Update: Ausübung des Wahlrechts nach § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG durch ausländische Personengesellschaft
Die als Mitunternehmerschaft anzusehende ausländische Personengesellschaft wird für Zwecke der Ermittlung der steuerfreien, dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte als "fiktive" Normadressatin des § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG behandelt; ein danach ggf. bestehendes Gewinnermittlungswahlrecht ist von ihr selbst, nicht von ihren inländischen Gesellschaftern auszuüben. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.
Sachverhalt
Streitig ist, ob eine ausländische Buchführungs- und Abschlusspflicht der Personengesellschaft das Gewinnermittlungswahlrecht nach § 4 Abs. 3 EStG (wie von der Finanzverwaltung vertreten) sperrt.
Die Klage vor dem Hessischen Finanzgericht hatte nur in geringem Umfang Erfolg.
Entscheidung des BFH
Der BFH hat der Revision stattgegeben, die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurückverwiesen.
Auch ausländische gesetzliche Vorschriften, die eine Buchführungs- und Abschlusspflicht begründen, können in der im Streitfall vorliegenden Fallkonstellation das (materielle) Gewinnermittlungswahlrecht nach § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG ausschließen.
Das Eingreifen der Sperrwirkung setzt voraus, dass die ausländischen Gesetze sowohl eine Buchführungs- als auch eine Abschluss- und damit Bilanzierungspflicht normieren.
Es ist aber nicht erforderlich, dass die ausländischen gesetzlichen Pflichten mit den deutschen funktions- und informationsgleich sind.
Besteht für die ausländische Personengesellschaft keine Sperrwirkung aufgrund einer gesetzlichen (ausländischen) Buchführungs- und Abschlusspflicht, steht es ihr frei, ihr Wahlrecht entsprechend den inländischen Regeln auszuüben.
Das Finanzgericht wird zu ermitteln haben, ob die Personengesellschaft nach luxemburgischen gesetzlichen Vorschriften verpflichtet war, Bücher zu führen und Abschlüsse zu erstellen.
Bei Bejahung dieser Frage ist die Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung gesperrt. Der Gewinn ist dann durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 EStG nach den innerstaatlichen Vorschriften zu ermitteln.
Sollte die Frage zu verneinen sein, wird das Finanzgericht (nochmals) der Frage nachzugehen haben, ob die Personengesellschaft bereits vor Einreichung der Einnahmen-Überschussrechnung die nach luxemburgischen Vorgaben (dann freiwillig) erstellten Abschlüsse (Bilanzen) fertiggestellt und als endgültig angesehen hat. Ein starkes Beweisanzeichen für die Wahlrechtsausübung ist die Übersendung der Gewinnermittlung an die Steuerbehörden.
Update (26. Januar 2022)
Hinsichtlich des Urteils IV R 3/20 wurde Verfassungsbeschwerde eingelegt. Das Aktenzeichen lautet 2 BvR 1618/21.
Fundstelle
BFH, Urteil vom 20. April 2021 (IV R 3/20), veröffentlicht am 05. August 2021; siehe auch das im Wesentlichen inhaltsgleiche Urteil IV R 20/17 vom selben Tag.