Überblick über das Steueroasen-Abwehrgesetz

Mit dem "Gesetz zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb und zur Änderung weiterer Gesetze" wurden die Schlussfolgerungen des Rates der Europäischen Union zur Anlage I der EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke (sog. "schwarze Liste") sowie die seitdem in diesem Zusammenhang durch die Code of Conduct Group (Business Taxation) verhandelten und vom Rat gebilligten Maßnahmen in deutsches Recht umgesetzt.

A. Allgemeines

Wesentlicher Bestandteil des Gesetzes ist die in Artikel 1 vorgesehene Schaffung eines "Gesetz[es] zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb" (Steueroasen-Abwehrgesetz – StAbwG).

Dieses zielt im Kern darauf ab, steuerliche Abwehrmaßnahmen (insb. eine Abzugsbeschränkung (§ 8), eine verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung (§ 9), Quellensteuermaßnahmen (§ 10), die Aussetzung von § 8b KStG (§ 11) und gesteigerte Mitwirkungspflichten (§ 12)) zu regeln, welche im Verhältnis zu Steuerhoheitsgebieten Anwendung findet, die auf der sog. “schwarzen Liste” der EU geführt werden, wobei die Liste keine unmittelbare Bindungswirkung entfaltet, sondern nur die innerstaatliche Rechtsverordnung verbindlich ist (siehe unter § 3 StAbwG). Der Referentenentwurf der Rechtsverordnung ist am 25. Oktober 2021 veröffentlicht worden.

Die schwarze Liste der EU wird in regelmäßigen Abständen aktualisiert und umfasst derzeit (Stand 5. Oktober 2021) die folgenden Steuerhoheitsgebiete:

- Amerikanisch-Samoa,
- die Amerikanischen Jungferninseln,
- Fidschi,
- Guam,
- Palau,
- Panama,
- Samoa,
- Trinidad und Tobago und
- Vanuatu.

Die vorgenannten Steuerhoheitsgebiete, die bei Vorliegen auch der übrigen Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 StAbwG (siehe hierzu weiter unten) als nicht kooperative Steuerhoheitgebiete gelten, werden zur Schaffung von Rechtssicherheit nach § 3 Abs. 2 StAbwG durch Rechtsverordnung noch verbindlich bekannt gemacht. Der am 25. Oktober 2021 veröffentlichte Referentenentwurf der Rechtsverordnung enthält alle neun Steuerhoheitsgebiete, die sich derzeit auf der schwarzen Liste der EU befinden.

B. Einzelheiten

I. Artikel 1: Gesetz zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb und zur Änderung weiterer Gesetze (Steueroasen-Abwehrgesetz – StAbwG)

§ 1 Anwendungsbereich

Persönlicher Anwendungsbereich

Das StAbwG ist nach § 1 Abs. 1 StAbwG auf natürliche Personen, Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen anzuwenden.

Erfasst sind nach der Entwurfsbegründung (S. 19) “alle” Steuerpflichtigen, sodass § 1 StAbwG für unbeschränkt wie beschränkt Steuerpflichtige greift.

Soweit das Gesetz auf von einem Steuerpflichtigen unterhaltene Geschäftsbeziehungen oder Beteiligungsverhältnisse abstellt, sollen auch Personengesellschaften als Steuerpflichtige gelten (Begründung S. 19). Weiter führt die Begründung aus, dass Personengesellschaften hierdurch jedoch nicht als Steuerpflichtige im einkommen- bzw- körperschaftsteuerlichen Sinne gesehen werden. Eine vergleichbare Vorgehensweise mit Blick auf Personengesellschaften findet sich auch in § 1 Abs. 1 Satz 2 AStG.

Sachlicher Anwendungsbereich

Hinsichtlich der betroffenen Steuerarten erstreckt sich der sachliche Anwendungsbereich des Gesetzes nach § 1 Abs. 2 StAbwG grds. auf alle Steuern, einschließlich der Steuervergütungen, die durch Bundesrecht oder Recht der Europäischen Union geregelt sind und durch Bundesfinanzbehörden, oder Landesfinanzbehörden oder Gemeinden verwaltet werden. Explizit vom Anwendungsbereich ausgenommen sind die

  • Umsatzsteuer (einschließlich der Einfuhrumsatzsteuer),
  • Einfuhr- und Ausfuhrabgaben und
  • Verbrauchsteuern.

Faktisch wirken sich die vorgesehenen Abwehrmaßnahmen ohnehin nur bei den Ertragsteuern aus.

Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 StAbwG werden die Vorschriften des StAbwG ungeachtet möglicherweise entgegenstehender Vorschriften in DBA zur Anwendung gelangen. Darüberhinaus regelt § 1 Abs. 3 Satz 2 StAbwG, dass deutsche Besteuerungsrechte generell (und damit auch außerhalb des StAbwG) durch DBA nicht berührt werden.

§ 2 Begriffsbestimmungen

Nicht kooperatives Steuerhoheitsgebiet

Nach § 2 Abs. 1 StAbwG wird ein Staat oder ein Gebiet (Steuerhoheitsgebiet) als nicht kooperativ anzusehen sein, wenn das Steuerhoheitsgebiet eine der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1, des § 5 Abs. 1 oder des § 6 erfüllt.

Ansässige Personen (§ 2 Abs. 2 StAbwG)

Ansässig in einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet im Sinne dieses Gesetzes sind

  1. natürliche Personen, wenn sie einen Wohnsitz (§ 8 der Abgabenordnung) oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 der Abgabenordnung);
  2. Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, wenn sie einen Sitz (§ 11 der Abgabenordnung) oder ihren Ort der Geschäftsleitung (§ 10 der Abgabenordnung) in einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet haben.

