Keine Anerkennung interner Darlehen zwischen Trägerkörperschaft und BgA zur Refinanzierung wesentlicher Betriebsgrundlagen

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass die Rechtsprechung, wonach interne Miet- oder Pachtverträge zwischen einer Trägerkörperschaft und ihrem BgA über wesentliche Betriebsgrundlagen des BgA steuerrechtlich unbeachtlich sind, sinngemäß auch auf sog. interne Darlehen anzuwenden ist, die zur Finanzierung der aus Eigenmitteln der Trägerkörperschaft bestrittenen Anschaffungs- oder Herstellungskosten wesentlicher Betriebsgrundlagen des BgA vereinbart wurden.

Sachverhalt

Der Kläger ist ein kommunaler Zweckverband, dem der Kreis S die ihm nach dem Abfallwirtschaftsgesetz zugewiesenen hoheitlichen Aufgaben der Abfallentsorgung übertragen und mit weiterem Vertrag eine von S als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger zur Sicherung einer geordneten und wirtschaftlichen Abfallentsorgung errichtete Deponie inklusive der wesentlichen Bestandteile/Einrichtungen entgeltlich zur Verfügung gestellt hatte.

Bis 2000 nutzte der Kläger die Deponie ausschließlich zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben, danach auch für gewerbliche Einlagerungen. Soweit der Kläger im Rahmen der Abfallentsorgung bzw. –verwertung nicht hoheitlich tätig wurde, führte er die Tätigkeit im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art (BgA) "Gewerbeservice" durch.

Zum 31. Mai 2005 entfiel aufgrund geänderter rechtlicher Rahmenbedingungen die Möglichkeit, die Deponie für die Einlagerung von Hausmüll zu verwenden. Der Kläger entschied daraufhin, die in seinem Eigentum stehenden und aus Eigenmitteln finanzierten Deponieanlagen (immaterielle Vermögensgegenstände und Sachanlagen) mit Wirkung vom 01. Januar 2006 im Wege einer Einlage auf den BgA zu übertragen. Der von dem Kläger angesetzte Einlagewert zum 31. Dezember 2005 entsprach dem Teilwert der eingelegten Wirtschaftsgüter. Die Einlage wurde zu 20 % als (unentgeltliche) Einlage von Eigenkapital und zu 80 % auf der Grundlage eines sog. internen und mit 4 % verzinslichen Darlehens als entgeltliche Vermögensübertragung qualifiziert.

Mit seinen Steuererklärungen machte der Kläger für den BgA Zinsen als Betriebsausgaben nur insoweit geltend, als diese auf einen Fremdkapitalanteil von 70 % entfielen.

Nach einer Außenprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die Deponie als wesentliche Betriebsgrundlage notwendiges Betriebsvermögen des BgA geworden und daher bei dem BgA zu aktivieren sei. Die Aufteilung in eine "Einlage mit Eigenkapitalcharakter" und eine "Einlage mit Darlehenscharakter" sei nicht möglich. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei im Fall einer Verpachtung wesentlicher Betriebsgrundlagen an den BgA das Pachtentgelt, soweit es die Kosten der Trägerkörperschaft übersteige, beim BgA dem Einkommen als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes in der in den Streitjahren (2006 und 2007) geltenden Fassung (KStG) hinzuzurechnen. Die für diese Rechtsprechung maßgeblichen Erwägungen seien auch in Fällen zu berücksichtigen, in denen die Überlassung des Wirtschaftsgutes an den BgA gegen Gewährung eines internen Darlehens erfolge.

Die hiergegen gerichtete Klage vor dem Finanzgericht Schleswig-Holstein hatte Erfolg.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat der Revision stattgegeben und die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben.

Das Finanzgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die vom Kläger beim BgA als Betriebsausgaben berücksichtigten Darlehenszinsen 2006 und 2007 steuerlich anzuerkennen sind.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Minderungen des Betriebsvermögens eines BgA zugunsten des übrigen Vermögens seiner Trägerkörperschaft bei der Gewinnermittlung nach den Grundsätzen zu beurteilen, die für Leistungen einer Kapitalgesellschaft an ihren Alleingesellschafter gelten. Es wird somit bei der Gewinnermittlung fingiert, der BgA sei ein selbständiges Steuerrechtssubjekt in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft und die Trägerkörperschaft sei deren Alleingesellschafterin.

