Update: Zur Zusammenfassung kommunaler Bäder- und Versorgungsbetriebe im Rahmen der Spartenrechnung

Beruht die Zusammenfassung der Tätigkeit einer kommunalen Bädergesellschaft mit den Tätigkeiten kommunaler Versorgungsbetriebe im Rahmen der Spartenrechnung (§ 8 Abs. 9 KStG) darauf, dass mit einem der Bäder eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung besteht (§ 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG), kann die erforderliche Verflechtung "von einigem Gewicht" auch dadurch entfallen, dass dieses Bad aus Sicht des Bäderbetriebs an Bedeutung verliert, weil es für den Publikumsverkehr geschlossen und nur noch als Reservebad im Stand-by-Betrieb vorgehalten wird.

Maßgebend ist die tatrichterliche Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalls. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten darüber, ob ein steuerlicher Querverbund gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes in der für das Streitjahr (2011) geltenden Fassung (KStG) auch für den Zeitraum vom 23. Juli 2011 bis zum 31. Dezember 2011 anzuerkennen ist.

Die Klägerin ist eine kommunale Eigengesellschaft in der Rechtsform der GmbH. Alleinige Gesellschafterin ist die Stadt X (Stadt). Unternehmensgegenstand ist die Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wasser und Wärme. Hinzu kommt der Betrieb von Häfen, der über zwei rechtlich selbständige Kapitalgesellschaften geführt wird. Außerdem hält die Klägerin 99 % der Anteile der Bädergesellschaft X mbH (X GmbH), die mehrere öffentliche Hallen- und Freibäder betreibt. Die übrigen Anteile der X GmbH hält die Stadt.

Zwischen der Klägerin und der X GmbH bestand seit 1996 ein steuerlicher Querverbund i.S. des Abschn. 5 Abs. 9 und Abs. 11a der Körperschaftsteuer-Richtlinien 1995 (KStR). Zwischen der Klägerin als Organträgerin und der X GmbH als Organgesellschaft besteht seit 1996 eine körperschaft-, gewerbe- und umsatzsteuerrechtliche Organschaft. Am 23. Juli 2011 wurde das Hallenbad Y für den Publikumsverkehr geschlossen. Das Hallenbad Y wurde noch bis zum 17. August 2012 als Reservebad in Betriebsbereitschaft gehalten.

Das Finanzamt erkannte für den Zeitraum vom 23. Juli 2011 bis zum 30. Mai 2012 keinen steuerlichen Querverbund an und wies für das Jahr 2011 anteilige Verluste der X GmbH nicht der Sparte "Energie- und Wasserversorgung", sondern einer gesonderten Sparte zu.

Die Klage vor dem Finanzgericht Münster blieb ohne Erfolg.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat sich der Entscheidung der Vorinstanz im Ergebnis angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Im Streitfall waren die Verluste der X GmbH aus dem Bäderbetrieb bei der Ermittlung des Einkommens der Klägerin (Organträgerin) einer gesonderten Sparte zuzuordnen (§ 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 KStG i.V.m. § 15 Satz 1 Nr. 5 KStG), die nicht mit den Ergebnissen ihrer übrigen Tätigkeiten verrechnet werden konnten. Durch die Anwendung des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG war die Grundvoraussetzung der Spartenrechnung erfüllt. Darüber hinaus hat das Finanzgericht rechtsfehlerfrei entschieden, dass die Tätigkeiten Bäderbetrieb und Versorgungsbetriebe nicht gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG zusammenfassbar waren.

Sofern § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse objektiv eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht verlangt (vgl. BFH, Beschluss vom 16. Januar 1967, GrS 4/66; BFH, Urteil vom 19. Mai 1967, III 50/61; Abschn. 5 Abs. 9 Satz 2 KStR), ist zwar kein notwendiger Funktionszusammenhang in der Weise erforderlich, dass die Betriebe in ihrer Betätigung gegenseitig aufeinander angewiesen sind. Voraussetzung ist aber eine sachliche Beziehung der jeweiligen Betätigungen im Sinne eines inneren wirtschaftlichen Zusammenhangs, der nach den Anschauungen des Verkehrs die Zusammenfassung zu einer wirtschaftlichen Einheit rechtfertigt (BFH, Urteil vom 04. September 2002, I R 42/01).

Es ist nicht zu beanstanden, dass das Finanzgericht die erforderliche technisch-wirtschaftliche Verflechtung "von einigem Gewicht" im Wege einer tatrichterlichen Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalls ab dem Zeitpunkt der Schließung des alten Hallenbads für den Publikumsverkehr und des Übergangs in den Stand-by-Betrieb als Reservebad verneint hat.

Da es sich um eine wechselseitige Verflechtung handeln muss (vgl. auch Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 11. Mai 2016, BStBl I 2016, 479), reicht es aus, dass das Finanzgericht die Verflechtung "von einigem Gewicht" jedenfalls aus Sicht des Bäderbetriebs für den Senat bindend (§ 118 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO)) abgelehnt hat. Insofern hat das Finanzgericht zutreffend berücksichtigt, dass sich die Bedeutung des im Stand-by-Betrieb vorgehaltenen Reservebads im Streitfall auf den Ausnahmefall einer Betriebsstörung beschränkte.

Update (7. Januar 2022)

Das Urteil I R 41/17 wurde im BStBl. veröffentlicht, BStBl. II 2021, Seite 872.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 16. Dezember 2020 (I R 41/17), veröffentlicht am 27. Mai 2021.

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