Zur Annahme von Sonderbetriebseinnahmen bei Stipendiengewährung an die Mitunternehmer einer GbR

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass das einem Mitunternehmer gewährte Stipendium als Sonderbetriebseinnahme i.S. des. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 18 Abs. 4 Satz 2 EStG zu erfassen ist, wenn die durch das Stipendium geförderte Tätigkeit des Mitunternehmers im Rahmen der Mitunternehmerschaft mit deren Mitteln betrieben wird.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GbR, deren ebenfalls klagende zwei Gesellschafter Stipendiatenverträge mit einer Universität abschlossen. Danach erhielten die Gesellschafter Mittel aus dem Programm „Existenzgründungen aus der Wissenschaft (EXIST)“ zur Realisierung eines Gründungsvorhabens im Bereich der Softwareentwicklung. Nach dem jeweiligen Stipendiatenvertrag sollte das Stipendium den Gesellschaftern ermöglichen, sich ganz der Verfolgung und Realisierung ihrer Gründungsidee zu widmen. Es war weder als Vergütung noch als Arbeitsentgelt ausgestaltet, sondern diente vielmehr allein der Sicherung des Lebensunterhalts und einer angemessenen Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit des Existenzgründers während der Phase der Weiterverfolgung und Realisierung der Gründungsidee.

Die nach diesen Vereinbarungen an die beiden Gesellschafter gezahlten Stipendien in Höhe von 18.000 € bzw. 16.800 € behandelte das Finanzamt nach einer Außenprüfung als Sonderbetriebseinnahmen aus ihrer Mitunternehmerschaft bei der GbR. Ein entsprechend geänderter Feststellungsbescheid wurde am 17. Mai 2013 erlassen.

Die Klage vor dem Finanzgericht Münster hatte Erfolg (siehe den Newsletter Mai 2018 des Finanzgerichts).

Entscheidung des BFH

Der BFH hat der Revision des Finanzamtes stattgegeben, die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurückverwiesen.

Das Finanzgericht hat zwar zutreffend erkannt, dass die streitigen Stipendienzahlungen keine Sondervergütungen i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) darstellen, weil die Universität als Stipendiengeberin nicht im Sinne der Rechtsprechung des BFH (z.B. BFH, Urteil vom 14. Februar 2006, VIII R 40/03; BFH, Urteil vom 7. Dezember 2004, VIII R 58/02; BFH, Urteil vom 14. März 2012, X R 24/10) in einen Leistungsaustausch zwischen den Klägern einerseits und der GbR andererseits eingeschaltet war. Es hat jedoch unter Anwendung eines unzutreffenden rechtlichen Maßstabes angenommen, die Stipendienzahlungen könnten mangels Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis auch keine (sonstigen) Sonderbetriebseinnahmen i. S. des § 18 Abs. 4 Satz 2 i. V. mit § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sein.

Das einem Mitunternehmer gewährte Stipendium als Sonderbetriebseinnahme zu erfassen, wenn die durch das Stipendium geförderte Tätigkeit des Mitunternehmers im Rahmen der Mitunternehmerschaft mit deren Mitteln betrieben wird. Stipendien dienen regelmäßig dazu, den Geförderten bei der Umsetzung eines bestimmten Forschungs-, Ausbildungs- oder Gründungsvorhabens finanziell zu unterstützen. Sie steigern --auch soweit hiervon der Lebensunterhalt bestritten wird-- die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Stipendiaten. Bedient sich der so Geförderte als Mitunternehmer der Mitunternehmerschaft, um das geförderte Vorhaben voranzutreiben, ist die Stipendienzahlung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst.

Der BFH konnte mangels hinreichender Feststellungen des Finanzgerichts nicht entscheiden, ob die Stipendienzahlungen als Sonderbetriebseinnahmen zu qualifizieren sind. Das Finanzgericht wird im zweiten Rechtsgang die tatsächlichen Umstände der Umsetzung des geförderten Gründungsvorhabens durch die Kläger näher aufzuklären haben.

Zudem weist der BFH darauf hin, dass die Aufhebung des Feststellungsbescheides vom 17. Mai 2013 nicht schon aus verfahrensrechtlichen Gründen geboten ist.

Der Grundsatz von Treu und Glauben hindert das Finanzamt nicht daran, Stipendienzahlungen, die es bei der Einkommensteuerveranlagung eines Mitunternehmers (rechtsirrig) als steuerfreie Einnahmen i.S. des § 3 Nr. 44 EStG angesehen hat, später in einem gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 173 Abs. 1 AO geänderten Feststellungsbescheid als Sonderbetriebseinnahmen des Mitunternehmers zu erfassen.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 25. März 2021 (VIII R 47/18), veröffentlicht am 24. Juni 2021.

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