Update: Auflösung einer positiven Ergänzungsrechnung anlässlich der Veräußerung eines Teilmitunternehmeranteils

Erwirbt ein Mitunternehmer einen weiteren Anteil an derselben Personengesellschaft aufgrund des Todes eines Mitgesellschafters im Wege der Anwachsung hinzu, vereinigt sich der hinzuerworbene Anteil in der Regel mit dem bisherigen Mitunternehmeranteil des Erwerbers zu einem einheitlichen Mitunternehmeranteil. Dies gilt auch dann, wenn der Mitunternehmer bereits im Anwachsungszeitpunkt die Absicht hat, den hinzuerworbenen Anteil an einen anderen Mitgesellschafter zu veräußern. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Streitig ist, ob und in welcher Höhe die Gesellschafter der Klägerin, einer als Rechtsanwaltsgesellschaft tätigen Partnerschaftsgesellschaft, im Streitjahr 2005 jeweils einen Veräußerungsgewinn gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) erzielt haben.

Im Jahr 2004 waren an der Klägerin als Gesellschafter M (zu 42 %), X (zu 25 %), S (zu 25 %) und F (zu 8 %) beteiligt. X verstarb unfallbedingt noch im Jahr 2004 und schied aufgrund einer Fortsetzungsklausel im damaligen Partnerschaftsvertrag gegen eine Abfindung aus der Klägerin aus. Mit dem Ausscheiden des X wuchs dessen vermögensmäßige Beteiligung an der Klägerin den verbleibenden Gesellschaftern an. Zum Ende des Jahres 2004 waren damit an der Klägerin die Gesellschafter M zu 56 %, S zu 33,33 % und F zu 10,67 % beteiligt.

Die Abfindungszahlung an die Erbin des X wurde von der Klägerin beglichen; zudem wurde die Erbin von der Verpflichtung freigestellt, das zum Zeitpunkt des Ausscheidens bestehende negative Kapitalkonto des X ausgleichen zu müssen. Je nach Umfang der Anwachsung wurde die Abfindungszahlung der Klägerin als Verbindlichkeit des M, des S und des F gegenüber der Klägerin behandelt.

Im Streitjahr wurde die bislang angestellte Rechtsanwältin A mit einem Anteil von 10 % als neue Partnerin aufgenommen. Zudem wurde die Beteiligung des F von 10,67 % auf 18 % aufgestockt. Hierzu übertrug M 10 % seines Anteils auf A und 4 % seines Anteils auf F. Im Gegenzug hatte A einen Kaufpreis von 160.000 EUR und F einen Kaufpreis von 64.000 EUR zu zahlen. S übertrug 3,33 % seines Anteils auf F gegen Zahlung eines Kaufpreises in Höhe von 53.280 EUR. A und F hatten die gegenüber M und S geschuldeten Kaufpreise an die Klägerin zu zahlen.

Zum 1. Januar 2005 waren an der Klägerin somit M zu 42 %, S zu 30 %, F zu 18 % und A zu 10 % beteiligt. In der Gewinnermittlung für das Streitjahr wurde infolge der Abtretung der Anteile an A und F in den positiven Ergänzungsrechnungen des M und des S jeweils der Praxiswert vollständig gewinnmindernd ausgebucht. Die Zahlungen der A und des F wurden in den Ergänzungsrechnungen des M und des S mit den Minderungsbeträgen verrechnet, wodurch sich jeweils ein Verlust ergab. Korrespondierend erfasste die Klägerin in den positiven Ergänzungsrechnungen der A und des F Zugänge für den Praxiswert und jeweils ein entsprechendes Mehrkapital.

Im Rahmen einer Außenprüfung gelangte das Finanzamt zu der Auffassung, M und S hätten im Streitjahr aufgrund der Übertragung von Teilmitunternehmeranteilen jeweils steuerpflichtige Veräußerungsgewinne erzielt. Der Prüfer ermittelte den Veräußerungsgewinn des M, indem er den Zahlungen von A und F zur Tilgung der Verbindlichkeiten des M als Veräußerungsentgelt einen anteiligen Buchwert des veräußerten Teilmitunternehmeranteils gegenüberstellte. Für die Ermittlung dieses anteiligen Buchwerts bezog er sowohl das negative Kapitalkonto des M in der Gesamthandsbilanz als auch das Mehrkapital aus der positiven Ergänzungsrechnung des M in Höhe des veräußerten Bruchteils des Partnerschaftsanteils (25 %) in die Berechnung ein. Ebenso verfuhr der Prüfer bei S und ermittelte für diesen einen Veräußerungsgewinn für den Teilanteil.

