Feststellungsverfahren bei Aufgabe eines von Ehegatten betriebenen landwirtschaftlichen Verpachtungsbetriebs

Landwirtsehegatten sind Mitunternehmer, solange der landwirtschaftliche Grundbesitz beiden Ehegatten oder jedem Ehegatten im Alleineigentum oder Miteigentum gehört und dessen wirtschaftlicher Erfolg gemeinsam gefördert wird. Der jeweiligen verfahrensrechtlichen Eigenständigkeit von Festsetzungs- und Feststellungsverfahren widerspricht es, wenn der Erlass eines Feststellungsbescheides bereits deshalb ausgeschlossen wäre, weil die Festsetzungsfrist für die Folgesteuern bereits abgelaufen ist. Dies hat das Finanzgericht Baden-Württemberg entschieden.

Sachverhalt

Die Kläger sind Erben nach den zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Eheleuten A und B. Die Eheleute waren Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebs, der seit 1994 verpachtet und dessen Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung ermittelt wurde.

Mit Schreiben vom 9. Juni 2011 wurde die Aufgabe des landwirtschaftlichen Betriebs rückwirkend zum 15. März 2011 erklärt. Den selbst berechneten Aufgabegewinn in Höhe von 99.500 € erklärten A und B in ihrer Einkommensteuererklärung 2011, der das beklagte Finanzamt zunächst folgte.

Nach Durchführung einer Außenprüfung erhöhte das Finanzamt den Aufgabegewinn auf 445.844 €, den es in einem erstmaligen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen „für Ges. bürgerlichen Rechts A und B“ vom 20. August 2018 feststellte. A und B erhoben hiergegen verfahrensrechtliche Einwände und bestritten die Höhe des festgestellten Aufgabegewinns.

Richterliche Entscheidung

Das Finanzgericht Baden-Württemberg wies die Klage ab. Der angefochtene Feststellungsbescheid sei verfahrensrechtlich geboten gewesen und auch sonst materiell rechtmäßig.

Der am 17. August 2018 erlassene Feststellungsbescheid sei nicht feststellungsverjährt. Da weder A und B noch die Kläger für das Streitjahr 2011 eine Feststellungserklärung abgegeben hätten, habe die Feststellungsfrist mit Ablauf des 31. Dezember 2014 begonnen und sei (jedenfalls) bis 31. Dezember 2018 gelaufen.

A und B hätten auch ohne ausdrücklichen Gesellschaftsvertrag gemeinsam landwirtschaftliche Einkünfte erzielt (§§ 179, 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung --AO--), die ihnen als Mitunternehmer steuerlich zuzurechnen seien (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes --EStG-- i.V.m. § 13 Abs. 7 EStG). Es sei ausreichend, dass A und B zumindest als Innengesellschaft den gemeinsamen Zweck des Betriebs und der Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Unternehmens gefördert hätten. Sowohl A (mit vier Flurstücken und der Hofstelle) als auch B (mit neun Flurstücken) hätten jeweils erhebliche Gesellschafterbeiträge zur Zweckerreichung beigesteuert, so dass zumindest eine Innen-GbR vorliegt.

Landwirtsehegatten seien auch dann Mitunternehmer, wenn der selbst bewirtschaftete landwirtschaftliche Grundbesitz entweder den Eheleuten gemeinsam oder ein erheblicher Teil des landwirtschaftlichen Grundbesitzes jedem Ehegatten zu Alleineigentum oder zu Miteigentum gehört und die Eheleute in der Landwirtschaft gemeinsam arbeiten. Das gelte auch dann, wenn kein ausdrücklicher Gesellschaftsvertrag und kein der Personengesellschaft wirtschaftlich vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis vorliegt. Denn in solchen Fällen sei von einem durch schlüssiges Verhalten (konkludent) zustande gekommenen Gesellschaftsvertrag auszugehen. Vorliegend hätten A und B jeweils erhebliche Flächen zur Erreichung des gemeinsamen Unternehmenszwecks zur Verfügung gestellt. Weder A noch B hätten dabei weniger als 10% der insgesamt genutzten landwirtschaftlichen Fläche beigesteuert.

Eine gesonderte und einheitliche Feststellung sei nicht erforderlich, wenn es sich um einen Fall von geringer Bedeutung handle. Das sei hier nicht der Fall gewesen, weil weder die Höhe des Aufgabegewinns noch dessen Aufteilung festgestanden hätten (§ 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AO). Im Übrigen sei schon das Bestehen einer Mitunternehmerschaft zwischen A und B umstritten gewesen. Allein dieser Umstand führe dazu, einen Fall von geringer Bedeutung zu verneinen.

