Wegfall der Vergünstigung nach § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG bei Grundstücksübergang von Gesamthand zu Gesamthand bei Verwandtschaft
Bei Verwandtschaft in gerader Linie steht zwischen dem an der veräußernden Gesamthand beteiligten Gesamthänder und dem an der erwerbenden Gesamthand beteiligten Gesamthänder das Nichtbeteiligtsein an der jeweils anderen Gesamthand der Gewährung der Vergünstigung nach § 6 GrEStG nicht entgegen. § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG ist nicht einschränkend dahingehend auszulegen, dass - trotz der Aufgabe der gesamthänderischen Mitberechtigung oder Verminderung der vermögensmäßigen Beteiligung des grundstückseinbringenden Gesamthänders innerhalb der Fünfjahresfrist - die Vergünstigung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG nicht entfällt, wenn der grundstückseinbringende Gesamthänder seine gesamthänderische Mitberechtigung durch einen einheitlichen Rechtsakt verliert oder mindert, der seinerseits nach § 1 Abs. 2a GrEStG grunderwerbsteuerbar ist und somit die vom Gesetz geforderte Steuerumgehung objektiv ausscheidet. Dies hat das Finanzgericht Köln entschieden.
Sachverhalt
Die Klägerin (Erwerber-KG) erwarb diverse Grundstücke von insgesamt zehn Kommanditgesellschaften (Veräußerer-KG‘s). Der Kaufpreis wurde u.a. durch die Übernahme der Darlehensvaluten der einzelnen Grundstücke geleistet. Laut dem Kaufvertrag sollte sich der Kaufpreis ändern, wenn die übernommene Schuld höher oder niedriger sein sollte als die von den Beteiligten angenommene Schuld. Betroffen waren Grundstücke, die in Bezirken verschiedener Finanzämter liegen.
Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses war Z als Kommanditist mit einem Anteil von 100 % am Vermögen der Klägerin beteiligt. Die Kommanditanteile der Veräußerer KG's wurden von Z1, Z2 sowie Z3 gehalten. Es handelt sich hierbei um die leiblichen Kinder des Z.
Die Veräußerer KG's hatten den Grundbesitz zuvor von Seiten der Z4 Kommanditgesellschaft sowie der Bauherrengemeinschaft der Z und Z4 erworben. Z4 ist der leibliche Vater von Z. Diese hielten wiederum den Grundbesitz über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren.
Der Erwerbsvorgang wurde durch das zuständige Feststellungsfinanzamt unter Hinweis auf § 3 Nr. 6 i.V.m. § 6 Abs. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) als steuerfrei behandelt.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung kam das Finanzamt zum Ergebnis, dass die zunächst gewährte Steuerbefreiung rückwirkend gemäß § 6 Abs. 3 S. 2 GrEStG zu versagen sei. Ausschlaggebend sei, dass Z 94 % seine Kommanditanteile nur wenige Wochen nach Erwerb der Grundstücke an E veräußert habe. Somit handele es sich um einen sukzessiven Gesellschafterwechsel. Zudem sei eine wirtschaftliche Betrachtung geboten. Z habe einen Tag nach Verkauf der Anteile von 94 % seine Gewinn- und Verlustbeteiligung für die verbliebenen 6 % an E abgetreten. Im Ergebnis würden unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO E 100 % der Anteile zugerechnet. Da die wirtschaftliche Übertragung der Anteile innerhalb der Sperrfrist von fünf Jahren erfolgt sei, sei die zunächst gewährte Steuerbefreiung insoweit gemäß § 6 Abs. 3 S. 2 GrEStG zu versagen.
Richterliche Entscheidung
Die Klage vor dem Finanzgericht Köln hatte nur teilweise Erfolg.
Das Finanzamt hat zunächst zu Recht aufgrund des Kaufvertrages keine Grunderwerbsteuer festgesetzt, da die Grunderwerbsteuer nach §§ 6 Abs. 3, 3 Nr. 6 GrEStG nicht zu erheben war.
Diesen Bescheid hat das Finanzamt dann jedoch zu Recht geändert. Nach § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG entfällt die Vergünstigung beim Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand, wenn und soweit sich der Anteil des Gesamthänders am Vermögen der erwerbenden Gesamthand innerhalb von fünf Jahren nach dem Übergang des Grundstücks von der einen auf die andere Gesamthand vermindert. Die Verminderung des Anteils des Gesamthänders am Vermögen der erwerbenden Gesamthand im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG stellt ein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar.
Dieser Tatbestand ist im Streitfalle erfüllt. Der Anteil des Z an der Klägerin hat sich innerhalb dieser sog. fünfjährigen Nachbehaltensfrist um 100 % verringert.
Der angefochtene Feststellungsbescheid ist entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht in feststellungsverjährter Zeit ergangen. Die Klägerin war daher, selbst wenn die Belehrung im Steuerbescheid - wie die Klägerin anführt - im groben Maße fehlerhaft gewesen sein sollte, zur Anzeige gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 4 GrEStG verpflichtet. Da sie die Anzeige unterließ, begann die Festsetzungsfrist mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, also am 31. Dezember 2011 und endete am 31. Dezember 2015. Der Änderungsbescheid konnte mithin am 13. November 2015 noch ergehen.
Begründet ist die Klage jedoch insoweit, als die Klägerin geltend macht, dass in dem geänderten Bescheid nicht die zutreffende Bemessungsgrundlage angesetzt worden sei. Laut dem Kaufvertrag ändert sich der vereinbarte Kaufpreis entsprechend, wenn sich die übernommenen Schulden höher oder niedriger sind, als von den Parteien angenommen. Das Finanzamt hatte schon im BP-Bericht festgestellt, dass der Darlehensstand bei Übernahme der Darlehen niedriger als der im Kaufvertrag vereinbarte Kaufpreis war. Dementsprechend war der niedrigere Betrag der Besteuerung zugrunde zu legen.
Fundstelle
Finanzgericht Köln, Urteil vom 27. März 2019 (5 K 1953/16), die Revision ist beim BFH unter dem Az. II R 4/20 anhängig.