BMF zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheinen

Das Bundesfinanzministerium äußert sich in einem aktuellen Schreiben zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheinen nach der Umsetzung der EU Gutschein-Richtlinie in nationales Recht. Im Zuge dessen wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass entsprechend den neuen Gesetzesvorgaben geändert.

(Alt)Regelungen bis 31. Dezember 2018

Bei Gutscheinen wurde bisher (d. h. vor dem 1. Januar 2019) im Umsatzsteuerrecht zwischen Wertgutscheinen und Waren- oder Sachgutscheinen unterschieden. Während Wertgutscheine über einen bestimmten Nennbetrag bei dem ausstellenden Händler gegen eine beliebige Ware oder Dienstleistung eingetauscht werden konnten, bezogen sich Waren- oder Sachgutscheine auf eine konkret bezeichnete Ware oder Dienstleistung. Die Ausgabe von Wertgutscheinen stellte selbst keine umsatzsteuerliche Leistung dar. Bei Waren- oder Sachgutscheinen stellte der bei Erwerb des Gutscheins gezahlte Betrag eine Anzahlung auf die bezeichnete Leistung dar.

Ab 2019: Umsetzung der Gutschein-Richtlinie in nationales Recht

Die sogenannte Gutschein-Richtlinie (EU 2016/1065 des Rates vom 27.6.2016) enthält für die Mitgliedstaaten verbindliche Vorschriften zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Gutscheinen. Deutschland hat die Richtlinie mittlerweile mit dem Jahressteuergesetz 2018 in nationales Recht umgesetzt. Eine Unterscheidung zwischen Wertgutscheinen und Waren- oder Sachgutscheinen ist danach nicht mehr vorzunehmen. Im Zuge der Gesetzesänderung wurde in § 3 Abs. 13 Umsatzsteuergesetz (UStG) die gemeinschaftsrechtliche Definition eines Gutscheins eingefügt. Danach liegt ein Gutschein vor, wenn aus ihm die Verpflichtung zur Annahme als Gegenleistung für eine Lieferung bzw. sonstige Leistung besteht und der leistende Unternehmer, Liefergegenstand bzw. sonstige Leistung sowie die Nutzungsbedingungen hervorgehen. In § 3 Abs. 14 UStG werden Angaben zu Einzweckgutscheinen gemacht. Ein Mehrzweck-Gutschein liegt im Ausschlusswege dann vor, wenn es an den in Abs. 14 zu Einzweckgutscheinen aufgestellten Kriterien fehlt (§ 3 Abs. 15 UStG).

Umsatzsteuer-Anwendungserlass wird entsprechend geändert und ergänzt

Im Lichte dieser Gesetzesänderung wurde nun der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) den neuen Gegebenheiten angepasst und durch einen neuen Abschnitt 3.17 ergänzt. Ausführlich behandelt werden darin die Definition und die Abgrenzung von Gutscheinen, mit weiteren Erläuterungen und Beispielen zu Einzweck-Gutscheinen und Mehrzweck - Gutscheinen. Ergänzend dazu merkt das BMF in seinem Schreiben an, dass insbesondere die Gutscheine, die den Inhaber nur zu einem Preisnachlass oder einer Preiserstattung (vgl. Abschnitt 17.2 UStAE) berechtigen, aber nicht das Recht verleihen, solche Gegenstände oder Dienstleistungen zu erhalten, von den neuen Regelungen nicht betroffen sind. Briefmarken, Fahrscheine, Eintrittskarten für Kinos und Museen sowie vergleichbare Instrumente fallen ebenfalls nicht in den Anwendungsbereich des § 3 Abs. 14 und 15 UStG.

Rechnungsangaben (und Vorsteuerabzug)

In Abschnitt 14.5 UStAE wird Abs. 15 dahingehend ergänzt, „dass in einer Rechnung über die Übertragung bzw. Ausgabe eines Einzweck-Gutscheins die Bezeichnung der Gutscheinart sowie eine kurze Beschreibung der Lieferung oder der sonstigen Leistung, zu deren Bezug der Gutschein berechtigt, ausreichend ist. Bei einem Mehrzweck-Gutschein unterliegt erst bei dessen Einlösung die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung der Umsatzsteuer; über diese Leistung ist dann nach den allgemeinen Regelungen abzurechnen.“

Die Grundsätze des BMF-Schreibens sind erstmals auf Gutscheine anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2018 ausgestellt werden. Es wird - auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs - nicht beanstandet, wenn ab dem 1. Januar 2019 und vor dem 2. Februar 2021 ausgestellte Gutscheine von den Beteiligten nicht entsprechend den Vorgaben dieses BMF-Schreibens behandelt worden sind.

Fundstelle

BMF-Schreiben vom 2. November 2020 (III C 2 -S 7100/19/10001 :002); das vollständige BMF-Schreiben mit dem umfassenden neuen Abschnitt 17.2 UStAE ist auf der Homepage des BMF veröffentlicht.

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