Steuerliche Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwand und Unterkunftskosten bei Auslands(praxis)semestern
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass Studierende Unterkunftskosten und Verpflegungsmehraufwendungen eines Auslandsemester als vorab entstandene Werbungskosten geltend machen können.
Sachverhalt
Die Klägerin nahm nach einer abgeschlossenen Ausbildung ein Studium an einer inländischen Hochschule auf. Die Studienordnung der Hochschule schreibt für den Studiengang vor, dass die/der Studierende das Studium für zwei Semester an einer ausländischen Partneruniversität zu absolvieren hat. Während des Auslandsstudiums bleibt die/der Studierende an der inländischen Hochschule eingeschrieben. Die Klägerin beantragte für die Zeit des Auslandsstudiums die Anerkennung der dadurch bedingten zusätzlichen Unterkunftskosten sowie der Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten.
Das Finanzamt lehnte dies ab, da die Auslandsuniversität die erste Tätigkeitsstätte der Klägerin sei und daher die Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung --vergleichbar einem Arbeitsnehmer-- nur im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten angesetzt werden könnten. Eine solche liege aber unstreitig nicht vor.
Die Klage vor dem Finanzgericht Münster blieb ohne Erfolg.
Entscheidung des BFH
Anders als die Vorinstanz gab der BFH der Klage der Studentin statt.
Sehe die Studienordnung, wie im Fall der Klägerin vor, dass Studierende einen Teil des Studiums an einer ausländischen Hochschule absolvieren können bzw. müssen, bleibe die inländische Hochschule, jedenfalls soweit die/der Studierende dieser auch für die Zeiten des Auslandsstudiums zugeordnet bleibe, die erste Tätigkeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 4 Satz 8 EStG. Kosten für Unterkunft und Verpflegungsmehraufwand im Ausland seien deshalb als vorweggenommene Werbungskosten steuerlich zu berücksichtigen, auch wenn keine doppelte Haushaltsführung vorliege. Entsprechendes gelte bei Praxissemestern.
Von dieser Rechtsprechung profitieren allerdings nur Studierende, die bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder eine Bachelorstudiengang) abgeschlossen haben. Aufwendungen für die erste Ausbildung (Berufsausbildung oder Studium) sind hingegen vom Werbungskostenabzug ausgenommen (§ 9 Abs. 6 EStG). Der Aufwand wird nur im Rahmen des Sonderausgabenabzugs berücksichtigt und wirkt sich steuerlich nur aus, wenn die/der Studierende im Jahr der Aufwandsentstehung über steuerpflichtige Einkünfte verfügt.
Fundstelle
BFH, Urteil vom 14. Mai 2020 (VI R 3/18), veröffentlicht am 03. Dezember 2020, vgl. die Pressemitteilung 056/20 des BFH.