Qualifikation einer US-amerikanischen LLC als Personen- oder Kapitalgesellschaft
Die Einordnung einer nach dem Recht des US-Bundesstaats Colorado gegründeten LLC als Personen- oder Kapitalgesellschaft richtet sich nach dem sog. Typenvergleich unter Berücksichtigung der im BMF-Schreiben vom 19.03.2004 genannten Merkmale. Mit diesem Beschluss bestätigt der Bundesfinanzhof seine mit Urteil vom 20.08.2008 - I R 34/08 ergangene frühere Rechtsprechung.
Hintergrund
Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes darüber, ob die Antragstellerin, eine Gesellschaft in der Rechtsform einer Limited Liability Company (LLC) der USA, als Kapitalgesellschaft einzuordnen ist, die für eine Zahlung an ihren Gesellschafter im Streitjahr (2018) Kapitalertragsteuer anmelden muss. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der LLC ist L. Nachdem L seinen Wohnsitz und seinen Lebensmittelpunkt im Juli 2017 von Z nach Deutschland verlegt hatte, befand sich auch der Ort der Geschäftsleitung der Antragstellerin i.S. des § 10 Abgabenordnung (AO) in Deutschland. Am 31.12.2018 überwies L einen Betrag von einem Bankkonto der Antragstellerin auf ein privates Bankkonto. Hierfür gab die Antragstellerin am 28.07.2020 beim Finanzamt eine Kapitalertragsteuer-Anmeldung ab.
Gegen diese Kapitalertragsteuer-Anmeldung legte die Antragstellerin Einspruch ein. Auf Grundlage eines Typenvergleichs sei sie nicht als Kapitalgesellschaft, sondern als Personengesellschaft einzuordnen. Deshalb handele es sich bei der Zahlung an L auch nicht um eine kapitalertragssteuerpflichtige verdeckte Gewinnausschüttung, sondern um eine nicht steuerbare Entnahme. Das Finanzamt hat über diesen Einspruch bisher noch nicht entschieden. Das Finanzgericht hatte die Beschwerde zur beantragten Aussetzung der Vollziehung abgelehnt.
Beschluss des BFH
Auch der BFH wies die Beschwerde als unbegründet zurück. Im Streitfall bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Kapitalertragsteuer-Anmeldung.
Der BFH hat bei summarischer Prüfung keine ernstlichen Zweifel, dass die Antragstellerin trotz der Verlegung des Orts der Geschäftsleitung nach Deutschland zivilrechtlich fortbestanden hat, so dass Kapitalertragsteuer i.S. des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) anfallen kann. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG erfasse auch Bezüge aus der Beteiligung an ausländischen Gesellschaften, die nach ihrer Struktur einer nach deutschem Recht errichteten AG oder GmbH im Wesentlichen entsprechen. Sowohl das ausländische Rechtsgebilde als auch die konkrete Beteiligungsform des Steuerpflichtigen müssen vom Typ her den Gesellschafts- und Beteiligungsformen gleichen, die in § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG genannt werden. Entscheidend ist eine rechtliche und wirtschaftliche Gesamtwürdigung der maßgebenden ausländischen Bestimmungen über die Organisation und Struktur der Gesellschaft sowie deren konkrete Ausformung in der Satzung dieser Gesellschaft. Die Antragstellerin ist nach einer Gesamtwürdigung dieser Merkmale mit einer inländischen Kapitalgesellschaft i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG vergleichbar (Rz. 20 des Urteils).
Im Streitfall reicht es aus, dass die besonders bedeutsamen Merkmale Geschäftsführung und Vertretung, beschränkte Haftung und Gewinnzuteilung sowie zusätzlich das Merkmal der formalen Gründungsvoraussetzungen für eine Gleichstellung mit einer inländischen Kapitalgesellschaft sprechen. Das Merkmal der Gewinnverteilung sei zumindest neutral zu werten, so der BFH. Die Merkmale der Übertragbarkeit der Anteile, der Kapitalaufbringung und der Lebensdauer können daher nicht dazu führen, die Gleichstellung mit einer inländischen Kapitalgesellschaft in Zweifel zu ziehen, zumal die Merkmale Übertragbarkeit der Anteile und Lebensdauer zumindest im Streitfall eine nur beschränkte Aussagekraft haben.
Bestätigung der früheren Rechtsprechung
Der BFH bestätigt insoweit seine hierzu ergangene frühere Rechtsprechung im Urteil vom 20. August 2008 (I R 34/08). Dort ging es um eine nach dem Recht des Staates Florida gegründete US-amerikanische LLC, welche in den USA infolge der Ausübung des dort gegebenen steuerlichen Wahlrechts nicht mit der dortigen Corporate Tax besteuert, sondern wie eine Personengesellschaft behandelt wird. Das damalige Urteil des BFH ist zwar noch zu der bisherigen Regelungslage nach dem alten Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Deutschland und den USA ergangen. Der BFH weist in seiner aktuellen Entscheidung jedoch explizit darauf hin, dass diese Regelungen auch durch die Neufassung des DBA in Art. 29 Abs. 1 DBA-USA 1989/2008 bestätigt werden.
Fundstelle
BFH, Beschluss vom 18. Mai 2021 (I B 75/20), als NV-Entscheidung veröffentlicht am 30. September 2021.