Tatbestandlich kann es somit ausreichen, wenn sich z.B. der (Zweit-)Wohnsitz eines Steuerpflichtigen in einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet befindet.

§§ 3 bis 6 Vorliegen eines nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiets

Die in den §§ 8 bis 11 StAbwG vorgesehenen Abwehrmechanismen werden nur in Bezug auf bestimmte, nicht kooperative Staaten und Gebiete (Steuerhoheitsgebiete) zur Anwendung gelangen.

Nach § 2 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 StAbwG wird ein Staat oder ein Gebiet (Steuerhoheitsgebiet) als nicht kooperativ anzusehen sein, wenn die nachfolgenden Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:

  1. es muss sich um ein Steuerhoheitsgebiet handeln, das in der im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Anlage I zur EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke (sog. "schwarze Liste" der EU) in der jeweils aktuellen Fassung genannt ist (aktueller Stand 5. Oktober 2021: Amerikanisch-Samoa, Fidschi, Guam, Palau, Panama, Samoa, Trinidad und Tobago, die Amerikanischen Jungferninseln und Vanuatu) und
  1. dieses Steuerhoheitsgebiet (i) gewährleistet keine hinreichende Transparenz in Steuersachen (§ 4 Abs. 1 StAbwG), (ii) betreibt unfairen Steuerwettbewerb (§ 5 Abs. 1 StAbwG) oder(iii) hat sich nicht zur Umsetzung der Mindeststandards des OECD/G20 BEPS-Projekts gegen Gewinnkürzung und Gewinnverschiebung verpflichtet (§ 6 StAbwG) und
  1. das nicht kooperative Steuerhoheitsgebiet im vorgenannten Sinne ist als solches in der vom BMF und vom BMWi mit Zustimmung des Bundesrates erlassenen Rechtsverordnung aufgeführt (§ 3 Abs. 1 bis 3 StAbwG).

Zu 3: § 3 Abs. 1 bis 3 StAbwG - Rechtsverordnung des BMF und des BMWi über die nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiete

Die Steuerhoheitsgebiete, die nach § 2 Abs. 1 StAbwG als nicht kooperativ zu qualifizieren sind, werden nach § 3 Abs. 1 StAbwG vom BMF und BMWi (mit Zustimmung des Bundesrates) im Wege der Rechtsverordnung bekannt gemacht. Dasselbe gilt nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 StAbwG für den Zeitpunkt, ab dem ein bisher als nicht kooperativ genanntes Steuerhoheitsgebiet die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 StAbwG nicht länger erfüllt, mithin als kooperativ anzusehen ist.

Die Rechtsverordnung ist grds. maßgeblich für die Anwendung der §§ 7 bis 12 StAbwG. Sollte jedoch ein Steuerhoheitsgebiet von der Liste der EU entfernt werden, sind bereits die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 1 StAbwG nicht mehr erfüllt, sodass dann im Ergebnis schon gar kein “nicht kooperatives Steuerhoheitsgebiet” mehr vorliegen kann.

Zu 2: §§ 4 - 6 StAbwG

Einführender Hinweis

Wenn ein Steuerhoheitsgebiet nicht in der EU-Liste genannt ist, haben die §§ 4 bis 6 StAbwG isoliert gesehen keine eigene Bedeutung (i. Erg. so auch die Begründung auf S. 20). Ein Steuerhoheitsgebiet kann daher nicht allein deswegen als unkooperativ qualifizieren, weil es die Voraussetzungen der §§ 4 bis 6 StAbwG erfüllt.

Ein Steuerhoheitsgebiet wäre dagegen dann als kooperativ zu qualifizieren, wenn es zwar auf der schwarzen Liste der EU steht, die Anforderungen des §§ 4 bis 6 StAbwG aus deutscher Sicht insgesamt jedoch nicht (mehr) erfüllt sind und dies in der Rechtsverordnung so hinterlegt wird.

(i) § 4 StAbwG - Intransparanz in Steuersachen

Nach § 4 Abs. 1 StAbwG ist ein Steuerhoheitsgebiet u.a. dann nicht kooperativ, wenn es keine hinreichende Transparenz in Steuersachen gewährleistet. Dies ist nach § 4 Abs. 2 StAbwG der Fall, wenn dieses Steuerhoheitsgebiet

  • keinen automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen mit der Bundesrepublik Deutschland sowie allen anderen Mitgliedstaaten der EU nach dem gemeinsamen Meldestandard der OECD vom 21.7.2014 (Common Reporting Standard – CRS) vornimmt (vgl. hierzu § 4 Abs. 3 StAbwG),
  • nicht weitgehend den OECD Standard für Transparenz und effektiven Informationsaustausch auf Ersuchen umgesetzt hat (sog. EOIR-Standard, vgl. hierzu § 4 Abs. 4 StAbwG); oder
  • das Übereinkommen vom 25. Januar 1988 über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen in der Fassung des Änderungsprotokolls vom 27. Mai 2010 nicht ratifiziert hat oder, sofern das Steuerhoheitsgebiet nicht über die volle staatliche Souveränität verfügt, es dem Übereinkommen vom 25. Januar 1988 über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen in der Fassung des Änderungsprotokolls vom 27. Mai 2010 nicht beigetreten ist; Ausnahme: das Steuerhoheitsgebiet verfügt über ein hinreichend dichtes Netz von Abkommen (bspw. Informationsaustauschabkommen, DBA), die wirksam sowohl den automatischen als auch den nicht-automatischen Informationsaustausch mit allen Mitgliedstaaten ermöglichen.

