Änderung von Einkommensteuerbescheiden nach § 91 Abs. 1 Satz 4 EStG aufgrund einer Mitteilung der ZfA

Die Mitteilung der Zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) führt bei Abweichungen in Bezug auf den Sonderausgabenabzug nach § 10a Abs. 1 Satz 1 EStG nicht dazu, dass das Finanzamt ungeprüft den Inhalt dieser Mitteilung umzusetzen hat; die Mitteilung nach § 91 Abs. 1 Satz 4 EStG ist im Verhältnis zum Einkommensteuerbescheid weder ein Grundlagenbescheid noch kommt ihr grundlagenbescheidsähnliche Wirkung zu. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Die Kläger werden in den Streitjahren 2010 bis 2012 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Kläger machten in ihren Steuererklärungen für die Streitjahre jeweils einen Sonderausgabenabzug gem. § 10a Abs. 1 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung geltend. In den Anlagen AV zu den Einkommensteuererklärungen gaben die Kläger an, dass jeder von ihnen unmittelbar zulageberechtigt sei.

Das Finanzamt veranlagte die Kläger zunächst erklärungsgemäß.

Im Jahr 2015 teilte die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) dem Finanzamt mit, dass der Kläger nur mittelbar zulageberechtigt sei. Daraufhin änderte das Finanzamt die Einkommensteuerfestsetzungen sowie die Feststellungen nach § 10a Abs. 4 EStG für die Streitjahre.

Die Klage vor dem Finanzgericht Hamburg blieb ohne Erfolg.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat der Revision stattgegeben und die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben.

Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide sowie die Einspruchsentscheidung sind rechtswidrig, da den Klägern aufgrund ihrer unmittelbaren Zulageberechtigung (§ 79 Satz 1 EStG) der Sonderausgabenabzug gemäß § 10a Abs. 1 EStG zu gewähren war.

Der Kläger ist, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, in den Streitjahren in der landwirtschaftlichen Alterskasse pflichtversichert gewesen. Somit ist auch er gemäß § 79 Satz 1 EStG unmittelbar zulageberechtigt und kann gemäß § 10a Abs. 1 Satz 1 EStG zusätzlich Sonderausgaben geltend machen.

Das Finanzgericht war verpflichtet, diesen Umstand bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen. Es hat eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bei seiner Entscheidung ausnahmsweise nur dann hinzunehmen, wenn der Kläger aufgrund einer Anfechtungsbeschränkung gemäß § 42 Finanzgerichtsordnung (FGO) sachlich nicht befugt ist, im anstehenden Verfahren eine dementsprechende Rechtsverletzung geltend zu machen.

Eine derartige Beschränkung ist im Streitfall nicht gegeben. Insbesondere liegen die Voraussetzungen des § 42 FGO i.V.m. § 351 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) nicht vor, wonach Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid nur durch Anfechtung jenes Bescheides, nicht aber auch durch eine solche des Folgebescheides, angegriffen werden können.

Bei der Mitteilung der ZfA an das Finanzamt i.S. von § 91 Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 1 EStG handelt es sich nicht um einen Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 Satz 1 AO).

Der Mitteilung nach § 91 Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 1 EStG kommt auch keine grundlagenbescheidsähnliche Wirkung zu. Unabhängig davon, dass eine solche Wirkung mangels Bekanntgabe an den Zulageberechtigten überhaupt nicht möglich ist, fehlt es bereits an einer entsprechenden Formulierung in § 91 Abs. 1 Satz 4 EStG. Auch § 10a EStG enthält keinen Hinweis auf eine solche Bindungswirkung.

§ 91 Abs. 1 Satz 4 EStG ermächtigt das Finanzamt lediglich, die Einkommensteuerfestsetzung i.S. des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d AO zu ändern. Der Wortlaut des § 91 Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 1 EStG sieht nur vor, dass das Finanzamt aufgrund der Mitteilung der ZfA die Steuerfestsetzung oder die gesonderte Feststellung gemäß § 10a Abs. 4 EStG zu ändern hat. Diese Änderungsnorm ist aber nicht mit einer inhaltlichen Bindungswirkung ausgestaltet worden. Vielmehr bleibt das Finanzamt auch weiterhin verpflichtet, die Steuerfestsetzung auf ihre materielle Richtigkeit hin zu überprüfen.

Ebenso wenig kommt der Mitteilung aus sonstigen Gründen Tatbestandswirkung zu.

Die von der Vorinstanz angenommene Anfechtungsbeschränkung führt zu einer Verkürzung des Rechtsschutzes für den Steuerpflichtigen.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 08. September 2020 (X R 2/19), veröffentlicht am 08. April 2021, siehe auch die im Wesentlichen inhaltsgleiche Entscheidung X R 16/19 vom selben Tage.

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