Update: Unionsrechtskonformität des § 20 Abs. 2 AStG

Das Finanzgericht München hat entschieden, dass § 20 Abs. 2 AStG in den Streitjahren 2007 und 2008 nicht aus unionsrechtlichen Gründen um einen Gegenbeweis zu erweitern ist und richtet sich zumindest betreffend das Streitjahr 2007 gegen die Schlussentscheidung des BFH in der Rs. Columbus Container Services vom 21.10.2009, I R 114/08.

Sachverhalt

Klägerin war eine Holdinggesellschaft, die als Organträgerin an der im Inland ansässigen A-GmbH beteiligt war. Im Mai 2007 schlossen die A-GmbH als stiller Gesellschafter und die B-S.à.r.L., an der die A-GmbH zu 100% beteiligt war, einen Vertrag über die Errichtung einer atypisch stillen Gesellschaft (société de participation). Die B-S.à.r.L. erzielte in den Streitjahren 2007 und 2008 im Wesentlichen Zinserträge.

Die Klägerin beantragte die Einkünfte aus der atypisch stillen Beteiligung nach der Freistellungsmethode als steuerfrei zu behandeln (Art. 5 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 DBA Luxemburg 1958). Die Rechtsansicht der Verwaltung, dass § 20 Abs. 2 Außensteuergesetz (AStG) vorrangig vor dem DBA Luxemburg anzuwenden sei, sei unzutreffend. § 20 Abs. 2 AStG verstoße sowohl in der im Jahr 2007 als auch in der im Jahr 2008 geltenden Gesetzesfassung gegen Unionsrecht (Rz. 21).

Richterliche Entscheidung

Das Finanzgericht München wies die Klage als unbegründet ab.

Nach Auffassung des Finanzgerichts hatte Luxemburg als Betriebsstättenstaat das alleinige Besteuerungsrecht für die Einkünfte aus der atypisch stillen Beteiligung (Art. 5 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 DBA Luxemburg 1958). Demnach war die Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 20 Abs. 2 DBA Luxemburg 1958 verpflichtet, die streitigen Einkünfte durch Anwendung der Freistellungsmethode nicht zu besteuern (Rn. 41).

Allerdings schließt - so das Finanzgericht - § 20 Abs. 2 AStG als Treaty Override in den Streitjahren 2007 und 2008 die Anwendung der nach dem DBA Luxemburg gebotenen Freistellungsmethode aus (Rn. 50). Die Voraussetzungen von § 20 Abs. 2 AStG lagen sowohl in der Fassung 2007 als auch in der Fassung 2008 vor. Die atypisch stille Gesellschaft war Zwischengesellschaft im Sinne des § 7 Abs. 1 AStG, da die A-GmbH nach dem Gesellschaftsvertrag mit 60 % am Vermögen (§ 7 Abs. 2 Satz 1 AStG) und mit 75 % am Gewinn beteiligt war (§ 7 Abs. 5 AStG) (Rn. 52). Bei den streitigen Einkünften handelte es sich um Zinseinkünfte aus der Vergabe von Darlehen an Tochtergesellschaften, § 8 Abs. 1 Nr. 7 AStG (Rn. 53). Zudem war eine Niedrigbesteuerung i.S.d. § 8 Abs. 3 AStG gegeben.

Ein Verstoß gegen die unionsrechtlichen Vorschriften lag nach Auffassung des Finanzgerichts nicht vor, da die europarechtlichen Rechtsfragen durch die Entscheidung Columbus Container Services, C-298/05 geklärt seien (Rn. 63). Im vorliegenden Fall lag nach Auffassung des Gerichts schon keine Ungleichbehandlung vor. Denn die Klägerin wird im Vergleich einer ausländischen Betriebsstätte mit einer inländischen Betriebsstätte nicht benachteiligt (Rn. 64 ff.).

Auch die Schlussentscheidung des BFH in der Rs. Columbus Container Services vom 21.10.2009, I R 114/08 ändere weder für das Streitjahr 2007 noch für das Streitjahr 2008 daran etwas, da der BFH in Rn. 30 seiner Entscheidung ungerechtfertigte Kritik am EuGH geäußert hatte, sowie auf Basis unzutreffender Vergleichsgruppen die Entscheidung getroffen hatte, die europarechtlichen Voraussetzungen für Steuerpflichtige mit Tochterfirmen im Ausland in den Tatbestand des § 20 Abs. 2 AStG hineinzulesen, der Steuerpflichtige mit Betriebsstätten betrifft (Rn. 69, 70, 71). An der EuGH-Entscheidung vom 6.12.2007, C-298/05, war daher für die Streitjahre 2007 und 2008 festzuhalten (Rn. 72).

Update (31. Januar 2024)

Der I. Senat hat das Verfahren abgegeben; es ist nun beim IX. Senat unter dem Az. IX R 39/21 anhängig.

Fundstelle

Finanzgericht München, Urteil vom 13. Juli 2021 (6 K 215/19); die Revision ist beim BFH unter dem Az. I R 34/21 anhängig.

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