(ii) § 5 StAbwG - Unfairer Steuerwettbewerb

Nach § 5 Abs. 2 StAbwG betreibt ein Steuerhoheitsgebiet unfairen Steuerwettbewerb und somit nach Abs. 1 nicht kooperativ sein, wenn es Regelungen (einschließlich Rechts-, Verwaltungsvorschriften und Verwaltungspraktiken auf dem Gebiet des Steuerrechts) anwendet, die - gemessen an den üblicherweise in dem betreffenden Steuerhoheitsgebiet geltenden Besteuerungsniveaus - eine deutlich niedrigere Effektivbesteuerung, einschließlich einer Nullbesteuerung, bewirken. § 5 Abs. 2 StAbwG enthält - in Anlehnung an die Kriterien, die in den Schlussfolgerungen des Rates der Europäischen Union vom Dezember 2017 enthalten sind und die wiederum teilweise Bezug nehmen auf das Mandat der Gruppe Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung) aus dem Jahr 1997 - eine nicht abschließende ("insbesondere") Auflistung von Merkmalen bzw. Fallgruppen, bei denen hinsichtlich bestehender Regelungen von einem unfairen Steuerwettbewerb auszugehen ist:

  • ausschließliche Gewährung eines Vorteils an Gebietsfremde oder für Transaktionen mit Gebietsfremden,
  • keine Auswirkungen auf die innerstaatliche “Steuergrundlage”,
  • kein Erfordernis einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit oder Präsenz in dem diese Vorteile gewährenden Steuerhoheitsgebiet,
  • Abweichung von international allgemein anerkannten Gewinnermittlungsgrundsätzen insb. der OECD in Bezug auf Aktivitäten innerhalb einer multinationalen Unternehmensgruppe, oder
  • intransparente, insb. nicht allgemein vorhersehbare oder hinreichend dokumentierte Regelungen einschließlich der Fälle, in denen von gesetzlichen Regelungen durch die Verwaltungsbehörden bewusst abgewichen wird, um gesetzlich nicht vorgesehene Vorteile zu gewähren.

§ 5 Abs. 3 StAbwG enthält eine Regelung für Steuerhoheitsgebiete, die über kein oder über ein Körperschaftsteuersystem verfügen, dessen Anwendung zu einem effektiven KSt-Satz von null oder nahe null führt (Nullsatzjurisdiktion). Wann ein Steuersatz “nahe null” sein soll, führt weder das Gesetz noch die Entwurfsbegründung aus. Regelungen sowie Strukturen sind in diesen Fällen dann als unfairer Steuerwettbewerb anzusehen, wenn sie

  • darauf abzielen, Gewinne anzuziehen, die keine reale Wirtschaftstätigkeit in dem Staat oder Gebiet abbilden, und
  • sich daraus eine den vorgenannten Regelungen nach § 5 Abs. 2 StAbwG entsprechende Wirkung ergibt, wobei es für die Beurteilung der Wirkung unerheblich ist, ob es sich um steuerliche oder nichtsteuerliche Regelungen und Strukturen in dem betreffenden Steuerhoheitsgebiet handelt.

Allein der Umstand, dass ein Steuerhoheitsgebiet eine Nullsatzjurisdiktion ist, führt jedoch nicht dazu, dass die betreffenden Regelungen oder Strukturen dieses Steuerhoheitsgebietes als unfairer Steuerwettbewerb anzusehen sind.

(iii) § 6 StAbwG - Nichterfüllung der BEPS-Mindeststandards

Nach § 6 Abs. 1 StAbwG ist ein Steuerhoheitsgebiet auch dann als nicht kooperativ zu qualifizieren, wenn es sich nicht zur Umsetzung BEPS-Mindeststandards verpflichtet hat.

Nach § 6 Abs. 2 StAbwG gilt ein Steuerhoheitsgebiet trotz seiner Verpflichtung zur Umsetzung der BEPS-Mindeststandards auch dann als nicht kooperativ, wenn es

  • nicht mit der Bundesrepublik Deutschland sowie allen anderen Mitgliedstaaten der EU über einen Mechanismus zum Austausch länderbezogener Berichte verfügt oder
  • hinsichtlich der Vertraulichkeit, der Datenschutzvorkehrungen, der sachgemäßen Verwendung oder dem rechtzeitigen und ausreichenden Austausch von Informationen zu länderbezogenen Berichten vom Mindeststandard in BEPS-Aktionspunkt 13 "Verrechnungspreisdokumentation und länderbezogene Berichterstattung" wesentlich abweicht; nach der Begründung zum Referentenentwurf kann dies z.B. der Fall sein, wenn das Steuerhoheitsgebiet nach erfolgter Überprüfung durch das bei der OECD angesiedelte Inclusive Framework on BEPS keine positive Bewertung für die wirksame Anwendung der Maßnahmen des Aktionspunkts 13 erhalten hat.

§§ 7 - 11: Materielle Abwehrmaßnahmen

Die §§ 7 bis 11 StAbwG enthalten verschiedene materielle Abwehrmaßnahmen, wobei § 7 StAbwG im Wesentlichen den sachlichen Anwendungsbereich der gesetzlichen Maßnahmen definiert.

