Betriebsübertragung gegen Vorbehaltsnießbrauch führt grundsätzlich nicht zur Betriebsübertragung im Ganzen
Die Übertragung eines Gewerbebetriebs unter Zurückbehaltung eines Vorbehaltsnießbrauchs führt für sich genommen nicht zu einer unentgeltlichen Betriebsübertragung im Ganzen. Dies hat das Finanzgericht Münster entschieden.
Sachverhalt
Die Mutter des Klägers übertrug einen von ihr geführten Freizeitpark zum 31. Dezember 1995 an den Kläger, behielt sich aber einen lebenslänglichen Nießbrauch zurück. Ab dem 1. Januar 1996 führte sie dementsprechend den Betrieb fort. Steuerliche Folgerungen zogen die Vertragsparteien aus dieser Übertragung nicht. Zum 31. Dezember 2002 verzichtete die Mutter auf ihr Nießbrauchsrecht. Der Kläger führte ab 2003 die Buchwerte fort. Im Betriebsvermögen der Mutter waren ursprünglich Forderungen gegen eine GmbH enthalten, deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Kläger ist. Diese hatte die Mutter im Jahr 1999 gewinnmindernd abgeschrieben.
Nachdem die GmbH im Jahr 2004 wieder ein positives Kapital ausgewiesen hatte, gelangte das Finanzamt zu der Auffassung, dass hinsichtlich der Forderungen in den Streitjahren 2004 bis 2008 Wertaufholungen vorzunehmen seien. Hiergegen wandte der Kläger ein, dass diese bereits durch seine Mutter zum 31. Dezember 2002 hätte erfolgen müssen.
Richterliche Entscheidung
Die Klage vor dem Finanzgericht Münster hatte in vollem Umfang Erfolg. Eine Wertaufholung sei nicht vorzunehmen, da die Forderungen zu keinem Zeitpunkt Betriebsvermögen des Klägers geworden seien.
Zum 1. Januar 1996 hätten die Voraussetzungen für eine Betriebsübertragung im Ganzen nach der damals geltenden Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuerdurchführungsverordnung (EStDV) nicht vorgelegen. Vielmehr seien die Einzelwirtschaftsgüter und damit auch die Forderungen unentgeltlich in das Privatvermögen des Klägers überführt worden. Die Mutter habe zwar zu diesem Zeitpunkt ihren Gewerbebetrieb auf den Kläger übertragen, denn allein durch die Zurückbehaltung eines Vorbehaltsnießbrauchs sei sie nicht wirtschaftliche Eigentümerin des Betriebs geblieben. Hierzu hätte es Vereinbarungen dahingehend bedurft, dass sie die wesentlichen Betriebsgrundlagen, die vorliegend insbesondere aus Grundstücken bestanden, auf eigene Rechnung hätte veräußern oder belasten dürfen. Da die Mutter allerdings den Gewerbebetrieb fortgeführt habe, habe die Möglichkeit einer Buchwertfortführung nicht bestanden. Voraussetzung hierfür sei nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, dass der bisherige Betriebsinhaber seine gewerbliche Tätigkeit aufgebe. Soweit für die Übertragung von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben etwas anderes gelte, sei dies auf Gewerbebetriebe wegen der bereichsspezifischen Besonderheiten für die Landwirtschaft nicht übertragbar.
Zum 1. Januar 2003 seien die Forderungen nicht in das Betriebsvermögen des Klägers übergegangen. Sie seien bei ihm kein notwendiges Betriebsvermögen, da sie nicht geeignet gewesen seien, die betriebliche Betätigung unmittelbar und entscheidend zu fördern. Trotz Ausweises in der Eröffnungsbilanz seien sie auch nicht dem gewillkürten Betriebsvermögen zuzuordnen, da dieser Ausweis lediglich auf der rechtsirrigen Annahme des Klägers beruht habe, dass die Voraussetzungen einer Buchwertübertragung nach § 6 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) vorgelegen hätten.
Soweit die Forderungen ab 1996 entstanden waren, seien sie auch ab 2003 noch der Mutter zuzurechnen gewesen, denn der Verzicht auf das Nießbrauchsrecht stelle lediglich einen Vorgang auf der privaten Vermögensebene dar und begründe keinen Übertragungsvorgang hinsichtlich dieser Forderungen.
Fundstelle
Finanzgericht Münster, Urteil vom 20. September 2019 (11 K 4132/15 E,G), siehe den Newsletter Januar 2020 des Finanzgerichts; die Revision ist beim BFH unter dem Aktenzeichen X R 35/19 anhängig.