Steuerfreiheit nach DBA - Geltendmachung nach Bestandskraft bei Vorlage eines Nachweises gemäß § 50d Abs. 8 Satz 2 EStG

Das Finanzgericht Münster hatte in einem aktuellen Urteil über die einkommensteuerrechtliche und abkommensrechtliche Behandlung einer Abfindung, die der Kläger als Soldat der britischen Streitkräfte erhalten hat, zu entscheiden.

Sachverhalt

Im Streitfall (Streitjahr 2014) hatte der in Deutschland ansässige Kläger, der die britische Staatsangehörigkeit besitzt und als Soldat für die britischen Streitkräfte arbeitete, neben laufendem Arbeitslohn und Pensionszahlungen, die in dem Vereinigten Königreich besteuert wurden, auch eine Abfindung erhalten, die im Vereinigten Königreich nicht der Besteuerung unterlag und deren Besteuerung in Deutschland streitig ist.

Richterliche Entscheidung

Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass die Abfindungszahlung nach Art. 18 DBA-UK nur in dem Vereinigten Königreich zu besteuern ist.

Art. 18 DBA-UK ist eine Verteilungsnorm mit abschließender Rechtsfolge, sodass der Methodenartikel (Art. 23 DBA-UK) nach Auffassung des Finanzgerichts nicht zur Anwendung kommt. Aufgrund der Nichtanwendung des Methodenartikels kommt auch die Rückfallklausel des Art. 23 Abs. 1 Buchst. a UAbs. 1 Halbs. 2 DBA-UK (subject-to-tax-Klausel) nicht zur Anwendung, selbst wenn die Abfindungszahlung im Vereinigten Königreich tatsächlich nicht besteuert wird.

Bei unterstellter Anwendung der subject-to-tax-Klausel lägen deren Voraussetzungen nicht vor, da der Begriff der Einkünfte i.S.d. Klausel die Einkünfte i.S.d. einzelnen abkommensrechtlichen Einkunftsart (hier Art. 18 DBA-UK) bezeichnet. Da der Arbeitslohn und die Pensionszahlungen im Vereinigten Königreich besteuert wurden, seien die Einkünfte im Vereinigten Königreich besteuert, auch wenn der Einkunftsteil der Abfindung nicht der Besteuerung im Ausland unterlag. Die Formulierung der Rückfallklausel im DBA-UK bietet keine Anhaltspunkte dafür, dass die Rückfallklausel auf tatsächlich nicht besteuerte Einkunftsteile anwendbar ist.

Bei § 50d Abs. 8 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) handelt es sich um eine eigenständige Korrekturnorm, die ein rückwirkendes Ereignis fingiert. Da der Steuerpflichtige im Streitfall den Nachweis erbracht hat, dass das Vereinigte Königreich auf sein Besteuerungsrecht verzichtet hat, war der Steuerbescheid zu ändern und die Abfindung in Deutschland steuerfrei zu stellen. Der Änderungsanspruch der Kläger wird allerdings durch die Regelung des § 177 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) begrenzt. Im Streitfall ist die steuerfreie Abfindungszahlung bei der Berechnung des Steuertarifs zu berücksichtigen (Progressionsvorbehalt). Für die Anwendung des Progressionsvorbehalts gem. § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG ist es unerheblich, ob sich die Steuerfreiheit von Einnahmen aus einer Verteilungsnorm oder aus dem Methodenartikel des DBA-UK ergibt.

Fundstelle

Finanzgericht Münster, Urteil vom 28. Oktober 2021 (8 K 939/19 E); die Revision ist beim BFH unter dem Az. I R 48/21 anhängig.

Eine englische Zusammenfassung des Urteils finden Sie hier.

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