Die §§ 8 bis 11 StAbwG ordnen dann die Anwendung verschiedener Maßnahmen an (Abzugsbeschränkung in § 8 StAbwG, verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung in § 9 StAbwG, Quellensteuermaßnahmen in § 10 StAbwG und Maßnahmen bei Gewinnausschüttungen und Anteilsveräußerungen in § 11 StAbwG), sofern ein Geschäftsvorgang nach § 7 StAbwG im Verhältnis zu einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet (§ 2 Abs. 1 i.V.m. § 3 StAbwG) gegeben ist. Die Maßnahmen können im Outbound- wie Inbound-Fall relevant sein.

§ 7 StAbwG - Betroffene Geschäftsvorgänge

Gemäß § 7 Satz 1 StAbwG sind die §§ 8 bis 11 StAbwG bei sog. Geschäftsvorgängen anwendbar. Definiert sind Geschäftsvorgänge als Geschäftsbeziehungen oder Beteiligungsverhältnisse in oder mit Bezug zu einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet. Satz 1 ist auch auf anzunehmende schuldrechtliche Beziehungen (“dealings”) gem. § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AStG anzuwenden und auf Vorgänge, die auf einer gesellschaftsrechtlichen Vereinbarung beruhen. Ob die den Geschäftsbeziehungen zugrunde liegenden Transaktionen fremdüblich sind, spielt keine Rolle.

Irrelevant ist lt. Entwurfsbegründung (S. 23) grds., ob es sich um Vorgänge zwischen nahestehenden Personen handelt, wobei die §§ 9 und 11 StAbwG tatbestandlich ein Beteiligungsverhältnis erfordern, die §§ 8 und 10 dagegen nicht. Erfasst sind auch Vorgänge, die auf einer gesellschaftsrechtlichen Vereinbarung beruhen (die Begründung spricht diesbezüglich von von gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen).

§ 8 StAbwG - Verbot des Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzugs

§ 8 Satz 1 StAbwG regelt, dass Aufwendungen aus Geschäftsvorgängen i.S.d. § 7 StAbwG den Gewinn oder den Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten nicht mindern dürfen. Erfasst sind nur Aufwendungen aus unmittelbaren Geschäftsvorgängen mit den entsprechenden Gebieten.

Gemäß Satz 2 kommt die Abzugsbeschränkung nach Satz 1 nicht zur Anwendung, soweit

  1. die den Aufwendungen entsprechenden Erträge der unbeschränkten oder beschränkten Steuerpflicht nach EStG/KStG oder diesem Gesetz (nach der Begründung bezieht sich der Verweis auf § 10 StAbwG, vgl. S. 24) unterliegen oder
  1. auf Grund der aus den Aufwendungen resultierenden Einnahmen ein Hinzurechnungsbetrag i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 1 AStG anzusetzen ist.

§ 8 StAbwG ist damit nachrangig ggü. den §§ 9 und 10 StAbwG und § 49 EStG und der normalen Hinzurechnungsbesteuerung.

§ 9 StAbwG - Verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung

Bei Beteiligungen gem. § 7 AStG an in nicht kooperativen Hoheitsgebieten ansässigen (ausländischen) Gesellschaften, sind die §§ 7 bis 21 AStG gem. § 9 Satz 1 StAbwG mit der Maßgabe anzuwenden, dass die ausländische Gesellschaft als Zwischengesellschaft mit sämtlichen Einkünften der Hinzurechnungsbesteuerung unterliegt.

Der Nachweis einer Aktivität gem. § 8 Abs. 1 AStG, einer nicht vorliegenden Niedrigbesteuerung gem. § 8 Abs. 5 AStG oder die Anwendung des “Motivtests” des § 8 Abs. 2 - 4 AStG ist nicht möglich.

Durch die Bezugnahme auf § 7 AStG sind auch mittelbare Fälle von § 9 Satz 1 StAbwG erfasst, in denen die Beteiligung an einer in einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet ansässigen Gesellschaft nicht unmittelbar vom inländischen unbeschränkt Steuerpflichtigen, sondern einer anderen im Ausland ansässigen Gesellschaft gehalten wird.

Satz 4 regelt, dass Satz 1 nicht gilt, soweit dessen Anwendung zu niedrigeren steuerpflichtigen Einkünften führen würden als ohne dessen Geltung. Laut Gesetzesbegründung soll hiermit eine Besserstellung gegenüber dem Status quo als Folge der Zusammenrechnung sämtlicher Einkünfte bei der Berechnung der Niedrigsteuergrenze (bspw. niedrig besteuerte passive Einkünfte werden mit hochbesteuerten aktiven Einkünften verrechnet) verhindert werden (s. BT-Drs. 19/28901, S. 24).

Darüber hinaus sieht § 9 Satz 5 StAbwG vor, dass die "verschärfte" Hinzurechnungsbesteuerung auch für Zwecke des § 20 Abs. 2 AStG für sämtliche Einkünfte der Betriebsstätte gelten wird. Bedeutung hat dies auch für die Gewerbesteuer (§ 7 Satz 8 GewStG).

§ 10 StAbwG - Quellensteuermaßnahmen

§ 10 Satz 1 StAbwG erweitert die bislang ausschließlich in § 49 EStG geregelten beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte für in einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet ansässige natürliche Personen, Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen deutlich.

