Veräußerungskosten grundsätzlich keine vorab entstandenen Werbungskosten

Veräußert der Steuerpflichtige eine private, zuvor nicht vermietete Immobilie, um sich die nötigen Geldmittel für die Anschaffung eines Vermietungsobjekts zu verschaffen, sind die Veräußerungskosten grundsätzlich nicht als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar.

Eine den Veräußerungszusammenhang überlagernde und diese verdrängende Veranlassung durch die beabsichtigte Vermietung ist jedenfalls dann nicht anzunehmen, wenn sich der Steuerpflichtige ohne wirtschaftlichen oder rechtlichen Zwang zur Veräußerung entschlossen hat und er auch über die Verwendung des Veräußerungserlöses frei disponieren kann (Abgrenzung zu Senatsurteil vom 11.2.2014, IX R 22/13, BFH/NV 2014, 1195).


Sachverhalt


Die Klägerin war seit 1994 Eigentümerin eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks. Das Grundstück hatte ihr ihr Vater unter Vorbehalt des lebenslänglichen Nießbrauchs übertragen. In dem Haus wohnten die Eltern der Klägerin. Im Mai 2013 erwarb sie eine noch zu errichtende Eigentumswohnung. Der Kaufpreis in Höhe von 172.900 EUR sollte nach Baufortschritt bezahlt werden. Die Klägerin wollte die Wohnung nach Fertigstellung an ihre Eltern vermieten. Zur Finanzierung des Kaufpreises für die Wohnung nahm die Tochter zwei Darlehen auf. Ein Darlehen (60.000 EUR) war tilgungsfrei und am 31.8.2014 in voller Höhe zur Rückzahlung fällig. Sie hatte dem Kreditinstitut in Aussicht gestellt, bis zu diesem Termin das noch von den Eltern bewohnte Grundstück veräußert zu haben und aus dem Erlös das Darlehen von 60.000 EUR tilgen zu wollen.


Mit notariellem Kaufvertrag v. 18.10.2013 veräußerte die Klägerin das Hausgrundstück zum Preis von 77.500 EUR. Die Erwerber leisteten jedoch weder den Kaufpreis noch die Beurkundungskosten. Mit anwaltlicher Unterstützung gelang es der Klägerin dann vom Kaufvertrag zurückzutreten. Für ihre anwaltliche Vertretung zahlte sie im Streitjahr 1.168,87 EUR und als Zweitschuldnerin an den Notar 423,67 EUR.
Am 16.5.2014 wurde die Eigentumswohnung bezugsfertig. Mit Vertrag v. 15.6.2014 vermietete die Tochter die Wohnung an ihre Eltern, die dort auch einzogen.


Mit notariellem Kaufvertrag v. 11.7.2014 veräußerte die Klägerin das Hausgrundstück zum Preis von 75.000 EUR an andere Erwerber. Für die Vermittlung durch eine Immobilienmaklerin bezahlte die Klägerin 2.677,50 EUR. Die Erwerber leisteten den Kaufpreis und die Klägerin zahlte davon das am 31.8.2014 fällig werdende Darlehen (60.000 EUR) in voller Höhe zurück.


In ihrer Einkommensteuererklärung für 2014 machte die Klägerin u.a. die im Zusammenhang mit dem Verkauf des Hausgrundstücks angefallenen Kosten von zusammen 4.270,04 EUR als Werbungskosten bei den Einkünften aus der Vermietung der neu angeschafften Wohnung geltend.


Das Finanzamt berücksichtigte die streitigen Aufwendungen jedoch nicht und setzte die Einkommensteuer entsprechend höher fest.
Der dagegen mit Zustimmung des Finanzamts erhobenen Sprungklage gab das Finanzgericht Köln mit Urteil v. 21.3.2018 (Az. 3 K 2364/15) statt. Auf Hinweis des Gerichts hatte die Klägerin in der mündlichen Verhandlung nur noch beantragt, weitere Werbungskosten von insgesamt 3.375 EUR zu berücksichtigen, da sie den Veräußerungserlös nur teilweise zum Erwerb des Vermietungsobjekts eingesetzt habe.

