Finanzministerium lehnt die Verschiebung der Meldefristen für grenzüberschreitende Steuergestaltungen ab
Auf der Bundespressekonferenz vom 6. Juli 2020 hat eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums überraschend bekanntgegeben, dass Deutschland nach der Entscheidung des Finanzministers nicht von der durch eine EU-Richtlinie eingeräumten Möglichkeit der Verlängerung der Meldefristen Gebrauch machen wird.
Meldefristen für Steuergestaltungen bleiben unverändert
In ihrer Sitzung am 8. Mai hatte die Europäische Kommission beschlossen, dem Rat vor dem Hintergrund der Corona-Krise einen Vorschlag zur Verschiebung der in der Richtlinie 2011/2016/EU vorgesehenen erstmaligen Meldezeitpunkte vorzulegen (siehe unseren Newsflash vom 11. Mai). Nach Erzielung einer politischen Einigung am 3. Juni wurde von den Mitgliedstaaten schließlich eine Änderungsrichtlinie verabschiedet, die am 27. Juni in Kraft getreten ist. Sowohl das Europäische Parlament als auch der Rat der Europäischen Union hatten der Richtlinie zugestimmt.
Die "Richtlinie (EU) 2020/876 DES RATES vom 24. Juni 2020 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU, um der dringenden Notwendigkeit einer Verlängerung bestimmter Fristen für die Vorlage und den Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung infolge der COVID-19-Pandemie Rechnung zu tragen" ermöglicht den Mitgliedstaaten eine Verschiebung der Fristen für die (erstmalige) Meldung meldepflichtiger Gestaltungen um 6 Monate. Demnach wären meldepflichtige Gestaltungen des Übergangszeitraums (erster Umsetzungsschritt in der Zeit vom 25. Juni 2018 bis 30. Juni 2020) bis zum 28. Februar 2021, statt bis zum 31. August 2020 zu melden. Für „Neugestaltungen“, bei denen das fristauslösende Ereignis in der Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2020 eintritt, würde die 30-tägige Meldefrist nicht vor dem 1.1.2021 beginnen.
Seit Beginn dieser Diskussion hatten Äußerungen aus Politik und Verwaltung keinen Zweifel aufkommen lassen, dass Deutschland einer auf EU-Ebene vereinbarten Regelung folgen würde. Mit Blick auf eine zügige Umsetzbarkeit hatte der Gesetzgeber sogar im Corona-Steuerhilfegesetz das Bundesfinanzministerium ermächtigt, die unionsrechtlichen Bestimmungen im Wege eines BMF-Schreibens umzusetzen.
Nach der Bundespressekonferenz steht nun jedoch überraschend fest, dass die Verlängerungsoption durch Deutschland nicht in Anspruch genommen wird. Dem Vernehmen nach soll selbst die im Entwurf eines Anwendungsschreibens vom 2. März 2020 noch vorgesehene Regelung nicht umgesetzt werden, nach der es unbeanstandet bleibt, wenn vor dem 1. September 2020 zu meldende Gestaltungen bis zum 30. September 2020 gemeldet werden.
Bislang haben sich 21 Mitgliedstaaten für eine Verschiebung auf Grundlage der Richtlinie entschieden und mit Finnland und Österreich nur zwei dagegen. Umso mehr überrascht die für Deutschland getroffene Entscheidung.
Weiteres Vorgehen
Das BMF-Schreiben zur Anwendung der Meldepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen wird derzeit final abgestimmt und voraussichtlich noch im Juli veröffentlicht.
In Folge der aufgezeigten Entwicklungen sind Gestaltungen ab dem 1. Juli 2020 innerhalb der 30-tägigen Meldefrist und Gestaltungen des Übergangszeitraums (erster Umsetzungsschritt in der Zeit vom 25. Juni 2018 bis 30. Juni 2020) bis zum 31 August 2020 unverändert zu melden.