Die Erweiterung umfasst (alternativ und abschließend)

Nr. 1: Finanzierungsbeziehungen

Nr. 2: Versicherungs- oder Rückversicherungsleistungen

Nr. 3: der Erbringung von Dienstleistungen, soweit nicht bereits die Nr. 1 und 2 erfüllt sind

Nr. 4: dem Handel mit Waren oder Dienstleistungen

Anknüpfungspunkt für die vier vorstehend genannten Kategorien ist, dass die Einkünfte nach § 2 Abs. 1 Satz 1, HS 1 EStG bei unbeschränkt Steuerpflichtigen der Besteuerung unterlägen, und die ihnen hierbei gewährten Vergütungen auf Ebene eines anderen Steuerpflichtigen ungeachtet des § 8 Satz 1 StAbwG im Rahmen seiner Veranlagung im Inland als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden können. Durch die Wendung “ungeachtet des § 8 Satz 1” wird erneut ausgedrückt, dass die Regelung in § 10 dem § 8 vorgehen soll (siehe so auch die Entwurfsbegründung auf S. 25).

Finanzierungsbeziehungen sind lt. Begründung (S. 25) insbesondere Darlehen und Finanzierungsleasing; Zinsen sind hiernach also auch dann steuerpflichtig, wenn diese nicht mit inländischem Grundbesitz besichert sind, Dienstleistungen sollen lt. Begründung insbesondere Rechts- und Beratungsleistungen und Onlinewerbung sein.

Gem. § 10 Satz 2 StAbwG sollen § 50a (außer Abs. 6 und 7), die §§ 73c bis g EStDV und die sonstigen Vorschriften, die an den Steuerabzug nach § 50a EStG anknüpfen, entsprechend gelten. Nach § 10 Satz 3 StAbwG wird § 50a Abs. 2 Satz 1 EStG mit der Maßgabe anzuwenden sein, dass der Steuersatz 15% der gesamten Einnahmen beträgt.

§ 11 StAbwG - Maßnahmen bei Gewinnausschüttungen und Anteilsveräußerungen

Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 StAbwG sind auf Bezüge i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG, die von einer nicht in einem kooperativen Steuerhoheitsgebiet ansässigen Körperschaft geleistet werden,

Nr. 1: § 8b Abs. 1 KStG und

Nr. 2: in DBA enthaltene vergleichbare Vorschriften

nicht anwendbar. § 9 Nr. 7 GewStG wird hingegen nicht genannt.

Nach Satz 2 werden auf Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer Körperschaft oder Personenvereinigung, deren Leistungen beim Empfänger zu Bezügen i.S.v. § 11 Abs. 1 Satz 1 führen, § 8b Abs. 2 KStG und vergleichbare DBA-Vorschriften keine Anwendung finden.

  • 11 Abs. 1 Satz 3 StAbwG regelt, dass die § 11 StAbwG auch für sog. "Durchschüttungsfälle" gilt, bei denen sich Ausschüttungen einer Körperschaft unmittelbar oder mittelbar aus Ausschüttungen oder Veräußerungsgewinnen speisen, die von in nicht kooperativen Gebieten ansässigen Rechtsträgern stammen. Nach der Begründung (S. 25) soll hiermit Umgehungsgestaltungen entgegengewirkt werden, in denen die Beteiligung an einer in einem nicht kooperativen Staat ansässigen Gesellschaft nicht unmittelbar, sondern über eine nahestehende Person gehalten wird. Die Regelung des Satzes 3 gilt allerdings dann nicht, wenn bereits auf Ebene der nahestehenden Person entweder § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 StAbwG oder vergleichbare (ausländische) Vorschriften angewendet worden sind. Nicht geregelt ist hingegen, wie mit "Altgewinnen" umzugehen ist, die noch nicht ausgeschüttet wurden. Nach derzeitiger Gesetzeslage wären diese der Regelungslogik des § 11 StAbwG zu unterwerfen. Daneben ist nicht geregelt, wie zu ermitteln ist, aus welchen "durchgeschütteten" Dividenden sich "schädliche" Ausschüttungen speisen.
  • 11 Abs. 2 StAbwG sieht u.a. vor, dass Einkünfte iSd Abs. 1 nicht dem gesonderten Steuersatz für Einkünfte aus Kapitalvermögen unterliegen und das Teileinkünfteverfahren gem. § 3 Nr. 40 Satz 1 und 2 EStG keine Anwendung findet.

Gemäß § 11 Abs. 3 StAbwG finden die Abs. 1 und 2 keine Anwendung, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass die Ausschüttungen aus Beträgen resultieren, die beim Leistenden bereits der Besteuerung nach § 10 StAbwG (Quellensteuermaßnahmen) unterlegen haben oder für die das Abzugsverbot des § 8 StAbwG (Werbungskosten-/Betriebsausgaben-Abzugsverbot) anwendbar ist. Nach der Begründung soll dies gleichermaßen für die Versagung der Steuerbefreiung bei Anteilsveräußerungen gelten, was der Gesetzeswortlaut jedoch nicht reflektiert.

Verhältnis der Maßnahmen zueinander

Lt. Begründung (S. 23) soll auf einen Geschäftsvorgang i.S.d. § 7 Abs. 1 StAbwG immer nur eine Maßnahme angewendet werden.

§ 8 StAbwG (Abzugsverbot) vs. § 9 StAbwG (verschärfte HZB)

Gem. § 8 Satz 2 Nr. 2 StAbwG gilt ein generelles Vorrangverhältnis zugunsten der (normalen und verschärften) Hinzurechnungsbesteuerung.

