Update: Verdeckte Gewinnausschüttung - Gemeinnützige Stiftung als nahestehende Person
Eine gemeinnützige Stiftung kann im Verhältnis zu einem Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft eine nahestehende Person sein; Zuwendungen der Kapitalgesellschaft an die Stiftung können eine vGA i.S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG sein. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.
Sachverhalt
Das Begehren der Klägerin, einer GmbH, geht dahin, eine Sachspende an die A-Stiftung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes in der für das Jahr 2012 (Streitjahr) geltenden Fassung (KStG) einkommensmindernd zu berücksichtigen. Das Finanzamt hat insoweit eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) angesetzt.
Am Stammkapital der Klägerin waren beteiligt die Eheleute B und C. Außerdem hielt B als Treuhänder einen weiteren Geschäftsanteil für einen Dritten als Treugeber.
B und C gründeten im Jahr 2009 als einzige Stifter die gemeinnützige A-Stiftung. Deren Zweck ist nach § 2 Abs. 1 ihrer Satzung die Förderung von Kunst und Kultur. Nach § 2 Abs. 2 der Satzung sollte dieser Zweck u.a. dadurch verwirklicht werden, dass die von den Eheleuten in die Stiftung eingebrachte Sammlung von Kunstwerken gepflegt und als Dauerleihgabe der Galerie in X oder dem Kunstmuseum in Z zur Verfügung gestellt wird.
Gemäß § 2 Abs. 3 der Satzung verfolgt die Stiftung mit diesen Kunstwerken ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts "steuerbegünstigte Zwecke" der Abgabenordnung (AO).
Seit 2009 spendeten die Eheleute B und C wertvolle Kunstwerke an die A-Stiftung und machten diese Spenden im Rahmen ihrer persönlichen Einkommensteuererklärung nach § 10b des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Sonderausgaben geltend. Durch diese Sachspenden wurden die Höchstbeträge nach § 10b Abs. 1 und 1a EStG im Laufe der Zeit ausgeschöpft. Im Jahr 2013 wurde ein entsprechender Spendenvortrag gesondert festgestellt, so dass die insoweit nicht abziehbaren Zuwendungen in den nachfolgenden Veranlagungszeiträumen als Sonderausgaben abziehbar sind.
Ende 2015 fand bei der Klägerin für die Veranlagungszeiträume 2011 bis 2013 eine Außenprüfung statt. Hierbei wurde festgestellt, dass die Klägerin seit 2009 von ihr erworbene Kunstwerke ebenfalls an die A-Stiftung gespendet und diese Sachspenden im Rahmen ihrer Körperschaftsteuererklärung als abziehbare Aufwendungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG geltend gemacht hatte.
Das Finanzamt qualifizierte die im Prüfungszeitraum festgestellten Sachspenden als vGA an die Eheleute B und C.
Die Klage vor dem Finanzgericht Köln hatte keinen Erfolg.
Entscheidung des BFH
Der BFH hat sich der Entscheidung der Vorinstanz angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG sind in den dort bestimmten Grenzen Aufwendungen einer Kapitalgesellschaft zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke i. S. der §§ 52 bis 54 AO einkommensmindernd abziehbar. Diese Regelung gilt jedoch nur "vorbehaltlich des § 8 Abs. 3" KStG, woraus folgt, dass von § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG erfasste Aufwendungen zugleich vGA i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG sein können und in diesem Fall das Einkommen der Kapitalgesellschaft nicht mindern dürfen (BFH, Beschluss vom 19. Dezember 2007, I R 83/06).
Eine vGA kann auch dann in Betracht kommen, wenn die Zuwendung nicht unmittelbar an den Gesellschafter, sondern an eine ihm nahestehende Person bewirkt wird.
Im Streitfall ist die Schlussfolgerung des Finanzgerichts, dass die Klägerin die in Rede stehende Spende aus im Gesellschaftsverhältnis liegenden Gründen geleistet hat, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Ausgehend von den zuvor dargestellten Maßstäben hat das Finanzgericht Anhaltspunkte für ein Näheverhältnis der Eheleute B und C zur A-Stiftung darin gesehen, dass diese die A-Stiftung im Jahr 2009 als einzige Stifter gegründet haben.
Ein weiteres Indiz für das besondere Näheverhältnis der Eheleute B und C zu der von ihnen gegründeten A-Stiftung hat das Finanzgericht in den Spendenaktivitäten der Eheleute B und C zu Gunsten der Stiftung gesehen, deren Volumen die für sie geltenden Höchstbeträge gemäß § 10b Abs. 1 und 1a EStG schließlich 2013 überschritt. Das Finanzgericht hat somit für die Begründung eines Näheverhältnisses zwischen den Eheleuten B und C und der A-Stiftung maßgeblich auf Umstände abgestellt, die ausschließlich in deren Person begründet sind. Ein solches Vorgehen verstößt weder gegen Denkgesetze noch gegen einen allgemeinen Erfahrungssatz.
Darüber hinaus hat das Finanzgericht den Umfang der Spendentätigkeit der Klägerin als weiteres Indiz gewertet. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts hat die Klägerin seit 2009 von ihr erworbene Kunstwerke an die A-Stiftung gespendet, während Spenden an andere gemeinnützige Organisationen nur in geringem Umfang angefallen sind.
Das Finanzgericht hat somit den der Senatsrechtsprechung zu Grunde liegenden Gedanken, dass eine einseitige Ausrichtung des Spendenverhaltens auf dessen Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis hinweisen kann, ebenfalls aufgegriffen und als eine von mehreren Erwägungen herangezogen.
Rechtsfehlerfrei sind auch die Erwägungen des Finanzgerichts zur sog. Vorteilseignung (Bezug i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG).
Ein Vorgang ist bereits dann geeignet, einen sonstigen Bezug bei einem Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen, wenn eine dem Anteilseigner nahestehende Person aus einer Vermögensverlagerung einen Nutzen zieht. Bei einer gemeinnützigen Stiftung liegt ein solcher Nutzen u.a. vor, wenn sie durch eine zuvor erfolgte Vermögensverlagerung in die Lage versetzt wird, ihrem Satzungszweck nachzugehen.
Update (14. März 2022)
Das Urteil I R 16/18 wurde im BStBl. veröffentlicht, BStBl. II 2022, Seite 119.
Fundstelle
BFH, Urteil vom 13. Juli 2021 (I R 16/18), veröffentlicht am 02. Dezember 2021.