Update: Zur Frage der Umsatzsteuerpflicht bei Tätigkeiten einer gemeinnützigen GmbH zugunsten ihrer Mitglieder
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass Tätigkeiten einer gemeinnützigen GmbH zugunsten ihrer Mitglieder unter bestimmten Voraussetzungen nicht umsatzsteuerpflichtig sind.
Sachverhalt
Im Urteilsfall gründeten eine Kirche und ein kirchennaher Verein (einer anderen Kirche) eine gemeinnützige GmbH (die Klägerin), die mit journalistischen Mitteln den Verkündigungsauftrag erfüllen sollte. Die Klägerin belieferte wie eine Nachrichtenagentur ca. 15 Tageszeitungen als Kunden mit Meldungen, die christliche Wertvorstellungen und ethische Positionen verbreiten sollten, gegen eine geringe "Schutzgebühr". Der verbleibende Finanzbedarf wurde durch Zuwendungen der kirchlichen Gesellschafter gedeckt.
Die Klägerin ging davon aus, dass sie keine Leistungen an ihre Gesellschafter erbringe und die Verlustübernahme durch ihre Gesellschafter auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhe.
Finanzamt und das Finanzgericht Baden-Württemberg waren hingegen der Meinung, dass die Klägerin an ihre Gesellschafter umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistungen in Form der „Medienarbeit“ erbracht habe, für die sie die Zuwendungen der Gesellschafter als Entgelt erhalte.
Im Revisionsverfahren wandte die Klägerin erstmals ein, dass ihre Leistungen jedenfalls nach Unionsrecht umsatzsteuerfrei sein müssten.
Entscheidung des BFH
Der BFH hob auf diese Rüge die Vorentscheidung auf und verwies den Rechtsstreit an das Finanzgericht zurück.
Er wies darauf hin, dass das Unionsrecht insoweit zwei mögliche Steuerbefreiungen enthalte, die in den Streitjahren (2011 bis 2013) beide nicht in nationales Recht umgesetzt waren - es könne sich sowohl um steuerfreie Leistungen eines Personenzusammenschlusses an seine gemeinnützigen Mitglieder gegen Erstattung der genauen Kosten als auch um steuerfreie Leistungen einer Einrichtung ohne Gewinnstreben an ihre Mitglieder zu religiösen Zwecken gegen einen satzungsgemäß festgelegten Beitrag handeln.
Davon unabhängig muss das Finanzgericht aber auch prüfen, ob die Klägerin tatsächlich der Umsatzsteuer unterliegende Leistungen an ihre Gesellschafter erbracht hat. Der BFH entschied, dass die Wahrnehmung der allgemeinen Interessen der Gesellschafter durch eine gGmbH keine der Mehrwertsteuer unterliegende Tätigkeit ist, wenn die Tätigkeit der GmbH einer bestimmten Personengruppe (hier: allen christlichen Kirchen) zugutekommt und sich der Vorteil für den einzelnen Gesellschafter nur mittelbar aus diesen allgemeinen Vorteilen für alle Kirchen ableitet.
Die Urteilsgrundsätze könnten positive Auswirkungen für andere Personenzusammenschlüsse haben, die derartige „Leistungen“ an ihre Mitglieder erbringen. Gemeinsame Einrichtungen, die politische, gewerkschaftliche, religiöse, patriotische, weltanschauliche, philanthropische oder staatsbürgerliche Ziele verfolgen, könnten ebenfalls profitieren.
Update (04. Juli 2022)
Das Urteil XI R 35/18 wurde im BStBl. veröffentlicht, BStBl. II 2022, Seite 344.
Fundstelle
BFH, Urteil vom 23. September 2020 (XI R 35/18), veröffentlicht am 11. März 2021, vgl. die Pressemitteilung 007/21 des BFH.