(Kein) Übergang des wirtschaftlichen Eigentums in bestimmten Fällen der Wertpapierleihe
Das Finanzgericht München hatte über die Frage zu entscheiden, ob bei einer sog. „strukturierten Wertpapierleihe“ das wirtschaftliche Eigentum an den zur Sicherheit übertragenen Aktien beim Entleiher (Sicherungsgeber) verblieben ist und der Verleiher (Sicherungsnehmer) daher nicht berechtigt ist, für die Dividenden die Steuerfreiheit nach § 8b Abs. 1 KStG in Anspruch zu nehmen und eine geleistete Kompensationszahlung als Betriebsausgabe abzuziehen.
Sachverhalt
Im zu Grunde liegenden Sachverhalt wurden seitens der Klägerin (Versicherungsgesellschaft in der Rechtsform einer AG) mit ihrer Bank im Jahr 2006 und 2008 echte Wertpapierpensionsgeschäfte mit gleichzeitigen Wertpapierdarlehen (Wertpapierleihe) durchgeführt. Während der Laufzeit der Pensionsgeschäfte wurde zwischen Klägerin und Bank jeweils eine Wertpapierleihe über die im Rahmen des Pensionsgeschäfts erworbenen festverzinslichen Wertpapiere vereinbart, wobei die Bank hierfür eine Leihgebühr zu entrichten hatte.
Für die von der Klägerin (Verleiher und Sicherungsnehmer) im Rahmen des Wertpapierdarlehens übertragenen (festverzinslichen) Wertpapiere wurden seitens der Bank (Entleiher und Sicherungsgeber) für die Dauer der Laufzeit immer wieder Aktien kurz vor dem Dividendenstichtag als Sicherheit übertragen und nach der Dividendenausschüttung gegen andere Aktien, für die eine Dividendenausschüttung anstand, ausgetauscht. Der Verleiher leistete an den Entleiher für die Dividenden, die ihm aus den zur Sicherheit übertragenen Aktien ausgeschüttet wurden, jeweils Kompensationszahlungen in Höhe der Bruttodividende.
Richterliche Entscheidung
Das Finanzgericht München hat entschieden, dass das wirtschaftliche Eigentum an den als Sicherheit übertragenen Aktien nicht auf die Klägerin als Sicherungsnehmerin übergegangen, sondern bei der Bank als Sicherungsgeber verblieben ist.
Das Finanzgericht begründet dies im Kern damit, dass der Sicherungsnehmerin aufgrund der vertraglichen Gestaltung und tatsächlichen Durchführung der wechselseitigen Austauschgeschäfte keinerlei wirtschaftlich sinnvolle Nutzung der Aktien möglich war.
Den Vertragsparteien ging es nach Auffassung des Finanzgerichts lediglich darum, eine formale zivilrechtliche Rechtsposition, mithin eine „leere Eigentumshülle“ zu übertragen, um einen steuerlichen Vorteil – hier in Form der Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) zu erreichen, die dem Sicherungsgeber als Kreditinstitut für Handelsgeschäfte nach § 8b Abs. 7 KStG verwehrt war.
Der Bezug der Dividenden und deren Weiterleitung im Rahmen der Kompensationszahlungen an die Sicherungsgeberin als wirtschaftliche Eigentümerin der Aktien sei – so das Finanzgericht – bei der Klägerin (Sicherungsnehmerin) wie ein durchlaufender Posten zu behandeln.
Fundstelle
Finanzgericht München, Urteil vom 14. Dezember 2020 (7 K 899/19); die Revision ist beim BFH unter dem Az. I R 3/21 anhängig.