Unionsrechtmäßigkeit der Hinzurechnungsbesteuerung im Drittstaatenfall

Das Finanzgericht Münster hat in einem aktuellen Beschluss entschieden, dass die Durchführung der Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG für Einkünfte einer in Hongkong ansässigen Kapitalgesellschaft im Hinblick auf die Kapitalverkehrsfreiheit nicht ernstlich zweifelhaft ist.

Sachverhalt

An einer in Hongkong ansässigen Ltd. waren in Deutschland ansässige Personen zu je 1/3 beteiligt. Die Ltd. erzielte Einkünfte aus der Erbringung von Dienstleistungen, die in Hongkong nicht besteuert wurden. Eine Feststellungserklärung nach § 18 Außensteuergesetz (AStG) wurde nicht abgegeben. Die Antragsgegnerin, die nicht mit den Wohnsitz-Finanzämtern identisch war, erließ einen Feststellungsbescheid für 2016 und schätzte den Hinzurechnungsbetrag i.S.d. § 10 Abs. 1 AStG. Hiergegen wurde Einspruch eingelegt und Aussetzung der Vollziehung (AdV) beantragt, die seitens der Antragsgegnerin abgelehnt wurde.

Streitig war zum einen die Zuständigkeit für den Erlass des Bescheides über die gesonderte und einheitliche Feststellung gem. § 18 AStG sowie die Europarechtskonformität der Hinzurechnungsbesteuerung gem. §§ 7 ff. AStG.

Richterliche Entscheidung

Das Finanzgericht Münster hat den AdV-Antrag abgelehnt.

Zur ersten Rechtsfrage bestehen nach Auffassung des Finanzgerichts keine ernstlichen Zweifel an einer sog. Zuständigkeitskonzentration der Finanzverwaltung für Zwecke des § 18 AStG (Rz. 25 ff.). Hintergrund ist, dass die Landesregierung Nordrhein-Westfalen für Fragen der Hinzurechnungsbesteuerung eine zentrale Zuständigkeit nach § 17 Abs. 2 Satz 3 FVG vorgenommen und in der Finanzamtszuständigkeitsverordnung (FA-ZVO) geregelt hat. Danach sei für die Durchführung der §§ 2, 4, 7 bis 14 und § 18 AStG die Zuständigkeit des nach § 18 Abs. 2 AStG an sich zuständigen Finanzamts auf das jeweils zentral zuständige Finanzamt und damit auf die Antragsgegnerin übertragen worden (§ 12 Nr. 3 FA-ZVO i.V.m. § 17 Abs. 2 Satz 3 FVG i.V.m. § 16 AO). § 12 Nr. 3 FA-ZVO verstoße zudem nicht gegen Art. 31 GG.

Auch hinsichtlich der zweiten Rechtsfrage ist das Finanzgericht der Auffassung, dass die Durchführung der Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG nicht ernstlich zweifelhaft ist.

Die einfach-rechtlichen Voraussetzungen für die Hinzurechnungsbesteuerung lägen vor. Die Ltd. wurde von Inländern beherrscht und erzielte passive und niedrigbesteuerte Einkünfte (im Streitfall lagen die Ausschlussvoraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a) AStG vor, da sich die Ltd. für ihre Dienstleistung ihrer unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschafter bediente). Nach Auffassung des FG Münster bestünden in unionsrechtlicher Hinsicht keine ernstlichen Zweifel an der Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerung. Insoweit wurde auf die "zutreffenden Ausführungen" des BFH, I R 12/19 (siehe unseren Blogbeitrag), verwiesen. Im BFH-Beschluss vom 30. September 2020 wurde die Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit als gerechtfertigt angesehen, da es in den Streitjahren keinen rechtlichen Rahmen für einen hinreichenden Informationsaustausch für Zwecke der Hinzurechnungsbesteuerung mit der Schweiz gab. Das Finanzgericht nahm im Verhältnis zu Hongkong für das Feststellungsjahr 2016 ein "mindestens vergleichbares" Regelungsregime an (Rz. 40).

Fundstelle

Finanzgericht Münster, Beschluss vom 11. Februar 2022 (2 V 1478/21 F); die Beschwerde ist beim BFH unter dem Az. I B 11/22 anhängig.

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