Daher sind (interne) Vereinbarungen zwischen der Trägerkörperschaft und ihrem BgA bei der Gewinnermittlung grundsätzlich zu beachten, wenn die Vereinbarung --unterstellt, sie wäre zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter abgeschlossen worden-- auch bei der Besteuerung der Kapitalgesellschaft zu beachten wäre.

Eine Ausnahme gilt indessen für Vereinbarungen, aufgrund derer eine Trägerkörperschaft ihren BgA mit Miet- oder Pachtzinsen für Wirtschaftsgüter belastet, die der Trägerkörperschaft gehören und wesentliche Betriebsgrundlagen des BgA sind. Derartige Vereinbarungen dürfen nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden, da sonst der Zweck des § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG, die Betriebe der öffentlichen Hand gegenüber den Gewerbebetrieben der Privatwirtschaft steuerlich nicht zu begünstigen, vereitelt würde.

Die zu vermeidende Begünstigung besteht darin, dass die Trägerkörperschaft bei steuerrechtlicher Berücksichtigung der Vereinbarung den durch den BgA erzielten Gewinn um die Miet- oder Pachtzinsen mindern könnte und diese in der Regel nicht versteuern müsste, während der Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft, der der Gesellschaft wesentliche Betriebsgrundlagen vermietet oder verpachtet, nach den Grundsätzen der Betriebsaufspaltung die durch die Vermietung oder Verpachtung erzielten Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb versteuern muss. Soweit die Minderung des dem BgA gewidmeten Vermögens auf Vereinbarungen beruht, die der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden dürfen, wird die Vermögensminderung bei der Gewinnermittlung wie eine vGA behandelt (z.B. BFH-Urteil vom 24.04.2002 - I R 20/01).

Die vorgenannte Rechtsprechung, wonach interne Miet- oder Pachtverträge zwischen einer Trägerkörperschaft und ihrem BgA über wesentliche Betriebsgrundlagen des BgA steuerrechtlich unbeachtlich sind, ist --entgegen der Rechtsauffassung des Finanzgerichts-- sinngemäß auch auf interne Darlehen anzuwenden, die zur Finanzierung der aus Eigenmitteln der Trägerkörperschaft bestrittenen Anschaffungs- oder Herstellungskosten wesentlicher Betriebsgrundlagen des BgA vereinbart wurden. Zwar hat der Senat dies bisher offen gelassen; er hat aber bereits ausgeführt, dass die der zitierten Rechtsprechung zugrunde liegenden Erwägungen "dafür sprechen könnten", auch sog. internen Darlehen die Anerkennung zu versagen.

Es ist zwar zutreffend, dass interne Darlehensvereinbarungen zwischen dem BgA und der Trägerkörperschaft grundsätzlich der Besteuerung zugrunde zu legen sind, soweit sie --unterstellt, sie wären zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter abgeschlossen worden-- bei der Besteuerung der Kapitalgesellschaft zu beachten wären. Daher steht es der Trägerkörperschaft auch grundsätzlich frei, ob sie ihrem BgA Kapital als Fremdkapital überlässt oder durch Einlagen als Eigenkapital zuführt.

Die vorgenannten Grundsätze gelten aber dann nicht, wenn interne Darlehen --wie im Streitfall-- der Refinanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten wesentlicher und zuvor mit Eigenmitteln erworbener Betriebsgrundlagen des BgA dienen. Würde man dies anerkennen, so würde der Zweck des § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG, die Betriebe der öffentlichen Hand gegenüber den Gewerbebetrieben der Privatwirtschaft steuerlich nicht zu begünstigen, vereitelt.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 10. Dezember 2019 (I R 24/17), veröffentlicht am 23. Juli 2020.

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