Ein Fall von geringer Bedeutung liege auch nicht vor, weil --nach dem Vortrag der Kläger-- für die Festsetzung der Einkommensteuer des Streitjahres die Festsetzungsfrist abgelaufen gewesen sei. Denn die Festsetzungsfrist für die Einkommensteuer sei zumindest im Hinblick auf A durch den Beginn der Außenprüfung noch im Jahr 2016 gehemmt gewesen (§ 171 Abs. 4 Satz 1 AO). Im Übrigen würde selbst dann kein Fall von geringer Bedeutung vorliegen, wenn die Festsetzungsfrist hinsichtlich der Einkommensteuer von A und B bereits abgelaufen gewesen wäre. Es würde der verfahrensrechtlichen Eigenständigkeit von Festsetzungs- und Feststellungsverfahren widersprechen, wenn der Erlass eines Feststellungsbescheides bereits deshalb ausgeschlossen wäre, weil die Festsetzungsfrist für die Folgesteuern bereits abgelaufen ist. Vielmehr sei die Feststellungsfrist unabhängig von der Festsetzungsfrist der Folgesteuern zu ermitteln.

Das Finanzamt habe zutreffend einen Aufgabegewinn von 445.844 € angesetzt. A und B hätten bis zur Betriebsaufgabe einen landwirtschaftlichen Betrieb unterhalten. Auch wenn ein landwirtschaftlicher Betrieb weder eine Mindestgröße noch eine Hofstelle oder einen vollen Besitz an Betriebsmitteln erfordere, könnten die Größe und die Art der Bewirtschaftung Anhaltspunkte dafür bieten, ob der Rahmen einer privaten Gartenbewirtschaftung für Eigenbedarfszwecke überschritten werde. In der Regel könne typisierend vom Bestehen eines landwirtschaftlichen Betriebs ausgegangen werden, wenn die selbstbewirtschaftete Fläche 3.000 m² übersteigen würde. Dies sei vorliegend unstreitig anzunehmen.

Die betrieblichen Teilflächen von A und B seien nicht vor der Betriebsaufgabe entnommen worden. Eine Entnahme ohne eine ausdrückliche Entnahmeerklärung liege nur dann vor, wenn der Steuerpflichtige die bisherige betriebliche Nutzung eines Wirtschaftsguts auf die Dauer so ändere, dass es seine Beziehung zum Betrieb verliere und dadurch zu notwendigem Privatvermögen werde. Die durch die Nutzungsänderung bewirkte Entnahmehandlung müsse für die am Steuerrechtsverhältnis Beteiligten äußerlich erkennbar sein. Die Nutzung der Teilflächen Nr. x und x als Pferdekoppel habe danach nicht zu einer Entnahme geführt. Auch die Betriebsverpachtung im Ganzen ab 1994 führe --ohne Ausübung des Verpächterwahlrechts-- zunächst nicht zu einer Entnahme.

Nach § 14 Satz 2 i.V.m. § 16 Abs. 3 Satz 8 EStG sei bei Aufgabe eines landwirtschaftlichen Betriebs, an dem mehrere Personen beteiligt waren, für jeden einzelnen Beteiligten der gemeine Wert der Wirtschaftsgüter anzusetzen, die er bei der Auseinandersetzung erhalten hat. Die Hofstelle und vier Flurstücke sowie neun Flurstücke hätten jeweils im Alleineigentum von A und B gestanden. Bei der Innen-GbR hätten sie daher zum jeweiligen Sonderbetriebsvermögen I von A bzw. B gehört. Daher habe der Aufgabegewinn auch nur dem jeweiligen Grundstückseigentümer zugerechnet werden können. Für eine pauschale hälftige Zurechnung sei kein Raum. Dass A und B ihren laufenden Gewinn hälftig verteilt hätten, gibt jedenfalls nicht den Verteilungsschlüssel für den Aufgabegewinn vor.

Das Urteil ist laut LEXinform rechtskräftig. Die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde durch den BFH Beschluss VI B 17/20 vom 13. November 2020 als unzulässig zurückgewiesen.

Fundstelle

Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Dezember 2019 (1 K 135/19); rkr.; siehe den Newsletter 2/2020 des Finanzgerichts.

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