Verlust aus der Veräußerung von Aktien

Eine Veräußerung i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG ist weder von der Höhe der Gegenleistung noch von der Höhe der anfallenden Veräußerungskosten abhängig (Anschluss an BFH-Urteil vom 12. Juni 2018, VIII R 32/16). Die Veräußerung wertloser Aktien stellt grundsätzlich keinen Gestaltungsmissbrauch i.S. des § 42 AO dar, selbst wenn sich der Verkäufer verpflichtet, vom Käufer wertlose Aktien zu kaufen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Der Kläger veräußerte wertlose Aktien an eine Käuferin, von der er im Gegenzug wertlose Aktien erwarb. Anschließend beantragte der Kläger in seiner Steuererklärung die Berücksichtigung des Verlusts aus dem Aktienverkauf.

Das Finanzamt ging von einer teilentgeltlichen Übertragung der Aktien aus und berücksichtigte den Verlust nicht.

Die Klage vor dem Finanzgericht München hatte Erfolg.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat sich der Entscheidung der Vorinstanz angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Das Finanzgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Verlust des Klägers aus der Veräußerung der Aktien gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr anzuwendenden Fassung (EStG) steuerlich zu berücksichtigen ist und aufgrund des Antrags nach § 32d Abs. 4 EStG im Rahmen der (Antrags-)Veranlagung mit Aktiengewinnen zu verrechnen ist (§ 20 Abs. 6 Satz 5 EStG).

Gem. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch Gewinne aus der Veräußerung von Aktien. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH bedeutet "Veräußerung" die entgeltliche Übertragung des zumindest wirtschaftlichen Eigentums auf einen Dritten (z.B. BFH, Urteil vom 3. Dezember 2019, VIII R 34/16, siehe unseren Blogbeitrag). Unstreitig ging im vorliegenden Fall das Eigentum der Aktien des Klägers auf die Käuferin über, da sie aus dessen Depot aus und in das Depot der Käuferin eingebucht wurden. Dieser Rechtsträgerwechsel war auch entgeltlich, da die Käuferin an den Kläger einen Kaufpreis von 10 € gezahlt hat.

Weder hat das Finanzamt konkrete Anhaltspunkte dafür vorgetragen noch ist nach den Feststellungen des Finanzgericht ersichtlich, dass die Übertragung der Aktien nur zum Schein erfolgte (§ 41 Abs. 2 Abgabenordnung (AO)). Es bestand zwischen dem Kläger und der Käuferin auch kein Näheverhältnis, so dass die Vereinbarung über den Verkauf der Aktien als entgeltliche Veräußerung zwischen fremden Dritten zu behandeln ist. Unerheblich ist auch, dass die Veräußerung der Aktien an die Bedingung geknüpft wurde, dass der Kläger im Gegenzug (wertlos gewordene) Aktien der Käuferin erwirbt. Denn dies ändert nichts daran, dass hinsichtlich der Aktien des Klägers ein Rechtsträgerwechsel stattgefunden hat.

Ein Gestaltungsmissbrauch gemäß § 42 AO liegt bei dem Verkauf der Aktien ebenfalls nicht vor. Der Kläger hat lediglich von gesetzlich vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten Gebrauch gemacht, diese aber nicht missbraucht.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 29. September 2020 (VIII R 9/17), veröffentlicht am 04. März 2021.

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