Keine Steuerermäßigungen nach § 35a EStG bei Anwendung des gesonderten Steuertarifs für Einkünfte aus Kapitalvermögen

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass die gemäß § 32d Abs. 3 und 4 EStG veranlagte und dem gesonderten Tarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen unterliegende Einkommensteuer nicht nach § 35a EStG ermäßigt werden kann.

Sachverhalt

Streitig ist, ob Steuerermäßigungen gemäß § 35a Einkommensteuergesetz (EStG) die Steuer, welche sich aus der Anwendung des gesonderten Steuertarifs für Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 32d Abs. 1, 3 und 4 EStG ergibt, mindern.

Die Klägerin erzielte im Streitjahr (2014) Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus Vermietung und Verpachtung sowie sonstige Einkünfte. Die Summe der Einkünfte sowie das zu versteuernde Einkommen waren negativ. Daneben erzielte die Klägerin (positive) Einkünfte aus Kapitalvermögen. Ein Teil dieser Einkünfte unterlag dem Kapitalertragsteuerabzug gemäß § 43 EStG. Im Übrigen sind sie gemäß § 32d Abs. 3 EStG in die Einkommensteuerfestsetzung der Klägerin mit dem gesonderten Steuertarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG eingegangen.

In ihrer Steuererklärung für das Streitjahr machte die Klägerin zudem Aufwendungen für sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen im Privathaushalt in Höhe von 25.379 €, für haushaltsnahe Dienstleistungen in Höhe von 424 € und für Handwerkerleistungen in Höhe von 6.482 € geltend. Zudem beantragte sie die Günstigerprüfung für sämtliche Kapitalerträge sowie eine Überprüfung des Steuereinbehalts für bestimmte Kapitalerträge.

Das Finanzamt veranlagte die Klägerin ohne Berücksichtigung von Steuerermäßigungen gemäß § 35a EStG zur Einkommensteuer. In den Erläuterungen des Bescheids teilte er der Klägerin mit, die Günstigerprüfung habe ergeben, dass die Besteuerung nach dem allgemeinen Tarif nicht günstiger sei.

Die Klägerin vertrat die Auffassung, dass ihr nach § 35a EStG ein Ermäßigungsbetrag in Höhe von 5.200 € zustehe. Bei der Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer sei dieser Betrag im Wege der Kürzung zu berücksichtigen.

Die Klage vor dem Finanzgericht Hamburg blieb ohne Erfolg.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat sich in der Sache selbst der Entscheidung der Vorinstanz angeschlossen und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin kann die Steuerermäßigung nach § 35a EStG nicht beanspruchen. Zwar hat sie Aufwendungen für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse, haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen getätigt. Gleichwohl kommt eine Ermäßigung der tariflichen Einkommensteuer vorliegend nicht in Betracht.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die gemäß § 32d Abs. 3 und 4 EStG "veranlagte" und dem gesonderten Tarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 32d Abs. 1 EStG unterliegende Einkommensteuer nicht (Bestand-)Teil der tariflichen Einkommensteuer.

Vielmehr ist diese um die Einkommensteuer auf Kapitalerträge gemäß § 32d EStG zu erhöhen (§ 32d Abs. 3 Satz 2 EStG). Dem entspricht die Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer in § 2 Abs. 6 EStG.

Danach ist die tarifliche Einkommensteuer u.a. um Steuerermäßigungen zu vermindern und um die Steuer nach § 32d Abs. 3 und 4 EStG zu vermehren.

Daraus wird deutlich, dass die auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen entfallende, gesondert zu ermittelnde Steuer nicht der tariflichen Einkommensteuer zugehört, sondern lediglich eine Maßgröße für die Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer ist.

In die Besteuerung nach dem allgemeinen Tarif und damit in die tarifliche Einkommensteuer gehen Einkünfte aus Kapitalvermögen nur im Rahmen der sogenannten Günstigerprüfung ein (§ 32d Abs. 6 EStG).

Fundstelle

BFH, Beschluss vom 28. April 2020 (VI R 54/17), veröffentlicht am 30. Juli 2020.

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