§ 8 StAbwG (Abzugsverbot) vs. § 10 StAbwG (Quellensteuermaßnahmen)

Gemäß § 8 Satz 2 StAbwG findet das Abzugsverbot nach Satz 1 u.a. dann keine Anwendung, wenn § 10 StAbwG auf Ebene des Zahlungsempfängers anzuwenden ist. Die Ausweitung der Quellenbesteuerung nach § 10 StAbwG ist somit vorrangig vor dem Abzugsverbot für Betriebsausgaben und Werbungskosten nach § 8 StAbwG anzuwenden. Begründet wird dies vor allem mit einer einfacheren Administrierbarkeit der Quellenbesteuerungsmaßnahmen (vgl. S. 24).

§ 9 StAbwG (verschärfte HZB) vs. § 10 StAbwG (Quellensteuermaßnahmen)

Eine im Rahmen von § 10 erhobene Quellensteuer ist laut Begründung im Rahmen der Anwendung von § 9 bei der Besteuerung des Hinzurechnungsbetrags abzuziehen oder anzurechnen (§ 10 Abs. 1 AStG/§ 12 AStG; siehe auch Tz. 10.1.2.1 sowie Tz. 12.1.2). Insofern wird zwar kein Vorrangverhältnis zwischen den §§ 9 und 10 geregelt, jedoch eine Doppelerfassung durch Anrechnung immerhin abgemildert. Dies gilt für Zwecke der Hinzurechnungsbesteuerung allerdings nur mit Wirkung für die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer und nicht für die Gewerbesteuer.

§ 11 StAbwG (Gewinnausschüttungen/Anteilsveräußerungen) vs. §§ 8 - 10 StAbwG (Abzugsverbot | verschärfte HZB | Quellensteuermaßnahmen)

§ 11 StAbwG ist gemäß dessen Abs. 3 nachrangig zu den §§ 8 und 10 StAbwG anzuwenden. § 11 StAbwG findet keine Anwendung, soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass die Ausschüttungen aus Beträgen resultieren, die bei der ausschüttenden Gesellschaft bereits der inländischen Quellenbesteuerung nach § 10 StAbwG unterlegen haben oder für die bereits das WK/BA-Abzugsverbot nach § 8 StAbwG angewendet wurde. Zum Verhältnis zu § 9 StAbwG findet sich keine gesetzliche Regelung, was daran liegen dürfte, dass § 9 StAbwG “nur” die tatbestandlich modifizierte Geltung der §§ 7-21 AStG anordnet.

§ 12 StAbwG: Gesteigerte Mitwirkungspflichten

In Ergänzung zu den nach § 90 AO bestehenden (allgemeinen) Mitwirkungspflichten sieht § 12 StAbwG für Geschäftsvorgänge i.S.d. § 7 StAbwG gesteigerte Mitwirkungspflichten vor. Konkret sind nach § 12 Abs. 2 StAbwG Aufzeichnungen zu folgenden Punkten zu erstellen:

  1. Darstellung der Geschäftsbeziehungen, Übersicht über Art und Umfang dieser Geschäftsbeziehungen, insbesondere Wareneinkauf, Dienstleistungen, Darlehensverhältnisse, Versicherungsverhältnisse, Nutzungsüberlassungen sowie Kostenumlagen;
  2. Verträge und vereinbarte Vertragsbedingungen, die den Geschäftsbeziehungen zugrunde liegen, und ihre Veränderung innerhalb des Wirtschaftsjahres;
  3. Auflistung von Vereinbarungen mit Bezug zu immateriellen Werten, einschließlich Kostenumlagevereinbarungen sowie Forschungsdienstleistungsvereinbarungen und Lizenzvereinbarungen, sowie Auflistung der immateriellen Werte, die der Steuerpflichtige im Rahmen der betreffenden Geschäftsbeziehungen nutzt oder zur Nutzung überlässt;
  4. die von den Beteiligten im Rahmen der Geschäftsbeziehungen ausgeübten Funktionen und übernommenen Risiken sowie deren Veränderungen innerhalb des Wirtschaftsjahres;
  5. die eingesetzten wesentlichen Vermögenswerte;
  6. die gewählten Geschäftsstrategien;
  7. die Markt- und Wettbewerbsverhältnisse, die für die Besteuerung von Bedeutung sind;
  8. die natürlichen Personen, die unmittelbar oder mittelbar Gesellschafter oder Anteilseigner einer Gesellschaft in dem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet sind, zu dem der Steuerpflichtige in Geschäftsbeziehung steht; Ausnahme - Börsenklausel: mit der Hauptgattung der Aktien der ausländischen Gesellschaft findet ein wesentlicher und regelmäßiger Handel an einer Börse in einem EU-/EWR-Staat statt oder an einer Börse, die in einem anderen Staat nach § 193 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 4 KAGB von der BaFin zugelassen ist.

Die Aufzeichnungspflichten nach § 12 Abs. 2 StAbwG entsprechen im Wesentlichen denjenigen, die bisher an anderer Stelle (§§ 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f EStG bzw. § 33 Abs. 1 Nr. 2 KStG i.V.m. § 1 Abs. 4 Steuerhinterziehungsbekämpfungsverordnung) für grenzüberschreitende Sachverhalte in Bezug auf Staaten und Gebiete vorgesehen sind, die keine dem OECD-Standard entsprechende Amtshilfe in Steuersachen gewährleisten, und diese ersetzen werden. Die vorgenannten Regelungen werden mit dem vorliegenden Gesetz aufgehoben (vgl. Artikel 2, 3 und 6).