Die hiergegen gerichtete Klage vor dem Finanzgericht Nürnberg war ohne Erfolg geblieben.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat sich der Auffassung der Vorinstanz angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Die Würdigung des Finanzgerichts, M und S hätten im Jahr 2004 im Wege der Anwachsung jeweils Teile des Mitunternehmeranteils des verstorbenen X erworben, ist zutreffend. Die im Jahr 2004 hinzuerworbenen Teile des Partnerschaftsanteils des X haben sich wie vom Finanzgericht angenommen mit den von M und S zuvor gehaltenen Partnerschaftsanteilen jeweils zu einem einheitlichen Anteil vereinigt. Anhaltspunkte für eine personelle Sonderzuordnung der durch die Anwachsung erworbenen Anteile sind nicht erkennbar.

Die Absicht des M und des S im Anwachsungszeitpunkt, die von X hinzuerworbenen Teilanteile alsbald auf F und A zu übertragen, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn Mitunternehmer ist auch, wer einen Anteil an einer Personengesellschaft in der Absicht erwirbt, diesen kurze Zeit später weiterzuveräußern (Anschluss an BFH, Urteil vom 22. Juni 2017 (IV R 42/13)).

Ausgehend vom Bestand einheitlicher Mitunternehmeranteile nach der Anwachsung ist das Finanzgericht zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass M und S im Streitjahr Bruchteile ihrer Mitunternehmeranteile gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG an A und F veräußert haben. Der Gewinn aus der Veräußerung eines Teilmitunternehmeranteils ist gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG zu ermitteln, indem dem Veräußerungsentgelt die Veräußerungskosten und der anteilige Buchwert des Teilanteils gegenübergestellt werden. Dies gilt auch für den Veräußerungsgewinn des M, soweit dieser aufgrund der Einbringung des Mitunternehmeranteils für fremde Rechnung in die um A erweiterte Partnerschaft erzielt wurde.

Die Höhe des zu berücksichtigenden anteiligen Buchwerts ist bei der Veräußerung des Bruchteils eines Mitunternehmeranteils, der, wie im Streitfall, zuvor sukzessiv zu verschiedenen Zeitpunkten erworben wurde, auch für die Rechtslage nach Inkrafttreten des § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG im Wege der sog. Durchschnittsbewertung zu bestimmen. Das Buchkapital entfällt somit gleichmäßig auf den gesamten Mitunternehmeranteil. Dem veräußerten Bruchteil des Anteils ist quotal ein anteiliges Buchkapital in Höhe des veräußerten Bruchteils zuzuordnen.

Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns für einen (Teil-)Mitunternehmeranteil gemäß § 16 Abs. 2 EStG ist auch das Mehrkapital aus einer positiven Ergänzungsbilanz oder -rechnung des Veräußerers zu berücksichtigen. Es bildet zusammen mit dem Kapitalanteil in der Gesellschaftsbilanz/Gesamthand den Buchwert des Mitunternehmeranteils. Auch hier sind für einen sukzessiv erworbenen Mitunternehmeranteil die Grundsätze der Durchschnittsbewertung maßgeblich. Das Buchkapital aus der Gesamthand und das Mehrkapital aus der Ergänzungsbilanz bzw. -rechnung entfällt danach gleichmäßig auf den sukzessiv erworbenen Mitunternehmeranteil, von dem später ein Bruchteil veräußert wird.

Update (15. Februar 2021)

Mit Urteil vom 3. September 2020 (IV R 29/19) hat der IV. Senat des BFH die Auffassung des VIII. Senats (VIII R 12/16) bestätigt, wonach bei der Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils ein in der Ergänzungsbilanz enthaltener Korrekturposten quotal zum veräußerten Teilanteil erfolgswirksam aufzulösen ist. Der Gewinn aus der Veräußerung des Teilmitunternehmeranteils – wozu auch der streitgegenständliche Auflösungsbetrag gehörte – war als Veräußerungsgewinn und nicht als laufender Gewinn festzustellen.

Update (22. Oktober 2020)

Das Urteil VIII R 12/16 wurde im BStBl. veröffentlicht, BStBl. II 2020, Seite 378.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 6. August 2019, (VIII R 12/16), veröffentlicht am 14. November 2019.

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