Änderung wegen nachträglich bekanntgewordener Tatsachen nach Betriebsprüfung

Die objektive Beweislast (Feststellungslast) für die tatsächlichen Voraussetzungen einer Änderung gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO trägt grundsätzlich das Finanzamt; die Beweislast dafür, dass dem für die Veranlagung des Steuerpflichtigen zuständigen Sachbearbeiter ausnahmsweise auch nicht aktenkundige Tatsachen dienstlich bekannt waren, nach dem Inhalt der zu bearbeitenden Steuererklärung als bekannt zuzurechnen sind oder aufgrund Verletzung der Ermittlungspflicht hätten bekannt sein müssen, trägt jedoch der Steuerpflichtige. Dies hat das Finanzgericht Hamburg in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Die Klägerin wendet sich gegen Änderungsbescheide, welche die Ergebnisse einer bei ihr durchgeführten Außenprüfung des Beklagten umsetzen. Da der Sachverhalt bereits im Rahmen der Veranlagung vom Bevollmächtigten der Klägerin nacherklärt und durch den Beklagten durch gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) geänderte Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag für die Jahre 2010 und 2011 behandelt worden sei, käme eine erneute Änderung dieser Bescheide gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO nach Auffassung der Klägerin nicht in Betracht.

Richterliche Entscheidung

Die Klage vor dem Finanzgericht Hamburg blieb ohne Erfolg.

Das Finanzamt konnte die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag für 2010 und 2011 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO wie vorgenommen ändern.

Die objektive Beweislast (Feststellungslast) für die tatsächlichen Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO trägt grundsätzlich das Finanzamt (BFH, Urteile vom 23. Januar 2002, XI R 55/00; vom 6. Dezember 1994, IX R 11/91; vom 22. April 1988, III R 89/86, und vom 20. Dezember 1988, VIII R 121/83; (BFH, Beschluss vom 18. Juni 2015, VI R 84/13)).

Die Beweislast dafür, dass dem für die Veranlagung des Steuerpflichtigen zuständigen Sachbearbeiter ausnahmsweise auch nicht aktenkundige Tatsachen dienstlich bekannt waren oder nach dem Inhalt der zu bearbeitenden Steuererklärung oder der präsenten Akten als bekannt zuzurechnen sind, trägt jedoch der Steuerpflichtige. Dies gilt insbesondere dann, wenn wegen des Unterlassens der Beiziehung "anderer" Akten die Verletzung der Ermittlungspflicht in Rede steht. Lassen sich entsprechende Umstände oder ein dahingehendes Fehlverhalten nicht nachweisen, gelten nicht aktenkundige Tatsachen folglich nicht als bekannt und erlauben dem Finanzamt eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO (BFH, Beschluss vom 18. Juni 2015, VI R 84/13).

Die Revision hat das Finanzgericht nicht zugelassen.

Fundstelle

Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 15. Juni 2020 (2 K 6/17).

Zum Anfang