Die Aufzeichnungen nach § 12 Abs. 2 StAbwG sind spätestens ein Jahr nach Ablauf des betreffenden Kalenderjahres oder Wirtschaftsjahres zu erstellen und an die örtlich zuständige Finanzbehörde sowie in den Fällen, in denen die Voraussetzungen des § 138a AO erfüllt sind, dem BZSt, zu übermitteln.

Nach § 12 Abs. 3 StAbwG besteht für die Finanzbehörden - entsprechend der bisherigen Regelung in § 90 Abs. 2 Satz 3 AO - die Möglichkeit, den Steuerpflichtigen aufzufordern, die gemachten Angaben an Eides statt zu versichern und sie zu bevollmächtigen, bestehende Auskunftsansprüche geltend zu machen.

Die praktisch wichtigste Folge einer Verletzung der Aufzeichnungspflichten nach § 12 Abs. 3 StAbwG dürfte sein, dass hierdurch die Schätzungsbefugnis der Finanzverwaltung eröffnet wird. Zu den mit Blick auf die gesteigerten Mitwirkungspflichten erfolgten (Folge-)Änderungen in der AO vgl. die nachfolgenden Ausführungen zu Artikel 4.

§ 13: Anwendungsvorschriften

Nach § 13 Abs. 1 StAbwG sind die Vorschriften des StAbwG grds. ab 1.1.2022 anzuwenden.

Abweichend von diesem Grundsatz wird das StAbwG nach § 13 Abs. 2 StAbwG in Bezug auf Steuerhoheitsgebiete, die am 1.1.2021 noch nicht auf der “schwarzen Liste” der EU genannt waren, ab dem 1.1.2023 Anwendung finden. Damit soll dem Grundsatz des Vertrauensschutzes Rechnung getragen werden.

Im Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung der §§ 7 - 12 StAbwG am 1.1.2022 können – je nach dem Beginn des Wirtschaftsjahrs der Zwischengesellschaft die §§ 7 ff. AStG i.d.F. des ATADUmsG oder aber der Vorgängerfassung zur Anwendung kommen. Für diese Fälle wurde eine Übergangsregelung in Form einer gesonderten Fassung des § 9 StAbwG geregelt, die die bisher geltende Fassung der §§ 7 ff. AStG und auch das Konzept der übertragenden Zurechnung berücksichtigt (siehe zur Begründung BT-Drs. 19/30470, Seite 47).

II. Artikel 4: Änderung der Abgabenordnung

Das Gesetz sieht infolge der Einführung des StAbwG durch Artikel 1 neben einer Reihe von Folgeänderungen (Ergänzung der Liste der steuerlichen Nebenleistungen in § 3 Abs. 4 Nr. 3 AO um Zuschläge nach § 162 Abs. 4a AO, Aufhebung von § 90 Abs. 2 Satz 3 AO, Anpassung der Verweistechnik in § 147a Abs.1 Satz 6 AO, Wortlautanpassungen in § 162 Abs. 2 Satz 3 AO und § 193 Abs. 2 Nr. 3 AO hins. § 12 StAbwG) auch die Einfügung eines neuen § 162 Abs. 4a AO vor, mit dem es der Finanzbehörde ermöglicht wird, auch im Falle der Verletzung der Mitwirkungspflichten nach § 12 StAbwG einen Zuschlag festzusetzen.

Nach § 162 Abs. 4a Satz 1 AO wird diesbezüglich § 162 Abs. 4 AO für entsprechend anwendbar erklärt. Danach wird in Fällen, in denen ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen i.S.d. § 12 StAbwG vorlegt oder die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar sind, ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen sein. Der Zuschlag beträgt mindestens 5% und höchstens 10% des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung aufgrund einer Schätzung nach § 162 Abs. 2 Satz 3 AO ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5.000 EUR ergibt. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1.000.000 EUR, mindestens jedoch 100 EUR für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dessen Zweck, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen i.S.d. § 12 StAbwG anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen.

Von der Festsetzung eines Zuschlags wird abgesehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist, wobei das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen dem Steuerpflichtigen zuzurechnen ist, § 162 Abs. 4a Sätze 3 und 4 AO.

Nach Art. 97 § 22 Abs. 4 EGAO werden § 3 Abs. 4 Nr. 3, § 90 Abs. 2, § 147a Abs. 1 Satz 6, § 162 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 4a sowie § 193 Abs. 2 Nr. 3 AO erstmals auf Besteuerungszeiträume anzuwenden sein, die nach dem 31.12.2021 beginnen.

III. Artikel 2 bis 6: Weitere Änderungen

Neben der in Artikel 1 vorgesehenen Einführung eines neuen “Stammgesetzes” zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb sieht der vorliegende Referentenentwurf auch eine Reihe von Folgeänderungen in anderen Gesetzen vor.

U.a. werden die im Rahmen des “Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetzes” in § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f EStG, § 33 Abs. 1 Nr. 2 KStG und § 90 Abs. 2 Satz 3 AO eingeführten Regelungen sowie die “Steuerhinterziehungsbekämpfungsverordnung” ersatzlos gestrichen bzw. aufgehoben werden (Artikel 2, 3, 4 und 6 des Gesetzes). Die Regelungen wurden in das StAbwG überführt, soweit diese mit den Vorgaben des Rates weiterhin kompatibel sind.

In Artikel 7 des Gesetzes sind darüber hinaus auch diverse Änderungen im FKAustG vorgenommen worden.