Zurechnung zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung kommt nicht in Betracht

Aufgrund der Revision des Finanzamts hat der BFH das Urteil des Finanzgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Ausführungen des Finanzgerichts halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Nach § 9 Abs. 1 S: 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen. Sie sind nach § 9 Abs. 1 S. 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie durch sie veranlasst sind. Eine derartige Veranlassung liegt vor, wenn (objektiv) ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der auf Vermietung und Verpachtung gerichteten Tätigkeit besteht und (subjektiv) die Aufwendungen zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden. Maßgeblich ist danach, ob bei wertender Beurteilung das auslösende Moment für das Entstehen der Aufwendungen der einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre zuzuordnen ist.


Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der (beabsichtigten) Veräußerung einer privaten Immobilie anfallen, zählen danach grundsätzlich zu den Veräußerungskosten. Veräußerungskosten können sich steuerlich im Anwendungsbereich von § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG auswirken, sie können jedoch nicht als Werbungskosten bei einer anderen Einkunftsart abgezogen werden. Das zeigt sich insbesondere, wenn das veräußerte Grundstück vermietet war. Insofern kommt eine Zurechnung zu den (ehemaligen) Einkünften aus Vermietung und Verpachtung grundsätzlich nicht in Betracht. Entsprechendes gilt im Grundsatz auch, wenn der Steuerpflichtige eine private und zuvor nicht vermietete Immobilie veräußert, um sich die nötigen Geldmittel für die Anschaffung eines Vermietungsobjekts oder einer anderen Einkunftsquelle zu verschaffen. Ist die Frist gem. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG bereits abgelaufen, handelt es sich um eine Umschichtung im nicht steuerbaren Vermögensbereich. Damit zusammenhängende Aufwendungen wirken sich steuerlich nicht aus.

Sonderfall

Von obigen Grundsätzen hat der erkennende Senat unter sehr engen Voraussetzungen eine Ausnahme gemacht und in einem Sonderfall die für den Verkauf einer Vermietungsimmobilie angefallenen Maklerkosten als Werbungskosten bei der Vermietung anderer Objekte zum Abzug zugelassen (BFH, Urteil v. 11.2.2014, IX R 22/13). Eine die Zuordnung zu den Veräußerungskosten überlagernde und diese verdrängende Veranlassung durch die Erzielung von Vermietungseinkünften sei dann anzunehmen, wenn „ausschließlicher Grund für die Beauftragung des Maklers das Erzielen liquider Mittel für eine Entschuldung ist, um mit Hilfe der dadurch möglichen Darlehenstilgung es weiterhin zu ermöglichen, aus den damit entschuldeten Objekten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen". Danach müssen die Veräußerung und die dadurch ermöglichte (teilweise) Entschuldung conditio sine qua non für die Fortsetzung der Vermietungstätigkeit und das Erzielen steuerpflichtiger Einkünfte sein.


Eine vergleichbare Sachlage ist im Streitfall allerdings nicht gegeben:

  • Die Klägerin war nach den tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts nicht wirtschaftlich gezwungen, das Hausgrundstück zu veräußern, um die Eigentumswohnung anschaffen zu können.
  • Sie hat die Zwischenfinanzierung über 60.000 EUR offenbar erhalten, ohne das Hausgrundstück dinglich belasten zu müssen.
  • Die Klägerin musste sich nicht entschulden, um (weiterhin) Vermietungseinkünfte erzielen zu können. Sie hat sich vielmehr ohne jeden wirtschaftlichen Zwang dazu entschlossen, das Haus zu verkaufen und das frei gewordene Kapital in die neue Eigentumswohnung zu investieren.

Unter diesen Umständen ist eine den Veräußerungszusammenhang überlagernde und diesen verdrängende Veranlassung durch die Erzielung von Einkünften nicht anzunehmen. Es handelt sich vielmehr um eine Umschichtung im nicht steuerbaren Vermögensbereich. Die Veräußerungskosten, zu denen auch die Aufwendungen gehören, die angefallen sind, um den gescheiterten ersten Verkauf rückabzuwickeln und einen weiteren Verkauf zu ermöglichen, wirken sich daher nicht aus.


Fundstelle

BFH-Urteil vom 29. Oktober 2019 (IX R 22/18), veröffentlicht am 9. Januar 2020.

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