Update: Erste Tätigkeitsstätte bei grenzüberschreitender Arbeitnehmerentsendung nach neuem Reisekostenrecht
Erste Tätigkeitsstätte bei grenzüberschreitender Arbeitnehmerentsendung ist die ortsfeste betriebliche Einrichtung des aufnehmenden Unternehmens, der der Arbeitnehmer im Rahmen eines eigenständigen Arbeitsvertrags mit dem aufnehmenden Unternehmen für die Dauer der Entsendung zugeordnet ist. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.
Sachverhalt
Der Kläger wurde von seinem Arbeitgeber zu einem verbundenen Unternehmen ins Ausland entsandt. Daraus ergab sich die Streitfrage, wie die ihm von dem ausländischen Arbeitgeber gewährten Zuschüsse für Unterkunft und Heimfahrten zu behandeln sind. Der Kläger ging davon aus, dass Möbelmiete sowie Flugbudget in voller Höhe und der Wohnkostenzuschuss in weiten Teilen als steuerfreie Werbungskostenerstattungen zu behandeln seien und damit nicht zu dem dem Progressionsvorbehalt unterliegenden ausländischen Arbeitslohn gehören würden.
Das Finanzamt folgte dem bei der Einkommensteuerfestsetzung nicht, sondern ging davon aus, dass dem Progressionsvorbehalt der gesamte ausländische Arbeitslohn unterläge. Die erste Tätigkeitsstätte des Klägers habe sich im Streitjahr in den USA befunden. Dorthin habe sich auch der Lebensmittelpunkt der Kläger verlagert. Der dem Progressionsvorbehalt unterliegende Arbeitslohn könne deshalb nicht um Unterkunftskosten und Kosten für Heimfahrten gemindert werden.
Die Klage vor dem Niedersächsischen Finanzgericht blieb ohne Erfolg.
Entscheidung des BFH
Der BFH hat sich der Entscheidung der Vorinstanz angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.
Die Vergütungen, die der Kläger für die Flüge zwischen den USA und Deutschland, für Möbelmiete und (anteilig) als Wohnkostenzuschuss erhielt, waren nicht gemäß § 3 Nr. 16 Einkommensteuergesetz (EStG) steuerfrei, da sie die gemäß § 9 EStG als Werbungskosten abziehbaren Beträge überstiegen. Der Kläger konnte die Aufwendungen für die Flüge, die Möbelmiete und die (anteiligen) Wohnkosten nicht gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a und Nr. 5a EStG als Werbungskosten abziehen. Denn er war in den USA nicht auswärts tätig; vielmehr befand sich seine erste Tätigkeitsstätte im Streitjahr im Werk der Gastgesellschaft.
Bei dem betreffenden Werk handelte es sich um eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers des Klägers. Nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz war der Kläger mit der Gastgesellschaft ein (befristetes) Arbeitsverhältnis eingegangen.
Die Gastgesellschaft war während der Laufzeit des (befristeten) Arbeitsverhältnisses der (lohnsteuerrechtliche) Arbeitgeber des Klägers. Der Kläger erbrachte seine Arbeitsleistungen gegenüber der Gastgesellschaft in deren Werk. Er war in den dortigen Betrieb der Gastgesellschaft eingegliedert. Ausweislich der US-amerikanischen Gehaltsbescheinigung 2014 W-2 trug die Gastgesellschaft --ungeachtet des sog. "split pay" Ansatzes-- auch den vom Kläger für seine Tätigkeit in den USA bezogenen Arbeitslohn. Dies gilt jedenfalls, soweit die vom Kläger bezogenen Vergütungen nach der US-amerikanischen Gehaltsübersicht über die sog. "United States Payroll" abgewickelt wurden.
Der Kläger war dem Werk der Gastgesellschaft auch zugeordnet. Nach der zwischen dem Kläger und der Gastgesellschaft getroffenen Vereinbarung sollte der Kläger seine Arbeit im Werk der Gastgesellschaft ableisten. Die vorgenannte Zuordnung erfolgte schließlich dauerhaft.
Update (14. September 2022)
Das Urteil VI R 21/18 wurde im BStBl. veröffentlicht, BStBl. II 2021, Seite 506.
Fundstelle
BFH, Urteil vom 17. Dezember 2020 (VI R 21/18), veröffentlicht am 29. April 2021.