Arbeitslohn: Zahlung von Verwarnungsgeldern
Der Arbeitgeber als Halter eines Kfz leistet die Zahlung eines Verwarnungsgeldes wegen einer ihm gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 OWiG erteilten Verwarnung auf eine eigene Schuld. Die Zahlung führt daher nicht zu Arbeitslohn des die Ordnungswidrigkeit begehenden Arbeitnehmers. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.
Sachverhalt
Die Klägerin ist ein Unternehmen der im Logistikbereich tätigen A-Gruppe. Als Tochterunternehmen der A-Gruppe betreibt sie in der Bundesrepublik Deutschland einen Paketzustelldienst im gesamten Bundesgebiet.
In mehreren Städten hat die Klägerin bei den zuständigen Behörden Ausnahmegenehmigungen nach § 46 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) beantragt, die ein kurzfristiges Halten zum Be- und Entladen in ansonsten nicht freigegebenen Bereichen wie Halteverbots- oder Fußgängerzonen unter bestimmten Auflagen gestatten. Die Genehmigungen sind kostenpflichtig, gelten nur für ein bestimmtes Fahrzeug und werden für ein Jahr erteilt.
Ist eine Ausnahmegenehmigung nicht erhältlich, wird es zur Gewährleistung eines reibungslosen Betriebsablaufs und im Interesse der Kunden im Einzelfall hingenommen, dass die Fahrer ihre Fahrzeuge auch in Halteverbotsbereichen oder Fußgängerzonen kurzfristig anhalten und hierfür gemäß § 56 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) dann gegebenenfalls Verwarnungsgelder erhoben werden. Die Klägerin entrichtet die Verwarnungsgelder, die auf den vorgenannten Verkehrsverstößen ihrer Fahrer beruhen.
Nach einer Rechtsprechungsänderung des BFH gelangte das Finanzamt zu der Auffassung, die Zahlung der auf den Parkverstößen der Fahrer beruhenden Verwarnungsgelder führe bei diesen nunmehr zu lohnsteuerpflichtigem Arbeitslohn.
Die Klage vor dem Finanzgericht Düsseldorf hatte Erfolg.
Entscheidung des BFH
Der BFH hat der Revision stattgegeben, die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurückverwiesen.
Das Finanzgericht hat zutreffend entschieden, dass die Zahlung des Verwarnungsgeldes auf eine eigene Schuld der Klägerin erfolgt ist und daher nicht zu einem Zufluss von Arbeitslohn bei dem Arbeitnehmer führen kann, der die Ordnungswidrigkeit begangen hat. Die Klägerin als Betroffene hat die Verwarnung durch Zahlung des Verwarnungsgeldes sich gegenüber wirksam werden lassen.
Insoweit unterscheidet sich der Streitfall von dem BFH, Urteil v. 7. Juli 2004, VI R 29/00 zugrunde liegenden Sachverhalt. Denn dort wurde bindend festgestellt, dass die Klägerin die Zahlung von Verwarnungsgeldern übernommen hatte, die von den bei ihr beschäftigten Fahrern wegen Verletzungen des Halteverbots erhoben worden waren. Auch im BFH, Urteil v. 14. November 2013, VI R 36/12 ging es um die Übernahme von gegen die Arbeitnehmer verhängten Bußgeldern.
Der Erlass einer Forderung (§ 397 Abs. 1 BGB), die dem Arbeitgeber gegen den Arbeitnehmer zusteht, kann Arbeitslohn i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) darstellen (BFH, Urteil v. 27 März 1992, VI R 145/89 und BFH, Urteil v. 24. Mai 2007, VI R 73/05).
Die Zurückverweisung erfolgt, da der BFH auf Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht abschließend prüfen kann, ob das Finanzgericht zu Recht davon ausgegangen ist, es fehle am Zufluss eines geldwerten Vorteils bei den Arbeitnehmern der Klägerin. Das Finanzgericht wird deshalb im zweiten Rechtsgang erneut zu prüfen haben, ob und wenn ja in welcher Höhe der Klägerin wegen der von ihren Fahrern unstreitig begangenen Parkverstöße ein (vertraglicher oder gesetzlicher) Regressanspruch gegen den jeweiligen Verursacher zusteht.
Fundstelle
BFH, Urteil vom 13. August 2020 (VI R 1/17), veröffentlicht am 29. Oktober 2020.