Änderung eines Steuerbescheides wegen nachträglich bekanntgewordener Tatsachen bei Arbeitgeberzuschüssen zu Beiträgen an ein berufsständisches Versorgungswerk
Das Finanzamt ist auch dann zur Änderung einer Einkommensteuerfestsetzung wegen der nachträglich bekannt gewordenen Tatsache der unterlassenen Kürzung der als Sonderausgaben deklarierten Beiträge eines angestellten und daneben selbständig tätigen Rechtsanwalts zu gesetzlichen Rentenversicherungen um den steuerfreien Arbeitgeberzuschuss befugt, wenn die insoweit uneindeutigen Eintragungen in der Lohnsteuerbescheinigung und einer Bescheinigung des tatsächlich zuständigen Versorgungswerks zwar Anlass zu weiteren Ermittlungen gegeben hätten, der Steuerpflichtige aber seine Mitwirkungspflichten durch die Eintragung der nicht um die steuerfreien Arbeitgeberzuschüsse geminderten Beiträge an das Versorgungswerk verletzt hat. Dies hat das Finanzgericht Düsseldorf entschieden.
Sachverhalt
Der Kläger ist angestellter Rechtsanwalt. Er ist von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit und Mitglied im berufsständischen Versorgungswerk.
In den Streitjahren 2012 bis 2016 war der Kläger so genannter Selbstzahler. Er zahlte den Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil an das Versorgungswerk. Hierzu zahlte ihm sein Arbeitgeber den Arbeitgeberzuschuss zur Altersvorsorge zweckgebunden aus.
In den Steuererklärungen der Streitjahre 2012 bis 2016 erklärte der Kläger die Zahlungen an das Versorgungswerk in voller Höhe als "Beiträge zu gesetzlichen Rentenversicherungen". Nur in den Jahren 2015 und 2016 erfolgten Eintragungen zum Arbeitgeberanteil. Für das Jahr 2012 reichte der Kläger eine Bescheinigung des Versorgungswerks ein, aus der die Gesamthöhe der entrichteten Mitgliedsbeiträge - ohne Angaben zur Höhe des Arbeitgeberzuschusses - hervorging.
Nach zunächst erklärungsgemäßer Veranlagung änderte das Finanzamt die Einkommensteuerbescheide gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) und setzte die um den Arbeitgeberanteil gekürzten Zahlungen bei den Beiträgen zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen an. Das Finanzamt vertrat die Ansicht, dass eine nachträglich bekannt gewordene Tatsache vorliege, da den Steuererklärungen keine Belege über die Zusammensetzung der geleisteten Beträge beigefügt gewesen seien.
Der Kläger wandte dagegen ein, dass keine neue Tatsache vorläge. Dem Finanzamt hätte aufgrund der Vorjahre und der für das Jahr 2012 eingereichten Bescheinigung klar sein müssen, dass eine Aufteilung in Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeitrag zu erfolgen habe.
Richterliche Entscheidung
Die Klage vor dem Finanzgericht Düsseldorf blieb ohne Erfolg.
Die Beitragszahlungen an ein berufsständisches Versorgungswerk (anstelle von Zahlungen an die gesetzliche Rentenversicherung) und die jeweilige Höhe des vom Kläger selbst getragenen Betrages nach Abzug des Arbeitgeberzuschusses stellten nachträglich bekannt gewordene Tatsachen dar. Durch die Bescheinigung des Versorgungswerks für 2012 hätte das Finanzamt keine positive Kenntnis davon gehabt, dass ausschließlich Beiträge an ein berufsständisches Versorgungswerk und nicht auch Beträge an die gesetzliche Rentenversicherung geleistet worden seien. Die Höhe der vom Kläger selbst getragenen Altersvorsorgeaufwendungen hätte sich daraus nicht ergeben.
Die Bescheidänderung sei auch nicht nach Treu und Glauben ausgeschlossen. Das Finanzamt habe zwar gegen seine Ermittlungspflicht verstoßen. Denn die Angaben des Klägers hätten Anlass für Nachfragen gegeben. Dieser Pflichtverstoß des Finanzamts wiege aber nicht deutlich schwerer als die Mitwirkungspflichtverletzung des Klägers. Trotz eindeutiger Hinweise in den Anleitungen zur Steuererklärung habe der Kläger die Beiträge falsch und für die Jahre 2012 bis 2014 ohne Angaben zum Arbeitgeberzuschuss eingetragen.
Fundstelle
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 28. Januar 2020 (10 K 546/19 E), siehe auch den Newsletter April 2020 des Finanzgerichts; rkr.