Tatsächliche Durchführung eines Ergebnisabführungsvertrages
Das Finanzgericht Schleswig-Holstein hat entschieden, dass ein Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag (EAV) nicht gem. §§ 17 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz, 14 Abs. 1 Nr. 3 Körperschaftsteuergesetz (KStG) tatsächlich durchgeführt wird, wenn der gegen die Organträgerin bestehende Anspruch auf Verlustübernahme in der Bilanz der Organgesellschaft nicht ausgewiesen wird – und zwar auch dann, wenn (wie im vorliegenden Fall) die Zahlung des Verlustausgleichbetrages tatsächlich erfolgt.
Sachverhalt
Sämtliche Geschäftsanteile der Klägerin werden von der B-GmbH gehalten. Zwischen der Klägerin und der B-GmbH wurde ein EAV geschlossen, mit dem sich die Klägerin der geschäftlichen Leitung der B-GmbH unterwarf.
Im Jahr 2013 erwirtschaftete die Klägerin einen Verlust, welcher in 2015 von der B-GmbH durch Überweisung auf das Konto der Klägerin ausgeglichen wurde. Der Anspruch der Klägerin auf Ausgleich des Verlustes wurde weder bei der Klägerin noch bei der B-GmbH bilanziell ausgewiesen.
Mit Verweis auf den nicht erfolgten bilanziellen Ausweis erkannte das Finanzamt den EAV nicht an.
Richterliche Entscheidung
Die Klage vor dem Finanzgericht blieb ohne Erfolg.
Ein EAV werde nur dann tatsächlich durchgeführt, wenn der Gewinn tatsächlich an den Organträger abgeführt und der Verlust tatsächlich von ihm übernommen werde. Regelmäßig vollziehe sich dies in zwei Stufen: zunächst durch den bilanziellen Ausweis der entsprechenden Forderung/Verbindlichkeit in den Jahresabschlüssen von Organgesellschaft und -trägerin entsprechend den diesbezüglichen gesetzlichen Vorgaben (nämlich §§ 266 Abs. 2 B. II. Nr. 2, 277 Abs. 3 Satz 2 Handelsgesetzbuch (HGB) für den Verlustausgleichsanspruch), sodann habe auf der zweiten Stufe ein Erfüllungsakt zu erfolgen.
Da im Entscheidungsfall die Beteiligten schon auf der ersten Stufe den Verlustausgleichsanspruch in ihren Jahresabschlüssen nicht ausgewiesen hatten, könne der EAV bereits deshalb nicht als tatsächlich durchgeführt angesehen werden.
Zwar reiche der bilanzielle Ausweis allein nicht aus, um die tatsächliche Durchführung eines EAV bejahen zu können, er sei jedoch deren Grundvoraussetzung.
Die Fiktion des § 14 Abs. 1 Nr. 3 Satz 4 KStG greife nicht, denn das Nichtbilanzieren der Ausgleichsansprüche stelle keinen fehlerhaften Bilanzansatz im Sinne der Vorschrift dar. Der Durchführungsmangel könne auch nicht als geringfügig vernachlässigt werden. Selbst wenn aus Gründen der Verhältnismäßigkeit zwischen geringfügigen und bedeutsamen Durchführungsfehlern zu unterscheiden sein sollte, so stelle die Nichtbilanzierung keinen nur geringfügigen Mangel dar. Vielmehr sei der bilanzielle Ausweis des Ausgleichanspruchs gerade die Grundvoraussetzung für eine tatsächliche Durchführung des EAV. Angesichts der Publikationswirkung des Jahresabschlusses dokumentiere eine Organgesellschaft durch den Ausweis ihrer Ausgleichsforderung nach außen, dass eine solche gegenüber der Organträgerin bestehe, bzw. bei Nichtausweis eben nicht bestehe.
Daran ändere sich auch dann nichts, wenn alle am EAV Beteiligten (im Innenverhältnis) übereinstimmend vom Bestehen des Anspruchs ausgingen und/oder wenn eine Ausgleichszahlung tatsächlich erfolge. Denn diese stehe in Widerspruch zu den Jahresabschlüssen der beteiligten Gesellschaften und könne schon deshalb nicht von maßgeblicher Bedeutung sein.
Fundstelle
Finanzgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 6. Juni 2019 (1 K 113/17); siehe auch den Newsletter des Finanzgerichts Schleswig-Holstein für IV/2019; die Revision ist beim BFH unter dem Az. I R 37/19 anhängig.