Veräußerung der Beteiligung i.S. des § 17 EStG nach Eintritt in die unbeschränkte Steuerpflicht

Der bis zum Zeitpunkt der Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 EStG entstandene Vermögenszuwachs hat nicht i.S. von § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG aufgrund gesetzlicher Bestimmungen des Wegzugsstaats im Wegzugsstaat einer der Steuer nach § 6 AStG vergleichbaren Steuer unterlegen, wenn dort keine Steuer festgesetzt worden ist. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Anschaffungskosten bei Veräußerung von Anteilen i.S. des § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) nach Zuzug aus den Niederlanden.

Der Kläger ist niederländischer Staatsbürger und gründete im Jahr 1998 eine Kapitalgesellschaft mit Sitz in den Niederlanden („B.V.“), deren Alleingesellschafter er war. Zu diesem Zeitpunkt lebte der Kläger in den Niederlanden. Im Jahr 2006 verzog der Kläger nach Deutschland und lebt seitdem dort. Mit Vertrag vom 4. Mai 2016 veräußerte der Kläger seine Beteiligung an der Kapitalgesellschaft.

Der Gewinn aus der Beteiligungsveräußerung wurde In der Einkommensteuererklärung 2016 nach § 17 EStG unter Berücksichtigung des Teileinkünfteverfahrens ermittelt. Im Rahmen der Ermittlung berücksichtigte der Kläger zusätzliche Anschaffungskosten nach § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG. Dazu erklärte der Kläger, bei den zusätzlichen Anschaffungskosten handele es sich um den von den niederländischen Steuerbehörden (Belastingdienst) festgestellten Wert der Beteiligung für Besteuerungszwecke in den Niederlanden.

Das Finanzamt setzte im Einkommensteuerbescheid 2016 vom 2. August 2019 als Anschaffungskosten jedoch lediglich das Stammkapital und nicht den beantragten Wert an. Zur Begründung führte das Finanzamt an, dass Voraussetzung für die Anwendung des § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG die tatsächliche Steuerzahlung sei. Zwar sei der Wert durch die niederländische Steuerbehörde festgestellt worden, diese habe aber darauf weder Steuern festgesetzt noch erhoben.

Der Kläger sah dies als nicht gerechtfertigt an. Auf die Höhe der im Ausland zu zahlenden Steuer komme es nicht an. Eine letztlich aus Gründen des niederländischen Steuerrechts nicht erhobene (im Unterschied zu einer nicht festgesetzten) Steuer könne für den deutschen Fiskus keine Begründung zur Nachholung einer vermeintlich unterbliebenen Besteuerung darstellen.

Das Finanzgericht Düsseldorf bestätigte das Finanzamt und wies die Klage ab (vgl. unseren Blogbeitrag).

Entscheidung des BFH

Der BFH hat sich der Entscheidung der Vorinstanz angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Zwar hat das Finanzgericht festgestellt, dass die niederländische Regelung zur Wegzugsbesteuerung der deutschen Regelung des § 6 Außensteuergesetz (AStG) vergleichbar ist.

Der bis zum Zeitpunkt der Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht entstandene Wertzuwachs der Beteiligung hat in den Niederlanden aber nicht einer der Steuer nach § 6 AStG vergleichbaren Steuer unterlegen. Anders als das Finanzgericht und das Finanzamt meinen, spricht der Wortlaut "unterlegen" im Ausgangspunkt gegen die Auslegung, dass die Steuer festgesetzt und tatsächlich bezahlt worden sein muss. Dieser Begriff ist nicht in dem Sinne eindeutig, dass der Gesetzestext es von vornherein ermöglicht, auf die dem Kläger gegenüber festgesetzte und von ihm entrichtete Steuer abzustellen.

Denn der Gesetzgeber verwendet ihn z.B. in § 1 Abs. 3 Satz 2 EStG, in § 1 Abs. 1 des Erbschaftsteuergesetzes und in § 1 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes zweifelsfrei in dem Sinne, dass hiermit die nach dem Gesetz zu besteuernden ("steuerbaren") und nicht (nur) die tatsächlich besteuerten Vorgänge bezeichnet werden.

Angesichts dessen schließt der Wortlaut "unterlegen" nicht aus, dass es hier nicht auf die konkret festgesetzte und bezahlte, sondern auf die rechtlich vorgesehene ausländische Steuer ankommen soll (so BFH, Urteil vom 09. Juli 2003, I R 82/01).

Da im Rahmen der Rechtsfolge des § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG (Anknüpfung an den "Entstrickungswert") jedoch maßgebend eine "Berechnung" der der Steuer nach § 6 AStG vergleichbaren Steuer vorausgesetzt wird, tritt insoweit eine Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals "einer [...] Steuer unterlegen hat" in dem Sinne ein, dass zumindest ein Steuerbescheid des Wegzugsstaats mit Berechnung und Festsetzung der Steuer ergangen sein muss. Dafür spricht auch, dass der Veräußerer nachweisen muss, dass der bis zum Zeitpunkt der Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht entstandene Wertzuwachs einer entsprechenden Steuer unterlegen hat.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 26. Oktober 2021 (IX R 13/20), veröffentlicht am 20. Januar 2022.

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