung in den Fällen des § 17 Abs. 2 und 3 GrEStG an das für die gesonderte Feststellung zuständige Finanzamt (Sitzfinanzamt) zu richten. Die Anzeige gegenüber den Finanzämtern, in deren Bezirk die Grundstücke belegen sind, reichte zur Erfüllung der Anzeigepflicht nicht aus, denn diese waren nicht für die gesonderte Feststellung zuständig.

Der angefochtene Feststellungsbescheid ist nicht aufzuheben, weil das Finanzamt C zum Zeitpunkt des Erlasses wegen der Sitzverlegung der GmbH nicht mehr zuständig war, denn es hätte keine andere Entscheidung in der Sache getroffen werden können.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 22. Mai 2019, (II R 24/16), veröffentlicht am 24. Oktober 2019.

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