Keine Befreiung von der Belegausgabepflicht für eine auf einem Hauptbahnhof betriebene Bäckereifiliale

Einstweiliger Rechtsschutz gegen die Belegausgabepflicht nach § 146a Abs. 2 Satz 1 AO ist im Rahmen des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erlangen.

Die Befreiung von der Belegausgabepflicht steht im Ermessen der Finanzbehörde und setzt voraus, dass die Erfüllung der Verpflichtung dem betroffenen Unternehmer unzumutbar sein muss. Darüber hinaus muss die Einhaltung der durch § 146a Abs. 2 Satz 1 AO auferlegten Belegausgabepflicht Härten mit sich bringen und die Besteuerung darf durch die Erleichterung nicht beeinträchtigt werden. Dies hat das Finanzgericht Sachsen entschieden.

Sachverhalt

Das Anliegen der Antragstellerin ist die Befreiung von der Belegausgabepflicht einer auf einem Hauptbahnhof betriebenen Bäckereifiliale.

Richterliche Entscheidung

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, die Antragstellerin vorläufig von der Belegausgabepflicht nach § 146a Abs. 2 Satz 1 Abgabenordnung (AO) zu befreien, blieb vor dem Finanzgericht Sachsen ohne Erfolg.

Eine Härte im Sinne des § 148 AO setzt eine Pflicht von einigem Gewicht voraus, deren Erfüllung dem Steuerpflichtigen nicht nur lästig sein darf, weil die Belastungen grundsätzlich alle Steuerpflichtigen in gleicher Weise treffen. Bloße Erschwerungen des Betriebsablaufs oder Kostennachteile reichen nicht aus. Vielmehr muss die Pflicht für den Steuerpflichtigen im konkreten Einzelfall unzumutbar sein. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Erfüllung der jeweiligen gesetzlichen Pflichten zumutbar ist.

Zwar könnte eine durch die Belegausgabe entstehende Umsatzbeeinträchtigung, weil eine Warteschlange entstehen oder sich verlängern würde, die Unzumutbarkeit der Belegausgabe grundsätzlich begründen. Freilich wird dies angesichts der Pflicht zur Verwendung eines modernen Aufzeichnungssystems nur ausnahmsweise der Fall sein und bedürfte jedenfalls einer genauen und substantiierten Darlegung der genauen Abläufe im Betrieb des Steuerpflichtigen und des Ausmaßes der Beeinträchtigungen.

Für sich allein nicht ausreichend ist jedenfalls, der Umstand, dass die Antragstellerin Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen verkauft. Ebenfalls nicht näher substantiiert, sondern nur pauschal behauptet hat die Antragstellerin, die große Vielzahl an Verkaufsvorgängen verzögere sich durch die Belegausgabepflicht und die Entsorgung der von der Kundschaft abgelehnten Belege.

Nach Auffassung des Finanzgerichts war nichts für eine Unzumutbarkeit der Belegausgabe auf Seiten der Antragstellerin ersichtlich. Maßgeblich hierfür ist auch, dass die Belegausgabepflicht nach § 146a Abs. 2 Satz 1 AO seit dem 01. Januar 2020 nicht nur die Antragstellerin trifft, sondern in gleicher Weise eine unbestimmte Vielzahl anderer Steuerpflichtiger, die sich in einer vergleichbaren Lage wie die Antragstellerin befinden und in gleicher Weise mit der Belegausgabepflicht belastet sind.

Die mit der Belegausgabepflicht unzweifelhaft verbundenen Erschwerungen des Betriebsablaufs betreffen alle Steuerpflichtigen gleichermaßen, die – wie die Antragstellerin – ein Aufzeichnungssystem i.S. von § 146a Abs. 1 Satz 1 AO einsetzen. Sie sind vom Gesetzgeber bewusst und „sehenden Auges” in Kauf genommen worden, um das mit der Maßnahme verfolgte Ziel einer „verstärkten Transparenz” zu erreichen. Über Sinn oder Unsinn der gesetzlichen Regelung habe das Finanzgericht nicht zu befinden.

Im Übrigen hat die Antragstellerin auch keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin infolge der Belegausgabepflicht in eine wirtschaftliche Notlage geraten würde, die geeignet wäre, die erforderliche Dringlichkeit einer vorläufigen Regelung glaubhaft zu machen.

Der Beschluss des Finanzgerichts ist laut LEXinform rechtskräftig.

Fundstelle

Finanzgericht Sachsen, Beschluss vom 1. April 2020 (4 V 212/20); rkr.

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