Update: Teilwertabschreibung auf Darlehensforderung gegen ausländische Tochtergesellschaft

UPDATE: Etliche Finanzgerichte haben sich der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes angeschlossen, wonach der Aufwand aus der Ausbuchung einer unbesicherten und wertlosen Darlehensforderung gegen eine ausländische Tochtergesellschaft aufgrund eines Verzichts der Muttergesellschaft nicht außerbilanziell hinzuzurechnen ist. Grund: Die Sperrwirkung in den jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen.

Hintergrund: Der Bundesfinanzhof (BFH) vertritt die Auffassung, dass eine Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1 Außensteuergesetz (AStG) bei einer Teilwertabschreibung auf eine Darlehensforderung wegen einer fehlenden Darlehensbesicherung dann ausscheidet, wenn das zugrunde liegende DBA eine Klausel enthält, die Artikel 9 des OECD-Musterabkommens entspricht. Nach dieser bilateralen Vorschrift ist eine Einkünftekorrektur nach nationalen Vorschriften (hier: das AStG) nur möglich, wenn der zwischen den verbundenen Unternehmen vereinbarte Preis (hier: der Darlehenszins) seiner Höhe, also seiner Angemessenheit nach dem Fremdvergleichsmaßstab nicht standhält. Er ermöglicht aber nicht die Korrektur einer Abschreibung, die auf den Teilwert der Forderung auf Rückzahlung der Darlehensvaluta und auf Zinsrückstände vorzunehmen ist, weil die inländische Muttergesellschaft das Darlehen ihrer ausländischen Tochtergesellschaft in möglicherweise fremdunüblicher Weise unbesichert begeben hat - so der BFH zuletzt im Urteil vom 24. Juni 2015 (I R 29/14).

Auch weitere Finanzgerichte haben sich mittlerweile der höchsten Rechtsprechung angeschlossen, die allerdings im Gegensatz zur damaligen Auffassung der Finanzverwaltung steht (Nichtanwendungserlass vom 30. März 2016).

Finanzgericht Düsseldorf (Urteil 6- K- 2095-13-K)

Dort ging es um die steuerliche Abzugsfähigkeit einer Teilwertabschreibung bzw. eines Aufwands aus der Vereinbarung eines Darlehensverzichts zwischen einer GmbH und deren in Belgien ansässigen Tochtergesellschaft, einer N.V. Die Parteien gingen übereinstimmend davon aus, dass die Forderung zum Zeitpunkt des Darlehensverzichts wertlos war. Das Finanzgericht bejahte die Teilwertabschreibung, ebenfalls unter Hinweis auf den im DBA-Belgien enthaltenen Grundsatz des „dealing at arm’s length“ analog Artikel 9 OECD-MA. Zum einen hatte das Finanzamt die Fremdüblichkeit nicht schlüssig darlegen können, so dass das Finanzgericht von einer Fremdüblichkeit des Zinsaufschlags von 2,9% gegenüber dem bei einer Bank zu 3,14% aufgenommenen Betriebsmittelkredit ausging. Als weiteres Indiz wertete das Gericht die Tatsache, dass das Finanzamt die Hinzurechnung nicht in Höhe der Differenz zwischen vereinbartem und einem von ihm als fremdüblich angenommenen Zins, sondern in Höhe des gesamten Abschreibungsumfangs vorgenommen hatte. Dies spreche dafür, dass die Hinzurechnung nach § 1 AStG gerade nicht auf die Fremdüblichkeit gestützt war.

Finanzgericht Baden-Württemberg (Urteil 3-K-2647/15)

Der Streitfall betraf die Ausbuchung einer Darlehensforderung gegen eine Schweizer Tochtergesellschaft. Diese war im Laufe der Zeit durch einen Verlust bilanziell überschuldet, deren Geschäftsbetrieb wurde folgend eingestellt und die Beteiligung zu einem Symbolpreis verkauft. Das Finanzamt korrigierte nicht nur den Verlust aus der Veräußerung der Beteiligung sondern auch die Ausbuchung der Darlehensforderung. Das Finanzgericht gab der Klage in beiden Punkten statt. Auch hier der richterliche Verweis auf Art. 9 DBA-Schweiz, der insoweit eine Sperrwirkung entfalte. Eine interessante Feststellung des Gerichts zu der verfassungsrechtlich als unbedenklich eingestuften Regelung des sogennannten „Treaty override“: Zwar habe auch der BFH seine Meinung im Gefolge des Karlsruher Beschlusses vom 15. Dezember 2015 (BvL 1/12) zu dieser Thematik geändert. Es sei aber überhaupt nicht eindeutig, dass es sich bei § 1 AStG überhaupt um eine Abkommensüberschreibung im Sinne eines Treaty override handele. Bei den unter § 1 AStG fallenden Konstellationen handele es sich nämlich um Regelungen der verdeckten Einlage, verdeckte Gewinnausschüttung, Einlagen und Entnahmen.