IV. Artikel 3 bis 11: Weitere Änderungen

Die neu durch den Finanzausschuss des Bundestages eingeführten Änderungen betreffen Regelungen zu nicht im Inland als Kapitalgesellschaft zivilrechtsfähigen Drittstaats-Kapitalgesellschaften:

§ 8 Abs. 1 Satz 4 KStG

Es wird ein neuer § 8 Abs. 1 Satz 4 KStG eingefügt. Durch die Ergänzung des § 8 Abs. 1 KStG soll klargestellt werden, dass auch Leistungen und Leistungsversprechen zwischen Körperschaften im Sinne des § 1 Absatz 1 KStG mit Sitz im Ausland, deren Ort der Geschäftsleitung im Inland belegen ist und die nach inländischem Gesellschaftsrecht mangels Rechtsfähigkeit nicht als juristische Person zu behandeln sind, und Personen, die aus diesen Körperschaften Einkünfte im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 9 EStG erzielen, für Zwecke der Durchführung der Besteuerung nach dem Körperschaftsteuer-, dem Einkommensteuer-, dem Außensteuergesetz sowie sonstigen ertragsteuerlichen Regelungen (einschließlich des Gewerbesteuergesetzes) zu beurteilen sind.

Klarstellungsbedarf soll sich insbesondere aufgrund des Ausscheidens des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der EU ergeben haben, da nach Ablauf der Übergangsfrist zum 31.12.2020 für eine große Anzahl von nach dem Recht des Vereinigten Königreichs gegründeten „private company limited by shares“, die ihren Ort der Geschäftsleitung im Inland haben und deren inländischen Anteilseignern die Frage relevant ist, wie die Beziehungen zwischen den Gesellschaften und ihren Gesellschaftern zu würdigen sind.

Die Regelung soll gem. der Begründung zu § 34 Abs. 3c KStG klarstellender Natur sein und ist auf alle offenen Fälle, d.h. auch für Veranlagungszeiträume vor 2021, anzuwenden.

§ 12 Abs. 4 KStG

Die bisherige Sonderregelung des § 12 Abs. 4 KStG zur Zurechnung von Wirtschaftsgütern auf eine britische Limited entfällt wegen der Ergänzung des § 8 Abs. 1 Satz 4 KStG. Durch die Ergänzung des § 8 Abs. 1 KStG wird klargestellt, dass die Einstufung der Limited nach britischem Recht als Kapitalgesellschaft auch für Zeiträume nach dem Ausscheiden des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union gilt. § 12 Abs. 4 KStG soll keinen über § 8 Abs. 1 Satz 4 KStG hinausgehenden Regelungsinhalt haben.

Die Regelung wird gem. § 34 Abs. 6d Satz 2 KStG letztmals für Veranlagungszeiträume vor 2021 anzuwenden sein.

Änderungen des Bewertungsgesetzes und des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes

Das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht knüpft an zivilrechtliche Vorgänge an. Werden Einkünfte von Personengesellschaften aus dem Anwendungsbereich des Einkommensteuergesetzes herausgenommen und in Einkünfte nach dem Körperschaftsteuergesetz umqualifiziert, soll dies zu Regelungslücken im Erbschaft- und Schenkungsteuer- sowie Bewertungsrecht führen können.

Durch Änderung des § 95 Abs. 1 Satz 1 und 2 BewG werden insbesondere Ein-Personen-Kapitalgesellschaften mit Sitz im Ausland und Geschäftsleitung im Inland erfasst, die nach deutschem Gesellschaftsrecht wie Einzelunternehmer behandelt werden. Diese Gesellschaften sind als Gewerbebetrieb im Sinne des § 95 Abs. 1 Satz 1 BewG zu behandeln.

Die bisherige Aufzählung des § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 BewG wird um Gesellschaften im Sinne des § 1 Abs. 1 KStG mit Sitz im Ausland, deren Ort der Geschäftsleitung im Inland belegen ist, und die nach inländischem Gesellschaftsrecht als Personengesellschaft zu behandeln sind, erweitert. Zugleich werden Gesellschaften im Sinne des § 15 Abs. 3 EStG, die nach § 1a Abs. 1 KStG optieren, in den Anwendungsbereich des § 97 BewG einbezogen.

Die Verweiskette des § 13b Abs. 4 Nr. 5 Satz 5 ErbStG wird auf Gesellschaften im Sinne des § 1 Abs. 1 KStG mit Sitz im Ausland, deren Ort der Geschäftsleitung im Inland belegen ist, und die nach inländischem Gesellschaftsrecht als Personengesellschaft zu behandeln sind, wenn sie ihrer Tätigkeit nach einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG oder des § 18 Ab. 4 Satz 2 EStG entsprechen, erweitert.

Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes

Mit dem Einfügen des § 5 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Satz 3 GrEStG wird eine Gestaltungsmöglichkeit ausgeschlossen, nach der über eine Drittstaatsgesellschaft mit Ort der Geschäftsleitung im Inland die Steuervergünstigung des § 5 Abs. 1 oder 2 GrEStG gewährt wird und zeitgleich ohne Einhaltung der Frist nach § 5 Abs. 3 GrEStG eine Besteuerung nach dem Körperschaftsteuergesetz erreicht werden kann.

Durch Ergänzung eines § 6 Abs. 3 Satz 4 GrEStG wird ebenfalls eine Gestaltungsmöglichkeit im Fall einer Übertragung von einer Gesamthand auf eine Drittstaatsgesellschaft mit Ort der Geschäftsleitung im Inland ausgeschlossen.

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