Finanzgericht Düsseldorf (Urteil 6 K 896/17 K,G)

Die Klägerin hatte ihrer englischen Tochtergesellschaft einen mit 6,5% verzinslichen Kontokorrentkredit gewährt. Zum Bilanzstichtag 30. Juni 2007 wurde die Beteiligung gewinnmindernd ausgebucht und die Gesellschaftsanteile wegen Vermögenslosigkeit auf die Anteilseigner unentgeltlich übertragen. Die Forderung der Klägerin wurde in voller Höhe gewinnmindernd abgeschrieben. Das Finanzamt rechnete die Abschreibung wegen fehlender Besicherung des Darlehens nach § 1 AStG dem Einkommen außerbilanziell wieder hinzu. Der abkommensrechtliche Grundsatz des "dealing at arm's length" nach Art. 9 Abs. 1 OECD-MA ermöglicht nach Auffassung des Finanzgerichts eine Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1 AStG nur dann, wenn der zwischen den verbundenen Unternehmen vereinbarte Preis (hier: der Darlehenszins) seiner Höhe, also seiner Angemessenheit nach, dem Fremdvergleichsmaßstab nicht standhält. Er ermöglicht jedoch nicht die Korrektur der Abschreibung, die auf den Teilwert der Forderung auf Rückzahlung der Darlehensvaluta und auf Zinsrückstände vorzunehmen ist, weil die inländische Muttergesellschaft (Klägerin) das Darlehen ihrer britischen Tochtergesellschaft in (ggf.) fremdunüblicher Weise unbesichert gewährt hat.

Finanzgericht Münster (Urteil 3 K 2872/14 G, F)

Hier ging es um die Berücksichtigung einer Teilwertabschreibung/Wertberichtigung auf Darlehensforderung gegenüber der polnischen Tochtergesellschaft der Klägerin. Die zwischen den Gesellschaften bestehenden Forderungen aus Lieferungen und Leistungen konnten wegen schlecht laufender Geschäfte in Polen nur in geringem Umfang zurückgeführt werden. Zum 31.12.2006 nahm die Klägerin daher eine Wertberichtigung auf die Forderungen vor. Die Klägerin hatte u. a. Darlehen aufgenommen und diese zur Erhöhung der Liquidität an die polnische Gesellschaft weitergereicht. Die Investition in Polen hatte sich für die Klägerin von Beginn an als Fehlinvestition erwiesen, weswegen sie eine Teilwertabschreibung auf die bilanzierten Darlehensforderungen vornahm. Auch hier sah das Finanzgericht die Voraussetzungen für eine außerbilanzielle Hinzurechnung der Teilwertabschreibung gemäß § 1 AStG als nicht gegeben und folgte im Ergebnis der geschilderten Auffassung des BFH.

Sächsisches Finanzgericht (5 K 1648/12) und Finanzgericht Köln (10 K 2115/16)

Auch diese beiden Finanzgerichte haben der jeweiligen Klage stattgegeben und folgender Einschätzung des BFH in seinem o.g. Urteil I R 29/14. Das Sächsische Finanzgericht führt dazu u.a. aus: Der sog. Rückhalt im Konzern schließt die Teilwertabschreibung nicht aus. Er hat zur Folge, dass Darlehen innerhalb eines Konzerns auch ohne Besicherungen fremdvergleichsgerecht sein können, wenn die Konzernbeziehung für sich gesehen eine Sicherheit bedeutet. Hingegen bedeutet der Rückhalt im Konzern nicht, dass nach Art eines In-sich-Geschäfts die Darlehensforderung immerwährend besichert und damit werthaltig ist. Dazu das Finanzgericht Köln: Eine nach § 1 Abs. 1 AStG im Rahmen einer Geschäftsbeziehung zwischen verbundenen Unternehmen im Einklang mit dem Abkommensrecht vorzunehmende Einkommenskorrektur kann sich nur auf jene Beträge beziehen, welche durch einen nicht fremdvergleichsgerechten, zu niedrigen Zins bewirkt werden; im Umfang der Teilwertabschreibungen scheidet eine Korrektur hiernach hingegen in jedem Falle aus.

Update (24. August 2020)

Der Bundesfinanzhof hat im Frühjahr 2019 seine bisherige Rechtsprechung zu der Frage, ob der Aufwand aus der Ausbuchung einer unbesicherten und wertlosen Darlehensforderung gegen eine ausländische Tochtergesellschaft aufgrund eines Verzichts der Muttergesellschaft nicht außerbilanziell hinzuzurechnen ist, aufgegeben. Entgegen seiner früheren Auffassung entfalte ein Doppelbesteuerungsabkommen keine Sperrwirkung auf die Hinzurechnung.

Die Finanzgerichtsurteile, die von einer Sperrwirkung von DBAs ausgingen, wurden nun vom BFH aufgehoben (siehe unseren Blogbeitrag).

Fundstellen

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 10. November 2015 (6-K-2095/13-K); die Revision ist beim BFH unter dem Az. I R 73/16 anhängig

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 27. Juni 2017 (6 K 896/17 K,G); Revision beim BFH anhängig unter dem Az. I R 54/17

Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 12. Januar 2017 ((3-K-2647/15); die Revision ist beim BFH unter dem Az. I R 5/17 anhängig

Finanzgericht Münster, Urteil vom 18. Mai 2017 (3 K 2872/14 G, F); die Revision ist beim BFH unter dem Az. I R 72/17 anhängig

Sächsisches Finanzgericht, Urteil vom 27. September 2017 (5 K 1648/12); die Revision ist beim BFH unter dem Az. I R 14/18 anhängig

Finanzgericht Köln, Urteil vom 19. April 2018 (10 K 2115/16); die Revision ist beim BFH unter dem Az. I R 21/18 anhängig

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